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Die Grundlage für den untersuchten Zeitraum von 1910 bis 1925 bilden die im Jahre 1910 veröffentlichten Bestimmungen. Wegen der Bedeutung dieser Bestimmungen für die Mittelschule als Schulform wird daher eine Zäsur in der Darstellung der Entwicklung nicht primär an anderen politischen Ereignissen – wie z.B. dem Ersten Weltkrieg – festgemacht. Andererseits sind es aber gerade die politischen Ereignisse, die grundlegende Auswirkungen auf die Entwicklung des Schulwesens, nicht zuletzt auch auf die Mittelschule, gehabt haben.
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Der 1872 veröffentlichte Erlass mit den „Allgemeinen Bestimmungen“ hatte zwei entscheidende Nachteile: Zum einen die nicht durchgeführte Vereinheitlichung des gesamten mittleren Schulwesens und zum anderen die fehlende Abgrenzung der Mittelschule von der Volksschule. Diese bereits oben angesprochenen nicht gelösten Fragen aus den „Bestimmungen von 1872“ und auch die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Preußen mit den gestiegenen Anforderungen an das Leistungsniveau der Schulen erforderten eine Überarbeitung dieser Bestimmungen. Als Folge dieser Forderungen wurden am 3. Februar1910 die „Bestimmungen über die Neuordnung des Mittelschulwesens in Preußen“280vorgelegt.281 Verantwortlich für diese Bestimmungen war der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, von Trott zu Solz282 (1855-1917).
In den Vorbemerkungen zur Begründung der Mittelschule hieß es in den „Bestimmungen von 1910“ „Die Entwicklung auf den Gebieten des Handwerks, des Kunstgewerbes, des Handels und der Industrie erfordert eine gesteigerte Ausbildung der Knaben und der Mädchen für diese Erwerbszweige. Im Zusammenhang damit macht sich das Bedürfnis nach einer geeigneten Vorbereitung auf mancherlei mittlere Stellungen im Verwaltungsdienst des Staates und der Gemeinden wie größerer Industrie- und Handelsgeschäfte geltend.“283 Damit hatte die Mittelschule etwas von ihrem Status als Standesschule verloren und wurde mehr zu einer Schule für die Vorbereitung auf die entsprechenden mittleren Stellungen. Dies sollte sich für die Mittelschule positiv auswirken, denn sie musste nun verstärkt als eine Schule der Berufsvorbereitung gesehen werden. Damit konnte sie zwar den Kreis ihrer Klientel erheblich erweitern, aber wegen der fehlenden Berechtigungen wurde den Mittelschülern der Zugang zu den o.g. Berufen für eine lange Zeit verwehrt. Insofern müssen die Aussagen in den Bestimmungen lediglich als eine Absichtserklärung verstanden werden.
Bezüglich der Einordnung in das preußische Schulsystem behielt die Mittelschule eindeutig ihre Stellung zwischen Volksschule und höheren Schulen. Das wurde auch durch die weiteren Ausführungen in den Bestimmungen über die gesteigerten Anforderungen für die oben angesprochenen Erwerbszweige deutlich: „Diesen Forderungen vermag die Volksschule auch in ihren entwickeltsten Gestaltungen wegen der mannigfachen Schwierigkeiten, unter denen sie als allgemeine Pflichtschule arbeitet, nur in geringem Maße zu dienen. Bei der höheren Schule wieder liegen die Ziele nach der wissenschaftlichen Seite, so dass auch sie in ausreichender Weise dazu nicht imstande ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer zwischen der eigentlichen Volksschule und der höheren Schule stehenden Einrichtung.“284 Hierdurch definierte sich die Stellung der Mittelschule zwischen Volksschule und Gymnasium aus dem Anspruchsniveau der drei Schulformen, wobei die bei der Volksschule beobachteten „mannigfaltigen Schwierigkeiten“ im vorgelegten Erlass zwar nicht näher erläutert wurden, mit Sicherheit aber einmal im Schülerverhalten, in der Leistungsbereitschaft eines Teils der Schülerschaft, aber auch im Leistungsvermögen gesucht werden mussten. Auf der anderen Seite lagen bei der höheren Schule die Ziele „nach der wissenschaftlichen Seite“, wobei wohl unterstellt wurde, dass diese über das Leistungsvermögen der Mittelschüler hinausgingen. Da aber etwa 90% aller Schüler in Preußen die Volksschule besuchten, konnten sich die negativen Zuordnungen nur auf einen kleineren Teil der Schülerschaft beziehen. Nicht gemessen werden kann der Anteil der Schüler, der aufgrund der sozialen Einbindung von weiterführender Bildung, selbst vom Besuch der Mittelschule, ausgeschlossen war. Als Aufwertung der Mittelschule konnte gesehen werden, dass die „Bestimmungen von 1910“ ausschließlich für die Mittelschule vorgelegt wurden, während die „Bestimmungen von 1872“ noch das Volks- und Mittelschulwesen gemeinsam umfassten. „Damit ist schon rein äußerlich angedeutet, dass sich die Mittelschulen fortan selbständig entwickeln sollten.“285 Bestätigt wurde dabei die schon früher manifestierte Dreigliedrigkeit des preußischen Schulsystems.
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In den „Bestimmungen von 1910“ hieß es auch, dass die zwischen Volksschule und der höheren Schule stehende „Schuleinrichtung [...] unter Vermeidung auch des Scheines wissenschaftlichen Betriebes die Kinder in ihrem Lebenskreise heimisch macht.“286 Gerade dieser erzwungene Verzicht auf den „Schein wissenschaftlichen Betriebes“ war aus Sicht der Mittelschule lange Zeit als diskriminierend empfunden worden und hat dieser Schulform in ihrer Anerkennung in der Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt wohl auch geschadet. Grundsätzlich war diese Einschätzung der Mittelschule aber aus den vorangegangenen Definitionen nur konsequent, wenn den Mittelschülern den Schülern der höheren Schule gegenüber Defizite in der Fähigkeit zu einer verstärkt wissenschaftlichen Arbeit unterstellt wurden. Andererseits war die Vorschrift, den „Schein wissenschaftlichen Betriebes“ zu vermeiden, sicherlich ein geeignetes Mittel, die „Bildungsschranke“ zwischen Mittelschule und höherer Schule aufrecht zu erhalten. Damit bestätigte sich auch die Auffassung, dass mit der Einrichtung der Mittelschule zwar Bildungschancen für eine bereits früher definierte Klientel eröffnet werden sollten, dass eine zu starke Annäherung der Mittelschule an die höhere Schule aber vermieden werden sollte. Auch die Tatsache, dass die Mittelschule weiterhin dem „niederen Schulwesen“ zugeordnet wurde, fand seine Begründung in dieser Forderung. Da aber die Verbindungen der Mittelschule zur Volksschule durch die „Bestimmungen von 1910“ weiter gelockert wurden, kann dies auch als die Bestätigung für eine verstärkte Festschreibung des bereits bestehenden dreigliedrigen Schulsystems gesehen werden.
Auch bezüglich der Schuldauer erhielt die Mittelschule ihren Standort zwischen Volksschule und Gymnasium: Eine vollausgebaute Mittelschule sollte nun neun Jahrgangsklassen umfassen, wobei jeweils drei Klassen die Unter-, Mittel- und die Oberstufe bildeten. Diese über die Schuldauer der Volksschule hinausgehende Schulzeit bot Anlass, die vorgegebene Funktion der Mittelschule als Standesschule herauszustellen. So hieß es in einem Beitrag von Wilke aus dem Jahre 1911: „Dann erscheint die Forderung, daß die Mittelschulen neunstufig werden, durchaus natürlich und berechtigt. Brauchen die höheren Stände für ihre Söhne zwölf, für ihre Töchter zehn Jahre, braucht jedes Arbeiterkind für seine Schulbildung acht Jahre, so sind neun Jahre für das Bürgerkind nicht zuviel.“287
Trotz der zunehmenden Eigenständigkeit der Mittelschule blieben nach wie vor enge Verbindungen vor allem zur Volksschule bestehen. Dies wurde z.B. deutlich in den Aussagen über die Unterstufe der Mittelschule, also die ersten drei Schuljahre. So hieß es in den Vorschriften über die „Einrichtung der Mittelschule“ in den Bestimmungen: „Die Mittelschule darf sich auf die Volksschule in der Weise aufbauen, daß sie die Unterstufe mit ihr gemeinsam hat.“288 Damit sollten insgesamt zwar „neun gesonderte“ Klassen gebildet werden, für die Mittelschulklassen gab es aber die Möglichkeit, jeweils zwei Jahrgänge zu einer Klasse zusammen zu fassen. Hierbei durfte die Höchstzahl von 40 Schülern in einer Klasse nicht überschritten werden. Damit war die Möglichkeit gegeben, auch in kleineren Städten oder bei einem nur geringen Bedarf Mittelschulen einzurichten. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass „befähigte Kinder“ nach Absolvierung der Unterstufe der Volksschule ohne Prüfung in die Mittelstufe der Mittelschule übertreten konnten. Die Entscheidung über diese Befähigung trafen die Lehrer der Volksschule, wobei der Übergang zunächst probeweise erfolgen sollte.
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Diese „Durchlässigkeit“ zwischen Mittelschule und Volksschule im Bereich der Unterstufe wurde auch bei den Forderungen zum Lehrereinsatz deutlich: Für den Unterricht in der Mittel- und Oberstufe der Mittelschule durften grundsätzlich nur Lehrer eingesetzt werden, die das „Zeugnis der Befähigung zum Unterricht an Mittelschulen“ hatten. Es war aber gestattet, in den Klassen der Unterstufe Volksschullehrer und -lehrerinnen einzusetzen. Diese Organisationsform des Unterrichts in der Unterstufe findet sich später in der allen Schulformen des dreigliedrigen Schulsystems gemeinsamen „Grundschule“ wieder.
Eine stärkere Abkoppelung der Mittelschule von der Volksschule wurde dadurch deutlich, dass auch dann, wenn eine Volksschule nach dem Lehrplan einer Mittelschule unterrichtet, ihr Abschluss nicht mehr dem der Mittelschule gleich gesetzt wurde.289 Dies war nach den „Bestimmungen von 1872“ noch möglich, erklärte sich aber neben den erhöhten inhaltlichen Anforderungen, die in der Mittelschule an die Schüler gestellt wurden, aus der inzwischen unterschiedlichen Schuldauer. Diese betrug für die Volksschule acht Jahre, für die vollausgebaute Mittelschule aber neun Jahre. Bei der Entscheidung für einen reduzierten Einsatz der Volksschullehrer an Mittelschulen dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass inzwischen ausreichend geprüfte Mittelschullehrer zur Verfügung standen. Dies konnte 1872 wegen der gerade erfolgten Institutionalisierung noch nicht der Fall sein.
In den „Bestimmungen von 1910“ fand sich eine interessante neue Begründung für die Mittelschule: „Durch geringe Abweichungen des Lehrplans und durch Einrichtung von Abteilungsunterricht in einzelnen Fächern der höheren Schule (namentlich in fremden Sprachen) würde die Mittelschule imstande sein, auch auf höhere Schulen vorzubereiten.“290 Durch diese Formulierung erhielt eine Mittelschule in dieser Form aber im Grunde auf qualitativ neue Weise den Status der früheren Bürgerschule mit der „Zubringerfunktion“ für die höhere Schule. Durch die vorgenommene Differenzierung versuchte die Mittelschule eine Verbindung zur höheren Schule herzustellen, sicher auch mit dem Ziel einer eigenen Statusaufwertung.
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Für diese Mittelschulen mit Zubringerfunktion war in den „Bestimmungen von 1910“ eine gesonderte Stundentafel vorgesehen, die im sogenannten „Plan V“291 festgelegt war. Dazu wurde aber einschränkend festgestellt: „Die Mittelschule kann auch auf das Gymnasium des allgemeinen Lehrplans vorbereiten. Wegen der hierbei sich ergebenden organisatorischen Schwierigkeiten und wegen der größeren Ansprüche des fremdsprachlichen Unterrichts, namentlich des lateinischen und griechischen, kann sie aber nicht das Ziel der Untersekunda, sondern nur das der Obertertia erreichen.“292 Es ist denkbar, dass hier bereits eine Grenze gezogen werden sollte zwischen der am Gymnasium vermittelten Obersekundareife und dem Mittelschulabschluss. Diese Differenzierung sollte bei der Erteilung der „Berechtigung“ noch eine entscheidende Rolle spielen. Mit der so gefassten Definition der Abschlüsse wurde die Begründung gerechtfertigt, dass der Mittelschulabschluss trotz der gleichen Schulverweildauer nicht dem entsprechenden Zwischenabschluss der höheren Schule entsprach. Mit dieser so vorgegebenen Formulierung gelang es, die Mittelschulabsolventen von der Berechtigung auszuschließen.
Neben diesem „Plan V“ konnte nach den Bestimmungen in vier weiteren Plänen unterrichtet werden: Plan I war als Grundplan gedacht für solche Mittelschulen, an die keine besonderen Anforderungen, z.B. bezüglich ihres wirtschaftlichen oder kulturellen Umfeldes, aber auch der Ansprüche ihrer Schüler gestellt wurden; Plan II bot einmal die Möglichkeit eines Unterrichtsangebotes mit einer besonderen Berücksichtigung auf die Hinführung zu einem Beruf im Bereich „Handel und Verkehr“, zum anderen im Bereich „Gewerbe“; Plan III war in besonderem Maße zugeschnitten auf Mädchenmittelschulen; Plan IV bereitete auf „den Besuch einer höheren Schule ausschließlich des Gymnasiums“ vor. Die Mittelschule nahm bei diesen Differenzierungen für sich in Anspruch, besonders „beweglich“ zu sein und damit den unterschiedlichsten Forderungen gerecht zu werden. Es liegt aber auch der Verdacht nahe, dass die Mittelschule neben ihrem Anspruch auf die Entwicklung zu einer eigenständigen Schule auf jeden Fall auch die Funktion der „Rektoratsschule“, die nur auf die höhere Schule vorbereitete, wahrnehmen wollte. Gerade diese Pläne IV und V haben vielfache Kritik hervorgerufen: Auf der 10. Generalversammlung des „Preußischen Vereins für das mittlere Schulwesen“ im Mai 1911 war der Antrag gestellt worden: „Als Vorbereitungsanstalt für höhere Schulen darf die Mittelschule ihre Eigenart und Selbständigkeit nicht aufgeben, denn in ihrer Eigenart liegt ihre Stärke. In Orten mit höheren Schulen hat sie zur Wahrung ihrer Selbständigkeit nach dem Normalplane zu unterrichten.“293 Es ist bemerkenswert, dass dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt wurde, vor allem mit dem Argument, dass der Mittelschule der „Charakter der Übergangsstufe für die höhere Schule erhalten werden solle.“294 Mittelschulen, die nach dem Plan IV oder V unterrichteten, wurden als „Pseudomittelschulen“ bezeichnet und übernahmen, da sie auf höhere Schulen vorbereiteten, die Funktion der bisherigen Rektoratsschulen. Solche Mittelschulen wurden bevorzugt in kleineren Städten eingerichtet, wenn diese die Einrichtung einer höheren Schule nicht finanzieren konnten. Die Mittelschulen hatten dann den Vorteil, dass die Kinder für den Unterricht in einer höheren Schule ohne erheblichen Zeitverlust vorbereitet werden konnten. Da diese Kinder nicht in einen Ort mit höherer Schule umziehen mussten, hatten sie zudem den Vorteil, dass sie im Elternhaus leben konnten und weiterhin der Aufsicht der Eltern unterstanden. In seinem Beitrag „Mittelschule und höhere Schule“295 stellt Hesse fest: „Solche Mittelschulen dienen nur in beschränktem Umfang den wirklichen Bedürfnissen des eigentlichen Mittelstandes.“296 Neben dem Vorteil, dass der Schulträger sich auf diese Weise den Unterhalt einer höheren Schule ersparte, gab es einen weiteren Grund: Wurden diese Schule durch die Schulverwaltung unter die Leitung eines Direktors einer höheren Schule gestellt, gingen die Schüler nach Absolvierung dieser „Pseudomittelschule“ ohne Aufnahmeprüfung, also durch einfache Versetzung, auf die höhere Schule über, wo sie aufgenommen werden mussten.297 Jede derartige Vergünstigung bedeutete aber zwangsläufig eine Benachteiligung der „normalen Mittelschule“. Vor allem aber wurde die Möglichkeit gesehen, dass auf diese Weise eine Annäherung der „Pseudomittelschule“ an die höhere Schule erfolgte, die die Eigenständigkeit der Mittelschule letztlich gefährden konnte. So wurde von Hesse gefordert, die „Rektoratsschulen auch formell aus der Verwaltungskategorie der Mittelschule entfernen zu lassen.“298 Aber die Möglichkeit des Unterrichts nach den Plänen IV und V wurde durchaus auch differenzierter gesehen: Danach treten diese Mittelschulen an die Stelle der früheren Rektoratsschulen und bereiteten „auch“ auf höhere Schulen vor, ohne dass dabei der Charakter der Mittelschule aufgegeben werden musste. Diese Vorbereitung auf höhere Schulen durfte nur nicht der „Hauptzweck“ dieser Mittelschulen sein, die hier als „Sprachmittelschulen“299 bezeichnet wurden. Sie sollen eigenständige Mittelschulen bleiben, sich in ihrer Arbeit lediglich an die Unterrichtspläne der höheren Schule „anlehnen.“ Es wurde also nicht die Gefahr gesehen, dass Mittelschulen als Rektoratsschulen von dem höheren Schulwesen vereinnahmt wurden, sondern es wurde erwartet, dass Rektoratsschulen durch die Angleichung der Lehrpläne in Mittelschulen umgewandelt wurden.
Dass auch innerhalb der verschiedenen Pläne Differenzierungen bezüglich der Unterrichtsstunden in den unterschiedlichen Fächer möglich waren, zeigt die folgende Gegenüberstellung. So galten für die Wochenstundenzahl in einigen Fächern bezogen auf die gesamte Schulzeit für den Plan II (Mittelschule für Knaben) unterschiedliche Werte:
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Tabelle 2: Wochenstundenzahlen für Mittelschulzweige
Berufsrichtung → |
in Handel und Verkehr |
im Gewerbe |
Englisch |
17 – 25 |
17 – 22 |
Französisch |
15 – 18 |
9 – 12 |
Rechnen |
41 -46 |
44 – 49 |
Naturkunde |
12 – 17 |
18 – 23 |
Zeichnen |
12 |
15 – 18 |
Insgesamt wurde im Rückblick nachdrücklich anerkannt, dass die 1872 institutionalisierte Mittelschule sich als neue Schulform aus Sicht des Ministeriums bewährt hatte. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass die Anforderungen im Lehrplan bisher noch nicht „ausreichende Rücksicht auf das praktische Leben nehmen und daher den unterrichtlichen Bedürfnissen der Gegenwart nicht voll entsprechen.“300 Der Lehrplan müsse daher den inzwischen entstandenen Gegebenheiten angepasst werden, was aber letztlich als eine Aufwertung der Mittelschule gesehen werden konnte. Vor allem der Hinweis auf das „praktische Leben“301 gab der Mittelschule eine schulformspezifische Begründung, mit der sie sich von den beiden anderen Schulformen abhob.
Der Passus in den „Bestimmungen von 1910“, der den Hinweis auf „die je drei Jahre umfassende Unter-, Mittel- und Oberstufe“ 302 enthielt, sollte später noch Bedeutung für die Schuldauer der Mittelschule bekommen, als die Unterstufe der Volksschule auf vier Schuljahre ausgedehnt wurde.
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In den „Bestimmungen von 1910“ wurden erstmals auch pädagogische Forderungen aufgeführt, die an die Mittelschule gestellt wurden. Zum einen wurde der Gedanke der „Lebensnähe“ genannt, dessen Fehlen in den Bestimmungen von 1872 als Kritikpunkt bereits herausgestellt worden war: „Der Unterricht der Mittelschule behandelt in allen Fächern vornehmlich die Stoffe, die Bedeutung haben für die Lebensverhältnisse, in welchen das Kind aufwächst.“303 Für die Naturkunde z.B. „sind die Vorstellungen möglichst zu verwenden, die in Gartenbau, Blumenpflege, Landwirtschaft und Obstbau zu Hause gewonnen worden sind“; in der Naturlehre „dient als Grundlage in erster Linie die Erfahrung und die Beobachtung an den Erscheinungen des täglichen Lebens.“304 Zum anderen sollte der Gedanke der „Heimat“ die Arbeit leiten. „Der Geschichtsunterricht muß ein heimatkundliches Element in sich schließen.“305 Und „Ziel ist das Heimischwerden des Kindes in dem Heimatort und in der die Eigenart des Ortes bedingende Landschaft, sowie die Liebe zur Heimat.“306 Dieselben Forderungen galten auch für den Religionsunterricht: „Bei Besprechung des kirchlichen Lebens der Gegenwart sind die im Orte etwa vorhandenen Einrichtungen, wie Herbergen zur Heimat, Jünglingsvereine, Bibelgesellschaften und dergl. heranzuziehen.“307 In Erdkunde „wird überall durch Beziehung zur Heimat die Einsicht in deren erdkundliche Eigenart gefördert.“308 Ob die folgende Einstellung zu dem geforderten Bezug zur Heimat als isolierte Auffassung gesehen werden muss, soll hier nicht entschieden werden, es ist aber durchaus anzunehmen, dass derartige Auffassungen, die hier immerhin von dem Rektor einer Schule ausgesprochen wurden, dem damaligen Zeitgeist entsprachen: „Neben der Pflege des vaterländischen Empfindens betonen die Mittelschulbestimmungen aber auch die Würdigung der Heimat. [...] So kann die künftige Mittelstandspersönlichkeit allerdings nicht genug mit den Eigenarten der heimatlichen Landschaft bekannt gemacht werden. So hoffen die Bestimmungen zugleich, einen seßhaften Mittelstand zu erziehen, der im Gegensatz zur internationalen Neigung der sozialistischen Arbeiterschaft wie der Großindustrie eben dadurch zum unerschütterlichen Felsen des nationalen Staates wird, an dem sich die umstürzlerischen Wellen brechen werden.“309 Eine derartige Aussage musste eindeutig als Versuch gesehen werden, die Schule für politische Zwecke zu instrumentalisieren; andererseits hieß es in den methodischen Vorbemerkungen zum Fach Geschichte: „Liebe zu Fürst und Vaterland wird in dem Geschichtsunterricht eifrig gepflegt. Parteifragen gehören nicht in die Schule.“310
Von grundsätzlicher Bedeutung für die Stellung der einzelnen Schulformen im Schulsystem war auch, dass sowohl für den Besuch der höheren Schule als auch der Mittelschule Schulgeld erhoben wurde. Es hieß in den „Bestimmungen von 1910“ dazu: „In den zu Mittelschuleinrichtungen gehörenden Klassen wird ein Schulgeld erhoben.“311 Die Höhe dieses Schulgeldes konnte vom Schulträger – in der Regel war dies die Kommune – für die einzelne Schule individuell festgelegt werden. Für die Festlegung der Höhe des Schulgeldes war die Genehmigung der Regierung einzuholen war. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die „bessere Bildung, welche die Mittelschule gewähren soll, nicht lediglich von der wirtschaftlichen Lage der Eltern abhängig sein“ durfte, dass daher jede Mittelschule eine angemessene Zahl von „Freistellen“ für unterstützungsbedürftige Kinder zur Verfügung stellen musste, d.h. für solche Kinder, „die für den Besuch dieser Schule geeignet sind und sich durch Fleiß und Begabung auszeichnen.“312 Diese Kinder waren von der Pflicht zur Zahlung von Schulgeld jeweils für ein Schuljahr befreit. Es bestand zudem die Möglichkeit, einzelne Freistellen auf mehrere Schüler aufzuteilen. Eine solche Aufteilung führte dann zu einem reduzierten Schulgeld: „Allerdings dürfte es sich empfehlen, von der Vorschrift der Freistellen möglichst ergiebigen Gebrauch zu machen, und insbesondere den von der Regierung genehmigten Prozentsatz von Freistellen durch Gewährung von Halben- und Viertel-Freistellen möglichst vielen Schülern zugute kommen zu lassen.“313
Der 1914 beginnende Erste Weltkrieg zeigte seine Auswirkungen auch auf das Schulwesen. Während des Krieges wurde versucht, die Schulen – und auch die Mittelschule – in den Dienst dieses Krieges zu stellen, wie die folgenden Zitate von Eckard belegte314 „Ohne Zweifel hat der gewaltige Krieg, den Deutschland zu führen gezwungen ist, auch auf das friedliche Leben in der Schulstube einen merklichen Einfluß ausgeübt. [...] Die wichtigste militärische Vorbereitung, die die Schule ihren Zöglingen mit auf den Weg geben kann, bleibt immer die Gewöhnung an straffe Disziplin, an unbedingten Gehorsam, die Anerziehung eines ehernen Pflichtgefühls.“315 Diese Forderungen enthielten einen ausgeprägt militärischen Geist, waren aber aus der Sicht dieser Zeit nachzuvollziehen, vor allem wenn es weiter hieß: „Der gesamte Klassenunterricht muss vom Geist der Zeit durchdrungen sein.“316 Und ganz unverhüllt schrieb Eckard: „Auch unsere Mittelschule, die ihre Zöglinge bis zum 15. Jahre unterrichtet, kann und muß einen Beitrag liefern für die militärische Vorbereitung der Jugend im Sinne der Richtlinien des preußischen Kriegsministeriums.“317
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Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kam es auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens zu einem Neubeginn, der u.a. auch durch starke Demokratisierungsbestrebungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen geprägt war. Nach Einführung der Republik als Staatsform wurden auch in der Bildungspolitik Veränderungen angestrebt. So fanden eine Reihe von Artikeln, die die Schule betreffen, Eingang in die am 11. August 1919 verabschiedete „Weimarer Verfassung“318. Es waren die Artikel 142 bis 149, die unter der Überschrift „Bildung und Schule“319 zusammengefasst waren. Im Zusammenhang hiermit mußte das „Grundschulgesetz“320 vom 28.April 1920 gesehen werden, mit dem die vierjährige Grundschulpflicht eingeführt wurde: „Die Volksschule ist in den vier untersten Jahrgängen als die für alle gemeinsame Grundschule, auf der sich auch das mittlere und höhere Schulwesen aufbaut, einzurichten.“321 Außerdem waren die Vor-schulklassen und Vorschulen „alsbald aufzuheben“.322
Dabei waren es zwei Aussagen, die das Bild der Mittelschule in der Schulpolitik der Weimarer Republik grundlegend veränderten und prägten:
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Die Möglichkeit der Reduzierung der Unterrichtszeit auf fünf Jahre für die Mittelschule stand durchaus im Brennpunkt der Diskussion in der Mittelschullehrerschaft, denn bei Einführung der vierjährigen Grundschule und der Beibehaltung der neunklassigen Mittelschule war die Reduzierung der Schulzeit eigentlich die zu erwartende Konsequenz. Die Gründe, die für die Beibehaltung von sechs Schuljahren wie sie von Schmidt323 vorgetragen wurden, lassen sich thesenhaft in vier Punkten zusammenfassen:
Diese Argumente können mit dazu beigetragen haben, dass durch die Unterrichtsverwaltung von einer Kürzung der Schulzeit an der Mittelschule abgesehen wurde.
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Dass es zu keinen weiteren Entwicklungen auf dem Schulsektor kam, lag nicht zuletzt an der Parteienkonstellation in der Nationalversammlung: In ihren pädagogischen Zielsetzungen bestand zu wenig Übereinstimmung zwischen den Sozialdemokraten, dem Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei. Gerade die unterschiedlichen Auffassungen in diesen Parteien über Bildungsfragen waren verantwortlich dafür, dass erst durch den „Weimarer Schulkompromiß“ die Verfassung verabschiedet werden konnte und dass dabei nicht mehr als die oben angesprochenen Probleme im Bildungsbereich wenigstens teilweise gelöst wurden. Die hierbei gefundene Formel vom „Schulkompromiß“ kann nur vordergründig bestätigt werden, denn die Begründungen wiesen eindeutig darauf hin, dass alle Fragen, die die Bildung und damit auch das Schulwesen betrafen, aus den Diskussionen um die Verfassung ausgeklammert wurden. Dies geschah wohl auch in der Gewissheit, dass eine Einigung bei der gegebenen Parteikonstellation in der Nationalversammlung ohnehin nicht zu erreichen war.
Der Hinweis von Wilke328 aus dem Jahre 1911 belegt überzeugend die standesbezogene Funktion der Mittelschule, wie sie aus den Kreisen der Mittelschule selbst gesehen wurde. Bei Wilke hieß es, dass die Kinder der höheren Stände zehn bis zwölf Jahre für ihre Schulbildung benötigten, das Arbeiterkind acht Jahre, und dass dem entsprechend „neun Jahre für das Bürgerkind nicht zu viel“329 sind.
Eine entscheidende Wendung in der Klientelzuweisung ließ sich für das Jahr 1918 feststellen. Wohl unter dem Eindruck der Diskussion um die Einheitsschule versuchte die Mittelschule, von ihrem Image als Standesschule für den Mittelstand abzurücken: „Der Mittelschule wird ja, weil sie Schulgeld erhebt, häufig der Vorwurf gemacht, sie sei eine Standesschule. Gewiß soll und will sie die Schule des Mittelstandes sein. Aber sicher ist auch, dass sie im Rahmen der bestehenden Schulorganisation die geeignetste Schulanstalt ist, [...] den Aufstieg Begabter zu vermitteln.“330 Diese Aussage musste zusammen mit den Forderungen im Rahmen der Einheitsschuldiskussion gesehen werden, zwischen den bestehenden Schulformen eine größere Durchlässigkeit zu erzielen. Damit ließ sich die Mittelschule funktional als eine Schaltstelle für den möglichen Übergang zwischen der Elementarschule und der höheren Schule charakterisieren.
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Ein besonders deutlicher Versuch der Distanzierung vom Status der Mittelschule als Standesschule liegt von Schremmer331 aus der Zeit von 1919, also unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges vor: „Unsere äußere Schulordnung ist ein Ausdruck des übelsten deutschen Kastenwesens, das uns in der Geschichte so unendlich geschadet hat. Der Kastengeist hat das deutsche Volk immer wieder zu Fall gebracht.“332 Dabei waren es gerade die Vertreter der Mittelschule, die diesen nun verurteilten „Geist“ gepflegt hatten, die versucht hatten mit dem Hinweise auf die Funktion ihrer Schule als einer Schule für den Mittelstand, also einer Standesschule, ihre Schülerschaft zu rekrutieren. Nun wurde diese Begriffsbestimmung verändert: „Nicht die Gesellschaftsklassen, sondern die Arbeit des Volkes, seine Wirtschaft, die gesamte Volkskultur, das Dasein der Tüchtigen gliedern die Schulen.“333 Der Staat darf also keine „Schule für den mittleren Bürgerstand“ einrichten. Mittlere Schulen hatten nur insofern eine Berechtigung, als sie ihren Schülern solche Kenntnisse vermittelten, die die mittlere Schicht der Bürgerschaft als die künftigen Angehörigen dieser Gesellschaftsklasse benötigten. Die mittleren Schulen durften nicht „die Aufnahme auf die Kinder der bisherigen Mittelschicht beschränken.“334 Die Aufgabe der Mittelschule war also die Vorbereitung auf die mittleren Berufe; die Frage nach den Gesellschaftsschichten, aus denen sich die Schülerschaft rekrutierte, war dabei aus Sicht der Mittelschule unerheblich. Der Wechsel in der Terminologie bedeutet, dass sich die Mittelschule nun nicht mehr als die „Schule des Mittelstandes“ sah, sondern als „Schule für den Mittelstand“, als Schule, die die Bildungsgrundlagen für den Mittelstand vermittelte. „Sie will den hart bedrängten mittleren Berufskreisen starke Kräfte zuführen und erhalten.“335
Bis zum Jahre 1923 liegen aus den Reihen der Mittelschulvertreter keine weiteren Aussagen über grundsätzliche schichtenspezifische Zuordnungen vor. Dass diesem Thema in der Verbandszeitschrift kein Diskussionsraum gegeben wird, muss im Zusammenhang gesehen werden mit der in dieser Zeit diskutierten Frage der Einheitsschule. Durch diese Schulform sah sich die Mittelschule in ihrer Existenz bedroht.
Im Jahre 1923 – nach Verabschiedung der Verfassung im Jahre 1919, dem Reichsgrundschulgesetz 1920 und dem Abschluss der Reichsschulkonferenz im Jahre 1920 – erschien in der „Mittelschule“ ein Artikel,336 der nahtlos an die Diskussion der Zeit vor 1920 anschloss. Nun wurde unter Berufung auf die Aussagen in der Weimarer Verfassung wieder eine Dreigliedrigkeit im Schulwesen unterstellt, diesmal entsprechend der wirtschaftlichen Struktur des „Volkskörpers.“ Für die breite Schicht der Berufsstände galt, dass „in deren beruflicher Tätigkeit Kopf- und Handarbeit, mechanische und geistige, anordnende und ausführende Tätigkeit miteinander gemischt sind.“337 Hierzu wurden Berufe gezählt aus der Landwirtschaft und dem Handwerk, sowie Kaufleute, Beamte in mittleren Stellungen und – als neu angesprochene Klientel – die technischen und kaufmännischen Angestellten.338 Aus den spezifischen Bildungsbedürfnissen für diese Berufsgruppen wurde die Notwendigkeit einer Schulart abgeleitet, die zwischen Volksschule und höherer Schule stand.
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Mit Datum vom 10. April 1911 wurden vom Ministerium für Unterrichtsangelegenheiten Vorschriften für die Mittelschule erlassen, die diesen Schulen die Erteilung von einigen Berechtigungen gestattete.339 Der Umfang war jedoch enttäuschend und konnte nur als Ansatzpunkt für weitere zukünftige Schritte verstanden werden, da die Regelungen den Absolventen der Mittelschule Berechtigungen nur in einem Maße zuerkannten, die denen der höheren Schule in keiner Weise entsprachen. Die Unzufriedenheit mit der aus Sicht der Mittelschule unzureichend gelösten Berechtigungsfrage wird aus der folgenden Stellungnahme von Maennel340 deutlich: „Es ist als eine der praktisch wichtigsten Errungenschaften der Mittelschulreform von 1910 anzusehen, daß es ihren Bearbeitern gelungen ist, für die Schüler mit Abschlußbildung wenigstens einige, wenn auch leider noch nicht ganz klar bezeichnete, Berechtigungen zu erringen. Aber, was auch immer an Berechtigungen gegeben wurde, es ist doch nur eine Abschlagzahlung. Der Mittelschule muß zugestanden werden, ihren Abschluß-Schülern den Einjährigenschein nach bestandener Abschlußprüfung an der Schule selbst mitzugeben.“341 Dieses Privileg, eine „abschlussberechtigte“ Schule zu sein, blieb das große Ziel der Mittelschule, das von ihr aber nie erreicht werden sollte.
Bezüglich der „Kommissionsprüfung“ zur Erlangung der „Einjährig-Freiwilligen-Berechtigung“ wurde es als ein großer Fortschritt angesehen, dass der „Altersdispens“ künftig entfallen sollte. Damit konnte diese Prüfung von Absolventen der Mittelschule also bereits vor Vollendung des 17. Lebensjahres abgelegt werden. Bemängelt wurde von den Vertretern der Mittelschule allerdings, dass in der Prüfungskommission für die „Berechtigungsprüfung“ weiterhin kein Mittelschullehrer vertreten war. Dies wurde als Benachteiligung der Prüflinge angesehen, denn es war davon auszugehen, dass den Prüfenden in der Kommission die Verhältnisse an der Mittelschule doch weitgehend fremd waren. Umgekehrt war es natürlich für die Prüflinge von Nachteil, die Prüfung vor völlig fremden Menschen ablegen zu müssen. Zudem war offenbar die Formulierung, dass Berechtigungen „vereinbart“ wurden, nicht rechtsverbindlich zwingend für die Umsetzung, denn am 24. November 1911 richtete der „Preußische Verein für das mittlere Schulwesen“ eine Eingabe an das Kultusministerium gerichtet mit der Bitte, „daß der Erlaß vom 10. April 1911 in bezug auf die Zulassung der Mittelschüler zur Kommissionsprüfung Geltung erhalte.“342 Mit Datum vom 15. Februar 1912 antwortete das Kriegsministerium: „Es ist eine Änderung der Wehrordnung beabsichtigt, so daß künftig mit Genehmigung der Ersatzbehörden Schüler von neunklassigen Mittelschulen, die diese mit Erfolg bis zum Schluß besucht haben, zur Ablegung der Prüfung für den einjährig-freiwilligen Dienst vor einer Prüfungskommission schon vor Vollendung des 17. Lebensjahres zugelassen werden können, wenn sie sich während des Schulbesuchs am Unterricht in einer zweiten Fremdsprache beteiligt haben.“343 Dies musste als eine für die Mittelschule positive Entwicklung gesehen werden, denn gerade die Wartezeit der Mittelschulabsolventen bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres war bisher als ein starkes Hemmnis gesehen worden, da die Mittelschule in der Regel mit dem 16. Lebensjahr der Schüler abgeschlossen wurde. Die sicherlich bestehende Hoffnung auf den Verzicht der zweiten Fremdsprache wurde enttäuscht. Erst eine derartige Lösung hätte einer größeren Zahl von Mittelschulabsolventen den Zugang zu dieser Berechtigung ermöglicht. Nach dieser Regelung stand nur solchen Schülern der Weg zur Kommissionsprüfung offen, die eine Mittelschule mit einem solchen Zweig besucht hatten in dem eine zweite Fremdsprache angeboten worden war.
Die Einbeziehung des Kriegsministeriums in die Frage des Berechtigungswesens macht auch deutlich, dass es bis zu diesem Zeitpunkt nicht gelungen war, die Doppelfunktion zwischen der militärischen und der wirtschaftlichen Gewichtung hinsichtlich der Berechtigungsfrage aufzulösen. Es zeigt sich aber auch, wie stark die militärischen Belange bezüglich der „Einjährig-Freiwilligen“ Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen behielten.
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Die oben angesprochenen Schwierigkeiten für die Prüflinge in der „Kommissionsprüfung“ hatten zwei Ursachen, die auch in der Sitzung des preußischen Landtages von Abgeordneten durchaus gesehen wurden. So hieß es in einem Diskussionsbeitrag – nachdem festgestellt worden war, dass 50% der Mittelschüler diese Kommissionsprüfung nicht bestanden hätten – des Abgeordneten Schmitt344 (Düsseldorf) „Daß ein solches Resultat selbstverständlich auf die Mittelschulen zurückfällt und sie sehr in Mitleidenschaft zieht, kann keinem Zweifel unterliegen. Darum müssen hier Änderungen getroffen werden. Es muß zunächst für eine größere Übereinstimmung des Stundenplans der Mittelschule mit der Prüfungsordnung für Einjährig-Freiwillige herbeigeführt werden; denn der Lehrplan der Mittelschule besagt, es soll jeder wissenschaftliche Betrieb mehr oder weniger ferngehalten werden, dagegen fordert die Prüfungsordnung eine wissenschaftliche Befähigung.“345 Hier handelte es sich also um einen weiteren Widerspruch in den Forderungen an die Mittelschule: In den „Bestimmungen von 1910“ war gefordert worden, dass die Mittelschule unter „Vermeidung auch des Scheines wissenschaftlichen Betriebes“346 arbeiten sollte, während nach der Prüfungsordnung zu der „Kommissionsprüfung“ gerade die wissenschaftliche Befähigung verlangt wurde. Besonders deutlich zeigten sich die unterschiedlichen Auffassungen im Fach Mathematik, wo z.B. sehr stark abstrakte Aufgaben Bestandteil der Kommissionsprüfung waren, während die Mittelschule in ihrem Mathematikunterricht verstärkt praxisbezogene Aufgaben bevorzugte. Ähnliches galt für das Fach Geschichte, in dem die Mittelschüler in der geforderten alten Geschichte kaum Vorkenntnisse mitbrachten, da dieser Bereich sehr früh im Unterrichtsgang der Mittelschule behandelt wurde347, in der Abschlussklasse aber konnte dieser Bereich schon aus zeitlichen Gründen nicht wiederholt werden. Die so auftretenden Schwierigkeiten resultierten sicherlich auch aus der Tatsache, dass in der Prüfungskommission Vertreter der Mittelschule, die ausgleichend hätten wirken können, nicht vertreten waren. Die Kommissionsmitgliedern – Lehrer höherer Schulen, Geistliche, Militärvertreter – werden sich im Rahmen der Vorbereitung auf die Prüfungen kaum mit der notwendigen Sorgfalt mit den Lehrplänen der Mittelschule auseinandergesetzt haben.
Mit Beginn des Weltkrieges im Jahre 1914 ergab sich eine militärisch bedingte Änderung: Durch Ministerialerlass vom 10. August 1914348 wurde festgelegt, dass die Prüfung für den einjährig-freiwilligen Dienst nicht mehr vor den bisher dafür eingesetzten Kommissionen, „sondern an sechs- oder neunstufigen höheren Schulen unter der Voraussetzung abzulegen ist, dass die Zustimmung der Eltern zum Eintritt in das Heer und ein ärztliches Zeugnis über die Militärtauglichkeit vorliegen.“349 Für die Mittelschüler bedeutete dies eine neue Beeinträchtigung in zweifacher Hinsicht: einmal wurde der gerade durchgesetzte Wegfall des „Altersdispens“ wieder eingeführt, zum anderen wurden die Prüfungen nun ausschließlich von Lehrern höherer Schulen abgenommen.
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kam es zwangsläufig zu erheblichen Veränderungen in allen das Militär betreffenden Bereichen. Nach Wegfall der „Einjährig-Freiwilligen-Prüfung“ im Zuge der Verwirklichung der Bestimmungen des Versailler Vertrages wurden neue Verfahrensweisen für die „Berechtigung“ in Anlehnung an die bisherige Praxis gesucht.
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Da bisher den Mittelschülern über die Kommissionsprüfung der Erwerb von Berechtigungen für die Verwendung auch außerhalb des Militärdienstes möglich war, musste nun abgewartet werden, wie mit diesen Berechtigungen im zivilen Bereich verfahren würde. In Einzelfällen wurden hierzu Sonderregelungen getroffen, die letztlich durchaus eine gravierende Erweiterung der Berechtigungen für Mittelschüler bedeuteten. So verfügte der Minister für Handel und Gewerbe350 im Mai 1920: „Nachdem die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst abgeschafft ist und infolgedessen die Kommissionsprüfungen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst weggefallen sind, bestimme ich, daß bis auf weiteres die Absolventen der als vollentwickelt anerkannten Mittelschulen, welche nach dem Abgangszeugnis in den Fächern Rechnen und Raumlehre (Mathematik) und Naturkunde das Prädikat ‘gut’ erhalten haben, ohne Aufnahmeprüfung zum Besuche der höheren Maschinenbauschulen zugelassen werden .“351
Solche Einzelentscheidungen wurden von den Vertretern der Mittelschule zwar mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, grundsätzlich war aber damit kein Ersatz geschaffen für die Erlangung wirtschaftlicher Berechtigungen, die bisher durch die „Kommissionsprüfung“ erworben werden konnten. Einen Ersatz erhielt die Mittelschule zunächst durch eine Einzelverfügung vom 21. Januar 1920,352 mit der eine anfragende Schule ermächtigt wurde, das Abschlusszeugnis mit folgendem Vermerk zu versehen: „Dieses Zeugnis entspricht dem bisher ausgestellten Zeugnis für die Zulassung zur Kommissionsprüfung über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst. Die Prüfung selbst ist infolge Veränderung des Heerwesens in Fortfall gekommen.“353 Diese Formulierung war aber offensichtlich miss-verständlich, denn in einem ergänzenden Erlass vom 12. März 1921354 wurde ausdrücklich festgestellt, dass der angeordnete Vermerk „anscheinend in vielen Fällen nicht ausgereicht hat, die dadurch beabsichtigte Förderung dieser Absolventen zu bewirken“, daher wurden die Leiter der betreffenden Schulen ermächtigt, folgenden Vermerk aufzunehmen: „Dieses Schlußzeugnis einer als voll ausgestaltete Anstalt anerkannten Mittelschule bestätigt, dass der Schüler [....] die wissenschaftliche Allgemeinbildung erworben hat, die früher in der infolge Aufhörens der allgemeinen Wehrpflicht fortgefallenen Kommissionsprüfung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst nachgewiesen werden musste.“355 Es blieb allerdings bei der einschränkenden Vorschrift, dass der Bewerber an dem Unterricht in einer zweiten Fremdsprache ‘erfolgreich’ teilgenommen haben musste. Diese Anforderungen konnte allerdings nicht als Benachteiligung von Mittelschulabsolventen gesehen werden. Für die Bewerber um die Berechtigung, die den sechsjährigen Lehrgang an der höheren Schule absolviert hatten, galten sie in gleicher Weise.
Nach der Jahrhundertwende bedingte die starke Ausbreitung der Mittelschule einen erhöhten Bedarf an Mittelschullehrern. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass Mittelschullehrer auch an höheren Schulen wegen des dort ebenfalls bestehenden Lehrermangels eingesetzt wurden. Abhilfe sollte unter anderem dadurch geschaffen werden, dass Volksschullehrern durch die Einrichtung von „Mittelschullehrer-Kursen“ an den Universitäten der Zugang zur Mittelschule erleichtert wurde. Der Antrag des Abgeordneten von Campe mit der begleitenden Begründung und die darauf erteilte Antwort des Kultusministers356 ergeben ein umfassendes Bild der Mittelschullehrer-Prüfung zu dieser Zeit. Der Antrag lautete: „Die Königliche Staatsregierung wird ersucht, im Interesse des Volksschulwesens Einrichtungen zu treffen, durch welche Volksschullehrern eine bessere Möglichkeit zu einer wissenschaftlichen Fortbildung an preußischen Universitäten zum Zwecke der Vorbereitung auf den Dienst an Mittelschulen, in der Leitung von Volksschulen, in der Lehrerbildung und Schulaufsicht gewährt wird.“ In der Begründung zu diesem Antrag hieß es weiter: „Wir haben verlangt, dass auch zur Vorbereitung auf das Mittelschullehrerexamen das Universitätsstudium zugelassen werden soll, und ich würde mit Rücksicht auf die Anforderungen, die in dem Mittelschullehrer-examen gestellt werden und die doch in gewissem Umfange auch einen wissenschaftlichen Charakter haben, die prinzipielle Notwendigkeit hierfür nachweisen können. Man muss festhalten, dass es ein gewisses Missverhältnis ist, wenn der Staat ein Examen verlangt, seinerseits aber nicht die nötigen Einrichtungen trifft, um den jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, sich auf dieses Examen vorzubereiten.“357 Der entsprechende Antrag des Abgeordneten von Campe358 im preußischen Landtag wurde von der Regierung mit der Begründung abgelehnt, dass man den Universitäten nicht zumuten könne, „die Fortbildung der Volksschullehrer für die Zwecke des niederen Schulwesens zu übernehmen.“359 Außerdem wurde als Argument genannt: „An den norddeutschen Universitäten sind wohl die Stimmen in der Überzahl, welche jede Zulassung von Volksschullehrern, auch der bereits geprüften Mittelschullehrer, hintanhalten möchten: man solle der Demokratisierung der Universitäten keinen Vorschub leisten.“360 Alle Vorbehalte der Lehrer gegeneinander und die Spannungen zwischen den Lehrergruppen der verschiedenen Schulformen, die über viele Jahre weiterbestehen sollten, sind sicherlich durch derartige Begebenheiten mitbegründet und verstärkt worden.
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Als ein Gegenbeispiel für die oben geschilderte Einstellung konnte die in einem Brief aus dem Jahre 1910 von Professor F. Klein361 von der Universität Göttingen an Karl Muthesius vom ‚Deutschen Ausschuss für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht’ deutlich gewordene Auffassung gelten. Professor Klein ging in seinem Schreiben zunächst auf die Schwierigkeiten der bestehenden Mittelschullehrer-Ausbildung ein: „Der angehende preußische Mittelschullehrer sieht sich für seine Ausbildung im wesentlichen auf den Weg des Selbstunterrichts verwiesen.“362 Er schlug im Weiteren vor, zunächst versuchsweise und nur für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer an der Universität Göttingen Kurse für Volksschullehrer zur Vorbereitung auf die Mittelschullehrerprüfung einzurichten. Ergänzend wurden von Klein dazu detaillierte Vorschläge zur Organisation von Kursen gemacht, die an der Universität für die verschiedenen Fachbereiche angeboten werden könnten. Auch „Vorkurse“ wurden als Möglichkeit aufgezeigt, in denen die bei den Bewerbern vorhandenen Defizite abgebaut werden könnten.363 Diese Vorschläge waren für die weitere Ausbildung der Mittelschullehrer insofern von Bedeutung, als hier erste Ansätze für die Verlagerung der Mittelschullehrerausbildung an die Universität, oder zumindest für die Einbeziehung dieser Institution, gemacht wurden. Wesentlich erscheint auch, dass diese Vorschläge als Angebot von der Universität gemacht wurden, es handelte sich nicht um Forderungen der Lehrer an die Universität.
Eine erste Umsetzung der Vorschläge Kleins fand sich in einem Erlass vom 22. Januar 1912, mit dem die Einrichtung von vier- bis sechssemestrigen „Kursen zur Vorbildung von Mittelschullehrern“364 genehmigt wurde. Für die Regierung hatten diese Kurse durchaus Bedeutung, denn der Minister schrieb: „Ich hege die Erwartung, dass das Königliche Provinzialschulkollegium auf diese für die Gewinnung tüchtiger Lehrer wichtige Angelegenheit besondere Aufmerksamkeit verwenden wird.“365
Es wurde allerdings auch vor einer Verlagerung der Ausbildung der Mittelschullehrer an die Universität gewarnt. Dies wurde deutlich in einem Beitrag von Gabbert366 „Wir fordern für die Mittelschulen seminarisch vorgebildete, im Volksschuldienst erprobte Lehrer. Der gegenteilige Standpunkt würde sich etwa mit der Forderung decken, die Mittelschule in Realschulen umzuwandeln, denn dies sind ihrem Kerne nach Mittelschulen mit akademisch vorgebildeten Lehrkräften.“367 Dies genau beleuchtet wieder die Stellung der Mittelschule zwischen der Volksschule und der höheren Schule mit deren Befürchtung, ihre Eigenständigkeit zu verlieren.
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Ab etwa 1920 fanden verstärkt Diskussionen über eine grundsätzliche Reform der Lehrerausbildung für Volks- und Mittelschullehrer statt. So liegt ein Beitrag von Heinemann368 aus dem Jahre 1920 vor, in dem erste Hinweise auf die Einrichtung von Akademien zur Ausbildung von Lehrern vor.369
Ausführlichere Pläne über die Ausgestaltung der Lehrerausbildung wurden von Korsten in seinem Beitrag „Die zukünftige Lehrerbildung und wir Mittelschullehrer“370 gemacht. Als gravierend musste der Vorschlag gesehen werden, dass die Volksschullehrer ihre „Allgemeinbildung auf einer höheren Schule erwerben“371 sollten und ein zweiter Gesichtspunkt: „Man gründet zur Ausbildung der Lehrer eine neue Form der Hochschule: Die pädagogische Akademie.“372 Sehr viel weitergehend waren die Forderungen Korstens für die Ausbildung der Mittelschullehrer: Für diese fordert er ein Universitätsstudium von mindestens sechs Semestern in der Erziehungswissenschaft und in zwei Hauptfächern, sowie anschließend eine Einführung in die Schulpraxis der Mittelschule von einjähriger Dauer.373 Eine geteilte Stellungnahme stammt von Schwarzhaupt in seinem Beitrag „Zur Lehrerbildungsfrage“374 aus dem Jahre 1924: Schwarzhaupt forderte für alle Lehrer das „Maturitätszeugnis“375 als Nachweis der Allgemeinbildung. Interessant ist die Begründung von Schwarzhaupt für die differenzierte Fachausbildung der Lehrer. Der einheitliche Lehrerstand für die höhere Schule erfordert eine einheitliche Ausbildung an der Universität, „unser großes Ziel muß sein, [...] den einheitlichen Lehrerstand für die fürs praktische Leben vorbereitende Schule – Volks- und Mittelschule – zu schaffen.“ Weiter hieß es: „Der Kampf um die Mittelschule ist vielfach ein Kampf zwischen Mittelschullehrern und Volksschullehrern. Haben wir einen einheitlichen Volksschullehrerstand [....], dann kommen wir leichter aus diesem unseligen Zwist heraus.“376
Die Diskussion über die Einheitsschule in dem zur Untersuchung anstehenden Zeitraum hat immer auf zwei unterschiedlichen Ebenen stattgefunden, die jeweils auch eine entsprechende Begriffsbildung beinhalteten. Auf der ersten Ebene bedeutete „Einheitsschule“ die Vereinheitlichung der verschiedenen Formen des höheren Schulwesens mit Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule ohne jegliche Einbeziehung der Mittelschule oder des Elementarschulwesens. Die Wurzeln dieser Bestrebungen können für das Jahr 1885 angesetzt werden, als der „Deutsche Einheitsschulverein“377 gegründet wurde, der sich um einheitliche Regelungen für das Gymnasium und das Realgymnasium, also ausschließlich das gymnasiale Schulwesen, bemühte. Im §1 der Satzung des Vereins hieß es: „Der Zweck des Vereins ist, für die innere Berechtigung einer Gymnasium und Realgymnasium verschmelzenden höheren Einheitsschule mit Beibehaltung des Griechischen für alle Schüler einzutreten.“378 Die Diskussion wurde also nicht um ein Problem der Schulorganisation geführt, es waren ausschließlich Fragen des Lehrplans und der Stoffauswahl, die hier thematisiert wurden. Da im Jahre 1901 zwar die unterschiedlichen Formen im höheren Schulwesen festgeschrieben wurden, aber alle diese gymnasialen Schulen die „Berechtigung“ erhielten, bestand für die beteiligten Schulformen keine Notwendigkeit, die Diskussion um diese Frage fortzusetzen.
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Die zweite Ebene war die vor allem von den Volksschullehrern ausgehende Forderung nach einer Verbesserung der Schulsituation im Elementarbereich. Auf dieser zweiten Ebene fanden zum Teil erbitterte Auseinandersetzungen statt, die mit dem Ziel geführt werden, die Mittelschule mit der Volksschule zu einer einheitlichen Schulform zusammenzuführen. Solche Bestrebungen fanden allerdings nicht die Zustimmung der Anhänger der Mittelschule. Gemäß den Intentionen der Arbeit steht im Folgenden ausschließlich die zweite Ebene im Mittelpunkt der Diskussion.
Die Vertreter der Mittelschule thematisierten etwa ab dem Jahre 1912 den Einheitsschulgedanken; zumindest lassen sich von diesem Zeitpunkt an Veröffentlichungen in der verbandseigenen Zeitschrift nachweisen. Unter der Überschrift „Was hat die Mittelschule von der Einheitsschule zu erwarten?“379 arbeitete Friedrichs heraus, dass in der Einheitsschule lediglich in der Unterstufe der Volksschule – also in den ersten vier Jahren – ein gemeinsamer Unterricht für alle Schüler unter Einbeziehung der entsprechenden Jahrgänge der Mittelschule und der höheren Schule erfolgen sollte. Hierzu wurden zwei Kritikpunkte vorgebracht: Die Volksschule als Unterbau der Mittelschule „macht die Errungenschaften der neuen Lehrpläne der neunstufigen Mittelschule illusorisch“,380 denn eine so konstruierte Schulform konnte in neun Jahren nicht mehr leisten als die frühere eigenständige Mittelschule in acht Jahren. Der zweite Punkt bezog sich auf die finanzielle Situation: Da die Volksschulen kein Schulgeld erheben durften, mussten die Gemeinden finanzielle Opfer bringen, „denn sie würden das Schulgeld für die unteren Klassen der Mittelschule und für die Vorschule verlieren.“381 Vor allem dieser zweite Punkt war stichhaltig, denn Mittelschulen waren, da sie Schulgeld erheben durften, eher in der Lage, sich finanziell weitgehend selbst zu tragen.
Als besonders nachteilig für die geplante Einheitsschule wurde aber herausgestellt, dass der Volksschule erhebliche Nachteile durch ihre Funktion als Vorbereitungsschule für die höhere Schule erwachsen würden. Für die Mittelschule bestand die Möglichkeit, die Schüler in besonderen Klassen zusammenzufassen, die später die höhere Schule besuchen wollten. Geschah dies nicht, gab es in der Unterstufe der Mittelschule eine Reihe von Parallelklassen, die dann in der Mittelstufe erheblich schrumpften, wenn ein größerer Prozentsatz aus jeder Klasse auf die höhere Schule wechselte.382 Dass dabei das Leistungsvermögen der einzelnen Klasse abnahm, musste akzeptiert werden, auch, „daß wochenlange Arbeit dazu gehört, um die Kinder aus den verschiedenen Klassen und die aus der Volksschule gekommenen Schüler zu einer Arbeitsgemeinschaft zu erziehen.“383 Nachdrücklich wurde herausgestellt, dass solche Mittelschulen, die nicht Vorschule für die höhere Schule waren, problemfreier arbeiten können, da sie „von der 9. bis zur 1. Klasse nur die Ziele der Mittelschule im Auge zu haben brauchen.“ Diese festgestellten Nachteile wurden für die Volksschule in einer Einheitsschule als noch gravierender gesehen: „Welche Kinder kommen da nicht in den unteren Klassen zusammen!“384 Dies waren die „normalen Kinder des Unterstandes“, deren Sprachverständnis und Sprachfertigkeit nur sehr gering waren und von denen manche „nicht einen Satz richtig Hochdeutsch sprechen.“ Auf der anderen Seite die „normalen des Oberstandes“, die über einen Wortschatz verfügten, den „das Kind des Unterstandes erst in Jahren sich erwirbt.“ Dazu sah Friedrichs etwa 20% Kinder „die so schwach begabt sind und sonstige Mängel haben, daß sie in normalen Volksschulklassen nicht mitkommen können.“385 Als Ergebnis riet der Autor der Volksschule, dass sie „sobald als möglich ihr Schülermaterial nach Vorbildung und Begabung in besonderen Klassen unterbringt“, wobei sie dann die Erfahrung machen würde, „daß es im großen und ganzen dasselbe ist, ob man nach dem Geldbeutel der Eltern oder nach Vorbildung und Begabung sondert.“386 Aus unterrichtlicher Sicht hatten damit weder die höhere Schule, noch Volks- oder Mittelschule einen Nutzen von der Einheitsschule; auch dem noch verbleibenden Argument, „daß die Einheitsschule die sozialen Unterschiede mildere, weil alle Gesellschaftsklassen auf derselben Schulbank gesessen hätten“ wurde nicht zugestimmt: Volksschullehrer und Mittelschullehrer hatten bis zum 20. Lebensjahr auf derselben Schulbank gesessen, und „stehen sich doch viel feindlicher gegenüber als Volksschullehrer und (akademisch gebildete) Oberlehrer.“ Dies war „eine Tatsache, die schlagend beweist, was von der Behauptung zu halten ist, daß die Einheitsschule die sozialen Gegensätze mildern würde.“387
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Mit einer derartigen oft überheblich formulierten und nur auf den eigenen Berufsstand reduzierten Argumentationsweise setzte sich Friedrich sehr stark dem Verdacht aus, dass ihm überzeugende Argumente fehlten. Auch eine generalisierende und undifferenzierte Gleichsetzung von sozialer Herkunft und Begabung war fragwürdig.
Deutlich wurde hier definiert, dass sich das Einheitsschule organisatorisch nur auf die ersten vier Schuljahre, die eigentliche spätere „Grundschule“ beschränken sollte. Diese Unterstufe sollte für die Volksschule, die Mittelschule und die höhere Schule einheitlich eingerichtet werden.
In einem aus dem Jahre 1914 stammenden Beitrag von Poppe388 wurden zwei Aspekte angeführt, nach denen die Entwicklung zu einer Einheitsschule möglich sein konnte: Einmal war es das sogenannte „Mannheimer System“, nach dem die Volksschule in differenzierte Züge geteilt werden sollte, „mit den Klassenzügen für normal veranlagte Schüler in der Mitte, für schwach und mangelhaft befähigte rechts und für hervorragend befähigte links.“389 Nach diesem System sollte gewährleistet sein, dass „alle nach dem Maße ihrer Befähigung auf der Unterlage besonderer Lehrpläne zum Abschluß ihrer Bildung kommen.“390 Als ein weiteres Moment für die mögliche Weiterentwicklung zu einer nationalen Einheitsschule wurde die nach den „Bestimmungen von 1910“ neugeordnete Mittelschule gesehen, denn „wenn es für Preußen überhaupt eine Möglichkeit zur Durchführung der Einheitsschule gibt, so ist sie erst seit 1910 geschaffen worden, denn erst durch die Mittelschule kann die lange entbehrte, organische Verbindung zwischen der höheren Lehranstalt und der Volksschule ohne Zwang hergestellt werden.“391 Es wurde betont, dass Volksschülern nicht der direkte Weg zur höheren Schule offen stand, sondern dass sie den Weg über die Mittelschule nehmen sollten. Dies hätte zwar ein Jahr zusätzliche Schulzeit bedeutet, die aber „von allen Fachmännern für nötig gehalten wird, um für die dem Volksschüler vielfach mangelnde Kultur der Kinderstube einen Ausgleich zu schaffen.“392 Auch die Tatsache, dass die Volksschule „schulgeldfrei“ war, bedeutete für die Eltern der betroffenen Schüler einen zusätzlichen Anreiz, die Volksschule zu akzeptieren. Zwei weitere Punkte erschienen hier noch als Voraussetzung für die Einführung einer nationalen Einheitsschule unabdingbar: Es hätte gelingen müssen, alle Schulen, auch die Mittelschule und die höhere Schule, schulgeldfrei zu machen; und es hätte möglich gemacht werden müssen, „Schüler und Schülerinnen, welche sich als nicht hervorragend befähigt erweisen und doch die Bänke der Mittelschule und der höheren Lehranstalten drücken, zwangsweise auf die Volksschule zu übernehmen.“393
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In einem Beitrag aus dem Jahre 1916394 standen Überlegungen im Vordergrund, wie das Schulwesen nach Abschluss dieses Krieges zu gestalten sei: „Nicht auf die Durchführung irgend einer Schultheorie wird es ankommen, sondern auf die Aufschließung und Fruchtbarmachung aller Lebenskräfte, die in unserem Volke vorhanden sind.“395 Als wesentliches Moment zur Umsetzung einer solchen Forderung galt auch hier die Einheitsschule, unter der die „zwangsweise Ersetzung der Unterstufe und der Vorschule der mittleren und höheren Schule durch die Volksschule“396 verstanden wurde. Begründet wurde dies vor allem damit, dass bis zum Eintritt des fremdsprachlichen Unterrichts die Volksschule dieselben Unterrichtsfächer betreibt wie die Unterstufe und die Vorschule der höheren Schule und der Mittelschule. Daher musste die Volksschule in der Lage sein, die Unterrichtsarbeit für den Eintritt in die Klassen der weiterführenden Schulen zu leisten, in denen der fremdsprachliche Unterricht begann.
Zwei Gründe wurden so in den Vordergrund gestellt, die die Einführung einer Einheitsschule als sinnvoll erscheinen ließen, wobei ausdrücklich „schultechnische“ Überlegungen ausgeschlossen sein sollten: Es waren sozialpolitische und wirtschaftliche Gründe, die als Argumente angeführt wurden. Der gemeinsame Unterricht der Kinder aus den verschiedenen „Volksklassen“ erschien demnach geeignet, eine Annäherung dieser „Volkskreise“ und damit verbunden einen Abbau der Spannungen, die in den Beziehungen der sozialen Gruppen zueinander erkannt wurden, zu erreichen.397 Es wurde davon ausgegangen, dass durch den gemeinsamen Besuch der Schule „die Kinder aus den verschiedenen Ständen auch außerhalb des Schullebens einander näher gebracht werden können und dadurch ein Nähertreten der Familien zueinander veranlaßt werden kann.“398 Es handelte sich hier sicherlich um ein ehrenwertes Motiv, dass bei Aussicht auf Erfolg auch als durchaus berechtigt angesehen werden musste. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass auch bei einer Einordnung in das aktuelle Zeitgeschehen dieser Jahre ein zwangsweise angeordneter gemeinsamer und zeitlich begrenzter Schulbesuch der Kinder aus den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten eine tragende Funktion für einen sozialen Ausgleich bedeuten konnte. Wohl aber konnte erwartet werden, dass das Interesse auch „der höheren Volksschichten“ an der Volksschule zunahm, wenn alle Kinder wenigstens einige Jahre gemeinsam diese Schule besuchten, „denn die Eltern haben das meiste Interesse an der Schule, die ihre Kinder besuchen.“399
Im Zusammenhang mit den sozialen Möglichkeiten, die die Einheitsschule bieten könnte, wurde die wirtschaftliche Bedeutung dieser Schulform gesehen. Im gegliederten Schulsystem galt, „daß die mit dem Erwerb einer erweiterten Allgemein- und Berufsbildung verbundenen Kosten einem tüchtigen Kinde, dessen Eltern in dürftigen Wirtschaftsverhältnissen leben, den Aufstieg in höhere Berufsarten erschweren wenn nicht gar unmöglich machen.“400 Erst die schulgeldfreie Einheitsschule würde den Eltern eine erhebliche Ersparnis bringen. Allerdings wurde auch hier ein strukturelles Modell formuliert, in dem die Einheitsschule sich nur auf die ersten Jahre der Volksschule bezog. Eine wirtschaftliche Bedeutung würde folglich für die Eltern erst dann gegeben sein, wenn die Schulgeldfreiheit auf alle Klassen der mittleren und höheren Schulen ausgedehnt würde. Dies wurde nur dann als mögliche Perspektive gesehen, wenn das gesamte öffentliche Schul- und Unterrichtswesen verstaatlicht würde. Allerdings wären bei Einführung einer vollen Schulgeldfreiheit die entstehenden Kosten vom Schulträger – in der Regel den Kommunen – zu tragen gewesen. Bei einer Verstaatlichung des gesamten Schulwesens mit gleichzeitiger Einführung der Schulgeldfreiheit wäre dann aber der Staat zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet gewesen. Der Staat war zur Übernahme einer derartigen Verpflichtung nicht bereit, da er zu diesem Zeitpunkt mit großen Kriegsfolgelasten zu rechnen hatte.
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In einer aus dem Jahre 1917 vorliegenden Stellungnahme401 wurde gefordert, dass nicht die Verminderung der vorhandenen Schulformen, sondern eine weitgehende Differenzierung mit zusätzlichen Zwischenstufen besser geeignet sei, den Übergang von einer Schulform zu einer anderen zu ermöglichen. Damit konnte sich der geforderte „Aufstieg aus den niederen in die höheren Gesellschaftsschichten stufenweise vollziehen.“402 Dies sollte besonders dadurch erreicht werden, dass zusätzliche Mittelschulen eingerichtet wurden, durch die begabte Volksschüler ohne Schwierigkeiten in die Mittelschule und begabte Mittelschüler in die höheren Schulen übergehen könnten.403 Nicht ein integratives System, in dem die drei bisher bestehenden Schulformen aufgehen sollten, stand im Mittelpunkt der Überlegungen, sondern vielmehr die Vorstellung von einem additiven System, einem Nebeneinander dieser Schulformen mit starker Durchlässigkeit.
In einem Beitrag aus dem Jahre 1919 fordert Schremmer404 die Einbindung der Mittelschule in die Einheitsschule, wobei die Mittelschule auf der vierjährigen Grundschule aufbauen sollte.405 Er forderte: „Die Mittelschule muß und kann hinein in den Bau der vielgenannten Einheitsschule, die durchaus nicht Gleichheitsschule bedeutet. Die Einheitsschule kann nur sein, was sie will und soll wenn eine lebendig gegliederte Anordnung, ein innerlich belebtes Gefüge Grundschule, Mittel-, Ober-, Hochschule einheitlich verbindet. Die Forderung der Einheitsschule, in der die Mittelschule ein unlösliches Glied darstellt, ergibt sich aus dem Gedanken der volksbrüderlichen Gerechtigkeit.“406 Auf ein solches organisches System, dies wurde in der Diskussion um die Einheitsschule aus Sicht der Mittelschule seit 1912 deutlich, richteten sich die Hoffnungen der Mittelschulvertreter. Hier sollte eine Schulform geschaffen werden, die der Mittelschule ihre Eigenständigkeit bewahrte und ihr die Bedeutung verschaffte, die ihr – so wurde unterstellt – zukam. Wie sehr für die Mittelschule gehofft wurde, dass dabei auch die vermeintlichen Ungerechtigkeiten, die der Mittelschule in der Vergangenheit widerfahren waren, abgeschafft würden, soll abschließend durch einige Zitaten, die alle aus dem vorliegenden Artikel stammen, belegt werden: „Die Mittelschule mußte es sich gefallen lassen, dass man von oben auf sie herunter sah, daß ihr das verdiente Recht versagt wurde.“407 – „Man wollte eben die Berechtigungen, die nichts anderes als Vorteile, Vorrechte darstellten, möglichst für sich behalten.“408 – „Dieses System erniedrigte auch alle Jahre die Mittelschule, raubte ihr den besten Glanz.“409 – „Die Unnatur der alten Zustände ist meist nur von denen empfunden worden, die darunter zu leiden hatten. Die anderen übersahen die Not ganz und fanden sich in recht unverantwortlicher Weise damit ab.“410 – „Dies ist die Frage: soll nun endlich der Mittelschule ihr gutes Recht zukommen? Nichts anderes fordert sie, wenn sie sich als ebenso notwendiges wie selbständiges Glied in den ersehnten Neubau des deutschen Schulwesens hineinstellt.“411
Neben den aus der verbandseigenen Zeitschrift herangezogenen Stellungnahmen der Mittelschullehrer sollen weitere Quellen berücksichtigt werden. Diese sind als Korrektiv zur naturgemäß einseitigen Sichtweise der Vertreter der Mittelschullehrer zu sehen.
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Seit W. Reins Darstellung „Die nationale Einheitsschule“412 bestand Übereinstimmung darüber, dass mit der Einführung der Einheitsschule die Vorschulen abgeschafft und diese Funktion auf die unteren Klassen der Volksschule übertragen werden sollte. Diese gemeinsame Stufe sollte für die späteren Mittelschüler und Schüler höherer Schulen obligatorisch sein, so dass diese vier Klassen einen gemeinsamen Unterbau für sämtliche Schulformen bilden würden. „Für die unterste Schicht ist die allgemeine Volksschule bestimmt, die Grundschule, die in sechs Schuljahren die gesamte Schuljugend aufnimmt.“413 Bestandteil dieser Vorstellung war unverändert auch nach dem Weltkrieg die damit verbundene Forderung: „So mannigfaltig nun die Nebenbedeutungen sein mögen, die bewußt oder unbewußt mit den verschiedenen Forderungen nach der nationalen Einheitsschule verbunden werden, in einem Punkt berühren sie sich fast alle, in dem Verlangen, daß die Vorschulen zu verschwinden haben.“414 Dass der „Deutsche Lehrerverein“ im Weltkrieg die Einheitsschule in der Weise forderte, dass als erster Schritt hierzu „die Vorschulen und die unteren Klassen der Mittelschulen“415 abgeschafft werden sollten, zeigt die unterschiedlichen Intentionen für die Begründung der Einheitsschule. Das Ziel des Deutsche Lehrervereins – der die Interessen der Volksschullehrer vertrat – lag vornehmlich in der Aufhebung der Mittelschule.
Inhaltlich waren es aus der Perspektive der Mittelschule im Wesentlichen drei Gründe, die für die Einführung einer so normierten Einheitsschule sprachen:
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Insgesamt zeigte sich, dass damit die Frage nach der Organisation der Einheitsschule auf die verstärkte Durchlässigkeit zwischen den Schulformen Volksschule, Mittelschule und höhere Schule reduziert wurde. Dies bedeutete die Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems mit Zugeständnissen bei den Übergängen zwischen den Schulformen. Alle Möglichkeiten der Steuerung erfolgten nach den Vorstellungen derjenigen, die letztlich über die Aufnahme der „aufstiegswilligen“ Schüler zu entscheiden hatten, also den Leitern der Mittelschulen und der höheren Schulen. Dass dies offensichtlich so gewollt war, zeigt die Aussage von R. Block417, „daß wir unsere Schule zu bilden haben nach der Struktur unseres Volkes und unseres Wirtschaftslebens, daß man aber nicht durch eine besondere Organisation des Schulwesens die Struktur der Gesellschaft herbeiführt.“418
Wie wenig Bereitschaft bestand, an den bestehenden Zuständen grundsätzliche Änderungen herbeizuführen, wird noch einmal durch die Aussage von J. Hacks419 belegt: „Auch haben wir nicht das Recht, an der bewährten Einrichtung unserer höheren Schulen zu rütteln, die bisher mit gutem Erfolg bereits die neunjährigen Kinder in ihre Obhut genommen hat und sich gegen eine Änderung dieses Zustandes mit Recht aufs heftigste sträuben wird. Wir wollen doch dem Gedanken des Aufstiegs der Begabten in allen beteiligten Kreisen, vor allen Dingen bei den Schulmännern Freunde erwerben und nicht ganz unnützerweise Gegnerschaft hervorrufen.“420 Deutlicher konnten potentielle Kritiker, die sich gegen das bestehende Schulsystem wandten, kaum zu einem Wohlverhalten und zu einer kritiklosen Hinnahme der bestehenden Verhältnisse aufgefordert werden. Dabei hatte weitgehend Konsens bestanden in der Frage der Organisationsstruktur der Einheitsschule und auch über die Aufgaben und Ziele, die im folgenden Zitat von E. von Sallwürk421 ihre Zusammenfassung fanden: „Die Einheitsschule ist die Schulform, die auf ihrer Elementarstufe alle Kinder der Nation vereinigt, deren Eltern auf öffentlichen Unterricht für sie Anspruch machen, und die so organisiert ist, dass jedem ihrer Zöglinge der Erwerb einer Bildung verbürgt wird, die seinen Neigungen entspricht und die seiner Befähigung erreichbar ist. Sie ist gleichzeitig die Schule, die den Bildungserwerb unabhängig macht von der pekuniären Leistungsfähigkeit der Schüler.“422 Diese Definition wurde später inhaltlich auch Grundlage der Beratungen auf der Reichsschulkonferenz. Es lassen sich als Hauptthesen ableiten, dass die Einheitsschule sich nur auf den Elementarbereich beziehen sollte, dass jeder Schüler eine seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Bildung erfahren sollte und dass finanzielle Voraussetzungen nicht für den Besuch einer bestimmten Schulform ausschlaggebend sein durften.
Gerade die Reduzierung der Einheitsschule auf den Elementarbereich unter Beibehaltung des gegliederten Schulsystems mit seinen Differenzierungen im mittleren und höheren Bereich legte die Frage nahe, welche Gründe gegen eine durchgreifende Schulreform oberhalb der Grundschule angeführt wurden. Diese Frage soll im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Reichsschulkonferenz aufgeworfen werden.
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Der Entwurf eines „Gesetzes über die Einrichtung von Grundschulen und die Aufhebung der Vorschulen“ stand nach der Beratung und Annahme im Reichsrat am 8. März 1920 in der Nationalversammlung auf der Tagesordnung und wurde an einen Ausschuss überwiesen.423 Dieser Entwurf galt als der erste Schritt zur Durchführung des Artikels 146 der Reichsverfassung, der die organische Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens vorsah. Alle im Zusammenhang mit der Erfüllung der Forderungen des Artikels 146 verbundenen Fragen sollten in einer Reichsschulkonferenz geklärt werden. Die Einberufung einer solchen Reichsschulkonferenz galt als Voraussetzung für eine Reichsschulgesetzgebung und wurde im Februar 1919 von den Regierungen der Bundesstaaten beschlossen.424
Vom 20. bis 22. Oktober 1919 hatten in Berlin im Reichsministerium des Innern die Vorbesprechungen zur Reichsschulkonferenz stattgefunden. Dabei bestand Übereinstimmung, eine Reihe wichtiger Fragen vorab schnellstmöglich durch ein Reichsnotschulgesetz noch vor der Reichsschulkonferenz zu regeln. Dies geschah mit dem Hinweis darauf, dass „eine Reihe von Ländern bereits im Begriffe stehen, selbständig vorzugehen, was Zersplitterung und Unstetigkeit im deutschen Schulwesen nach sich ziehen könnte.“425 Zu den so bereits im Vorfeld der Konferenz entschiedenen Fragen gehörte auch die Festlegung der Grundschuldauer auf vier Jahre; außerdem sollte die Grundschule keine eigenständige Schulart, sondern lediglich die Bezeichnung für die unteren Klassen der Volksschule sein. Beides waren Fragen, über die bei den Beteiligten in dieser Form bereits Konsens bestand.
Eine Reichsschulkonferenz war bereits im Dezember 1918 von der preußischen Regierung gefordert worden; die Vorbereitungen zur Konferenz dauerten das ganze Jahr 1919 bis schließlich der Zeitraum vom 11. - 19. Juni 1920 festgesetzt wurde.426 Zunächst war geplant, die Ergebnisse der Reichsschulkonferenz in die „Weimarer Verfassung“ einfließen zu lassen. Da diese aber bereits am 11. August 1919 verabschiedet worden war, hatte die Reichsschulkonferenz einen Teil ihrer Bedeutung verloren. Ihre Ergebnisse hätten bei der Aussicht darauf, Bestandteil der Verfassung zu werden, mehr Gewicht bekommen.
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Aus der Vielzahl der vorgesehenen Verhandlungspunkte für die Konferenz soll hier lediglich ein Bereich der Tagesordnung auf seine Relevanz für die Mittelschule untersucht werden: Punkt I – Schularten, Schulziel und organische Zusammenfassung zur Einheitsschule.
Zum ersten Tagesordnungspunkt der Reichsschulkonferenz, der sich auf die Einheitsschule bezog, sprachen als Vertreter größerer Verbände fünf „Berichterstatter“, deren Ausführungen hier nur auf ihren Bezug zur Mittelschule hinterfragt werden. Der erste Redner, Prof. Kerschensteiner, stellte seine Konzeption einer Einheitsschule vor, in den Protokollnotizen der Mittelschulvertreter fand sich dazu lediglich der Hinweis: „Auf die Mittelschule ging er nicht ein.“427
Vertiefte Aussagen zur Mittelschule machte dagegen der Vertreter der „Vereinsverbandes akademisch gebildeter Oberlehrer“, Dr. Binder.428 Es vertrat die Auffassung, dass die Grundschule höchstens vierjährig sein dürfe, da der Unterricht in den höheren Schulen sonst zu spät einsetzen würde. Ein stufenförmiger Aufbau, wie er von Vertretern einer konsequenten Einheitsschule gefordert wurde, lehnte er ab und forderte stattdessen eine Verzweigung nach der Grundschule in Volksschule, Mittelschule und Studienanstalten, den höheren Schulen. Die auf der Grundschule aufbauende sechsjährige Mittelschule sollte unter der Voraussetzung eingerichtet werden, dass sie andere „bewährte Bildungseinrichtungen wie die Realschule“ nicht beeinträchtigte. Es durfte demnach nicht Hauptaufgabe der Mittelschule sein, dass sie die Schüler auf die höhere Schule vor-bereitete. Eine Differenzierung zwischen Volksschule und Mittelschule sah Binder in der Weise vor, dass er den Volksschulen den Abschluss für den Übergang in die niederen Fach- und Fortbildungsschulen zusprach und den Mittelschulen, vor allem wegen der fremdsprachlichen Ausbildung, die Qualifikation für den Übergang in die höheren Fachschulen wie Handelsschule, technische Mittelschulen, landwirtschaftliche Fachschulen und Kunstgewerbeschulen.429
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Der Beitrag Binders war in zweierlei Hinsicht bedeutsam: Der erste Aspekt drückte etwas aus über das Klima, das gegenüber der Mittelschule auf der Reichsschulkonferenz herrschte. Die oben angesprochenen Aussagen Binders zur Mittelschule waren Bestandteil seiner schriftlich vorgelegten Stellungnahme. Im Protokoll heißt es dazu: „Im mündlichen Berichte berührte Prof. Dr. Binder die Mittelschule kaum.“430
Für den zweiten Aspekt soll noch einmal zurückgeblickt werden: Bereits am 19. November 1919 hatte der „Verband der akademisch gebildeten Oberlehrer“ in Leitsätzen seine Positionen für die Reichsschulkonferenz festgelegt, die auch die oben vorgetragenen Thesen enthielten. Ergänzend hieß es dort431: „Die Mittelschule muß in den unteren Klassen so gestaltet sein, daß für begabte Schüler der Übergang zur höheren Schule nach drei Jahren noch ohne Zeitverlust möglich ist und auch umgekehrt Schüler der höheren Lehranstalten zur Mittelschule übertreten können. Die Vorbereitung auf die höhere Schule darf nicht eine Hauptaufgabe der Mittelschule werden; ebensowenig darf die Mittelschule die Aufgaben der Mittelstufe der höheren Schule übernehmen.“432 Genau diese Konstruktion aber war es, die die Eigenständigkeit der Mittelschule bewahren und ihren Bestand als Schulform sichern konnte.
Der Fortbestand der Mittelschule war zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs sicher, denn abhängig vom Verlauf der Reichsschulkonferenz wäre auch eine Entwicklung zu einer Einheitsschule möglich gewesen, in der die Mittelschule unter Verlust ihrer Eigenständigkeit aufgegangen wäre. Bei der Interpretation der Aussagen der Vertreter der Oberlehrer ist nun zu berücksichtigen, dass durch die Abschaffung der schulform-abhängigen Vorschule die höheren Schulen ihren Schülernachwuchs aus der allen Schulen gemeinsamen Grundschule beziehen sollten. Die Oberlehrer forderten: „Grundsätzlich darf nicht der Mittelschule, die ihre eigenen, in sich wertvollen Aufgaben und darum auch ihre eigenen Methoden hat und frei entwickeln muß, die Vorbereitung auf die Studienanstalten als eigentlicher Zweck zugemutet, diese dürfen des für ihre Ziele unentbehrlichen eigenen Unterbaus nicht beraubt werden.“433 Die als Aufwertung der Mittelschule zu verstehende Aussage zielte jedoch auf eine eindeutige Abgrenzung der Schulformen voneinander ab. Dieser Gedanke wurde auch dadurch bestätigt wird, dass nur in Ausnahmefällen Übergänge zwischen den Schulformen möglich sein sollten.434 Damit war für den „Verband der akademisch gebildeten Oberlehrer“ die Mittelschule ein Instrument der Bildungsbegrenzung, das einerseits den Volksschülern Aufstiegsmöglichkeiten anbot, andererseits stand diesen aber kein unmittelbarer und unbegrenzter Übergang in das höhere Schulwesen offen. Die Mittelschule wurde dahingehend aufgewertet, da sie als ein „Sammelbecken“ für die sich emanzipierenden, durch die politische und wirtschaftliche Entwicklung nach Bildung strebenden Bevölkerungsschichten benötigt wurde. Diesen Schichten wurde mit der Mittelschule eine Bildungsmöglichkeit geboten, die zwar über die der Volksschule hinausging, ohne dass ihre Schüler aber einen Anspruch auf die Bildung der höheren Schule erhielten. Die Position zeigte, dass hier funktional ein nahtloser Anschluss an die Zeit vor dem Weltkrieg vollzogen wurde. Vor allem war es auch der Anschluss an die Zeit der Institutionalisierung, als der Mittelschule eine gleichlautende Funktion zuerkannt wurde. Aus Sicht der Oberlehrer, die als Vertreter des höheren Schulwesens nicht zu den Verfechtern einer konsequenten Einheitsschule gezählt werden konnten, musste eine aufgewertete, eigenständige und von der Bevölkerung angenommene Schulform wie die Mittelschule auch als eine Instrument im Kampf um die Beibehaltung des gegliederten Schulwesens gelten. Nur in einem solchen System konnten auch die Gymnasien und die anderen Formen des höheren Schulwesens ihre volle Eigenständigkeit behaupten.
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Der Berichterstatter für den „Deutschen Lehrerverein“ war Johann Tews (1860-1937); dieser hatte bereits im Vorfeld dieser Konferenz durch eine Reihe von Beiträgen in pädagogischen Fachzeitschriften auf sich aufmerksam gemacht.435 Deutlich wurde, dass er als Vertreter der Volksschule der Mittelschule mehr als reserviert gegenüberstand. Tews gliederte die „Deutsche Volksschule“436 – so nannte er die Gesamtheit der öffentlichen Unterrichtsanstalten – in insgesamt sieben Stufen, die alle Einrichtungen vom Kindergarten bis zu den Hochschulen umfassten. Nach dem Kindergarten war die Grundschule demnach die zweite Stufe. Nachvollziehbar – aus Sicht der Volksschulvertreter – war der Vorschlag Tews, für die Grundschule die Zeit vom 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr der Kinder vorzusehen. Diese dann sechsjährige Grundschulzeit bedeutete eine Aufwertung dieser Schulform. Auf der dritten Stufe sollte nach Tews eine Differenzierung erfolgen in die „Bürgerschule“, die vom 12. bis zum 14. Lebensjahr dauern sollte und damit der bisherigen achtklassigen Volksschule entsprach, und der „Mittelschule“, die die Jahrgänge vom 12. bis zum 15. Lebensjahr umfassen sollte. Diese gegenüber der Bürgerschule lediglich um ein Jahr längere Schulzeit hätte der Mittelschule kaum die Möglichkeit geboten, sich gegenüber der Bürgerschule als eigenständige Schulart zu profilieren. Genau dies mag aber die Hoffnung Tews gewesen sein, dass mittelfristig eine Verschmelzung von Bürgerschule und Mittelschule notwendig werden würde.
Ergänzend sei die vierte Stufe im System Tews genannt, die „Oberschule“, die nach weiteren drei Schuljahren zum Besuch der Hochschulen berechtigte und die „Berufsschule“, die die Schüler vom 14. bzw. 15. bis zum 18. Lebensjahr aufnehmen sollte. Die Berufsschule sollte nach Tews Vorstellungen den Zeitraum vom 15. bis zum 18. Lebensjahr der Schüler umfassen.
Die näheren Ausführungen von Tews zur Mittelschule lassen erkennen, dass er dieser Schulform durchaus auch Bedeutung zumaß:
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Tews lehnte alle Inhalte in der Mittelschule ab, die dieser Schule den Status einer Standesschule geben könnten. So forderte er: „Den Aufgaben der Mittelschule widerstreitet eine Einengung des Unterrichts auf gewisse, nur für kleine Kreise wichtige Gebiete (alte Sprachen). Darum ist die Errichtung von Mittelschulen mit Sonderlehrplänen, etwa nach dem Muster des Lehrplans für die unteren und mittleren Gymnasialklassen, nicht wünschenswert.“440
Da der Besuch der Oberschule mit dem 15. Lebensjahr beginnen sollte, war die Mittelschule die einzige Schule, nach deren Abschluss der Übergang zur Oberschule möglich war. Die Forderungen Tews, dass die Mittelschule auf den Besuch der Oberschule vorbereitete und dass die Unterrichtsgestaltung an der Mittelschule diesen Übergang ohne Zeitverzug möglich machen sollte, unterstreichet, dass Tews der Mittelschule die Aufgabe einer „Vorschule“ zusprechen wollte. Damit wäre die Mittelschule die Vorbereitungsanstalt für die nächste Stufe und hätte ihre Eigenständigkeit verloren. Bei den vielfach geäußerten Vorbehalten Tews gegenüber der Mittelschule kann durchaus angenommen werden, dass genau diese Intentionen mit dem vorgelegten Konzept verbunden waren.
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Zu der anschließenden Aussprache über die vorgelegten Berichte wurde von den Vertretern der Mittelschule mit einiger Verbitterung vermerkt: „Sowohl von den Berichterstattern als auch von den folgenden Rednern ist die Mittelschule kaum erwähnt worden.“441
Am 3. Februar 1910 wurden vom Ministerium in Preußen die „Bestimmungen über die Neuordnung des Mittelschulwesens“442 vorgelegt. Diese neuen Bestimmungen waren notwendig geworden, weil die Entwicklung zur ausgebauten Mittelschule – mit insgesamt neun Klassenstufen, bei einem dreijährigen Volksschulunterbau – immer weiter fortgeschritten war und die Zahl der Mittelschulen mit weniger als sechs Stufen immer weiter zurückging.443 In ständig zunehmendem Maße umfasste also die Mittelschule mindestens sechs Klassenstufen. Die Gemeinden als die Schulträger drängten auf eine Anpassung der Bildungspläne an gestiegene Anforderungen von Wirtschaft und Verwaltung. Es wurde erwartet, dass die Schule diesen Anspruch erfüllte. Sicherlich hofften die Schulträger dabei, dass sich so die in die Schule investierten Aufwendungen rentieren würden. Diesen Forderungen sollten die neuen „Bestimmungen von 1910“, zu denen auch die Stundenpläne und die Lehrpläne für die einzelnen Unterrichtsfächer gehörten, gerecht werden.444
Für den naturwissenschaftlichen Unterricht ergab sich mit den neuen Vorschriften die erhoffte, wenn auch nur geringfügige Aufstockung der Unterrichtsstunden: Naturgeschichte (Biologie) wurde durchgängig von Klasse VI, der Eingangsklasse, bis Klasse I, der Abschlussklasse, erteilt, Naturlehre – mit den Fächern Physik und Chemie – ab Klasse III. Die weitere Unterteilung, nach der innerhalb des Bereichs „Naturlehre“ das Fach Physik mit der Klasse III, Chemie erst mit der Klasse II begann, bedeutete, dass das Fach Chemie nur in zwei Schuljahren erteilt wurde.445
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Dieser Plan bedeutete insgesamt eine Ausdehnung des natur-wissenschaftlichen Unterrichts, aber dadurch, dass nun alle drei naturwissenschaftlichen Fächer bezüglich der Wochenstundenzahl undifferenziert dargestellt wurden, konnte es zu einer willkürlichen Gewichtung einzelner Fächer an der jeweiligen Schule kommen. Es ist denkbar, dass der gesamte naturwissenschaftliche Unterricht ausschließlich im Fach Biologie erteilt wurde, wenn die Fachlehrersituation einer Schule dies erforderte oder wenn dies im Zusammenhang mit den lokalen Gegebenheiten gewünscht wurde. Allerdings wurde auch das Konzept eines fächerübergreifenden Unterrichts mit dem vorliegenden Plan ermöglicht.
Für die einzelnen Klassen und Fächer wurden wöchentliche Mindest- und Höchststundenzahlen angesetzt. Mit diesem Freiraum konnte auf die an der Schule vorhandene Lehrersituation reagiert werden. Ebenso wurden Differenzierungen bei der Unterrichtsgestaltung ermöglicht.
Tabelle 3 zeigt die für die einzelnen Klassenstufen vorgeschriebene Wochenstundenzahl:
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Tabelle 3: Naturwissenschaftlicher Unterricht ab 1910
Fach |
Klasse446 |
|||||
VI |
V |
IV |
III |
II |
I |
|
Naturkunde |
2 |
2 – 3 |
2 – 3 |
3 – 4 |
3 – 4 |
3 – 4 |
Etwas ausführlicher als in den „Allgemeinen Bestimmungen von 1872“ wurden in den „Bestimmungen von 1910“ die Vorgaben zu den einzelnen Fächern dargestellt.447 Diese waren unterteilt in „Ziele, Aufgaben und methodische Bemerkungen.“448 Weiterhin wurde bei den Inhalten aber zwischen denen für Naturgeschichte und Naturlehre unterschieden. Innerhalb des Bereichs Naturlehre werden nun die Fächer Physik und Chemie differenziert ausgewiesen.449
Als Ziel für den Bereich Naturlehre hieß es: „Kenntnis der wichtigeren physikalischen und chemischen Erscheinungen und Gesetze, insbesondere derer, die für das häusliche, gewerbliche und Verkehrsleben sowie für Klima und Wetter Bedeutung haben.“450 Für eine Schule, die die Vorbereitung ihrer Schüler für das praktische Leben als vordringliche Aufgabe betrachtet, sind die knappen Formulierungen der Ziele für den gesamten Unterricht in den Fächern Physik und Chemie nicht angemessen.
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Das Fach Chemie hatte folgende Aufgaben:451
Mit diesen formulierten inhaltlichen Elementen wollte die Mittelschule an die bisher schon geübte Praxis anknüpfen, dem natur-wissenschaftlichen Unterricht insgesamt einen an der Praxis und den Lebensbereichen der Schüler ausgerichteten Schwerpunkt zu geben. Ein wesentliches Ziel war es, die Schüler zu selbständigem Denken zu erziehen, „aber sie lehrt es an den Dingen der nächsten Umgebung, an dem, was dem Kinde in seinem späteren bürgerlichen Berufe entgegentritt“, und bei dem Verzicht auf die Behandlung der Wissenschaften in ihrer abstrakten Form „wendet sie ihr Gesicht dem praktischen Leben zu.“452
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Zu den „Methodischen Bemerkungen“453 wurden für das Fach Chemie keine Angaben gemacht. Zur Physik hieß es allerdings: „Wünschenswert ist es, die Schüler zur Herstellung einfacher physikalischer Apparate und zur Ausführung leichterer Versuche anzuhalten und dafür im Physikunterrichtszimmer geeignete Einrichtungen zu treffen. Jedenfalls haben die Schüler, soweit der Unterrichtsstoff es ermöglicht, physikalische Apparate wenigstens schematisch zu zeichnen.“454 Sicherlich galten diese Forderungen auch für das Fach Chemie. Gegenüber der Physik hatte das Fach Chemie weiterhin einen geringeren Stellenwert, denn auch die Ziele, Aufgaben und methodischen Bemerkungen zum Fach Physik waren wesentlich umfangreicher dargestellt als für das Fach Chemie, sie wurden auch wesentlich grundsätzlicher behandelt.
Massive Kritik erfuhr der vorgelegte Plan aus den Kreisen der Fachlehrer. Es wurde wohl zugestanden, dass im Fach Biologie, da dieses über sechs Schuljahre hinweg erteilt wurde, der geforderte Stoffplan zu erfüllen sei. Für das Fach Physik aber hieß es in einem Beitrag von O. Meyer455: „In drei Jahresstunden das ganze Riesengebiet der Physik durchzuarbeiten, das ist unmöglich.“456
Weiter hieß es: „Noch schlimmer liegen die Verhältnisse für den Chemieunterricht.“457 Dabei wurde der Umstand herausgestellt, dass für dieses Fach besondere Schwierigkeiten galten, da einmal „die chemische Betrachtungsweise den Schülern etwas wesensfremdes [ist], sie müssen sich erst hineinfinden, dass Luft ein Gemisch, Wasser eine Verbindung ist, daß die Gase H und O unter geeigneten Verhältnissen die Flüssigkeit H2O geben, daß Ruß und Diamant chemisch dasselbe sein sollen“, und zum anderen „beim Einarbeiten in die Materie aus früherer Zeit keine oder wenig geistige Bausteine vorhanden sind.“458 Die Aussagen lassen sich eindeutig so interpretieren, dass dem naturwissenschaftlichen Unterricht in keiner Weise der Raum gegeben wurde, der seiner Bedeutung entsprach.
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Die aufgeführten Beispiele machen durchaus deutlich, dass der Chemieunterricht an der Mittelschule gegenüber den Forderungen von 1872 inhaltlich anspruchsvoller geworden war. Dies wird unterstützt durch den Hinweis, dass die Schüler einzuführen sind in „die Auffassung von Atom und Molekül, in die Sprache der Chemie, denn ganz ohne sie werden wir nicht auskommen.“459 Ebenfalls wird deutlich, dass im Chemieunterricht bereits über die Forderungen der „Bestimmungen von 1910“ hinausgegangen wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass wenige Jahre später völlig andere Auffassungen vertreten wurden: „Die Mittelschule kann die Formeln für die organische Chemie entbehren. Auch in der anorganischen Chemie kann ihr hoher Wert für unsere Schüler bezweifelt werden.“460 Da sich weder in den „Bestimmungen von 1910“ noch in denen von 1925 (Vgl. Kapitel 5.6) Belege finden, die die Forderung nach Behandlung der angesprochenen Thematik rechtfertigen, lag hier ein Beispiel für eine subjektive Stoffauswahl eines einzelnen Autors vor. Dass so weit auseinanderliegende Auffassungen über die Inhalte des Chemieunterrichts vertreten und im Unterricht praktiziert werden konnten, lag auch in den wenig aussagekräftigen Vorschriften begründet. Es kann aber hier auch der Fall vorliegen, dass die Vertreter der beiden Aussagen sich durch ihre Lehrerausbildung unterscheiden, wobei unterstellt werden kann, dass das höhere Anspruchsniveau von einem akademisch gebildeten Mittelschullehrer gefordert wurde.
Die Hinweise auf die zusätzliche Beanspruchung der Schüler im experimentellen Unterricht rechtfertigte durchaus die Kritik an der zu geringen Anerkennung der Naturwissenschaften, die sich in einer zu geringen Stundenzahl in der Stundentafel darstellte. Der Vorschlag, den naturwissenschaftlichen Unterrichts zu Lasten des Unterrichts in den Fremdsprachen auszuweiten, wurde mit dem Argument geführt: „Es hat gleich den höheren Schulen wohl auch in unseren Mittelschulen eine zu starke Betonung und Ausdehnung des fremdsprachlichen Unterrichts stattgefunden.“461 Dieser Ansatz dürfte bei den Lehrern der fremdsprachlichen Fächer kaum Zustimmung gefunden haben. Die stärkere Berücksichtigung der Fremdsprachen wird deutlich bei einem Vergleich der Zahlen für die vorgeschriebenen Jahreswochenstunden: Diese betrugen für die Fremdsprachen (Französisch und Englisch im Plan V der Mittelschule) insgesamt 41 Jahreswochenstunden, für den naturwissenschaftlichen Unterricht insgesamt aber nur maximal 20 Jahreswochenstunden. Dieser Vergleich unterstreicht die These, dass die Mittelschule zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise eine Schulform darstellte, die sich in besonderer Weise den „Realien“, vornehmlich den natur-wissenschaftlichen Fächern, verpflichtet zeigte.
Unter der Frage: „Wie kann der naturwissenschaftliche und mathematische Unterricht der Mittelschule den Forderungen der Gegenwart dienen?“ wurden während des Ersten Weltkrieges von Eckard462 zentrale Positionen zum naturwissenschaftlichen Unterricht formuliert: „Der gesamte Klassenunterricht muss vom Geiste der Zeit durchdrungen sein“ hieß es mit der daran anschließenden Frage: „Wie steht es aber mit dem naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterricht?“463 Dazu gab der Verfasser in einer Reihe von Beispielen Anregungen für Fragen aus dem militärischen Bereich, die im Unterricht besprochen werden könnten. Wurden derartige Fragen in Friedenszeiten im Unterricht kaum erörtert, „verlangt die jetzige Zeit gebieterisch ihre Berücksichtigung, nicht allein deshalb, um das rege Interesse der Jugend zu befriedigen, sondern auch aus dem Grund, um die ‘nicht ethischen’ Fächer mit Erfolg in den Dienst der vaterländischen Erziehung zu stellen“ und „Die Hauptsache ist nur, dass in den Fächern militär- und kriegstechnische Fragen gebührend berücksichtigt werden.“464 Deutlicher ist kaum darzulegen, wie hier versucht wurde, die Schule in den Dienst des Krieges zu stellen. Dies geschah nicht nur, weil den Schülern ein Interesse an den aufgeworfenen technischen Fragen unterstellt wurde, sondern weil damit eine Rechtfertigung des Krieges vermittelt werden sollte. Es gibt einen weiteren Aspekt, der im Zusammenhang mit dem Geographieunterricht herausgestellt wurde: „Es ist wohl anzunehmen, dass der Schüler mit den geographischen Grundbegriffen hinreichend vertraut ist. Jetzt kommt neu hinzu: Die Beurteilung des Geländes nach militärischen Gesichtspunkten. Der Schüler muss vor allem die militärische Bedeutung der Wege, Eisenbahnen, Flüsse und Festungen erkennen.“465 Nachdrücklich wurde so der Schule die Funktion der Vorbereitung der Schüler auf den Einsatz im Krieg zugewiesen. Dazu lassen sich eine Reihe weiterer Forderungen aufzeigen: so sollten aus dem Bereich der Chemie z.B. besprochen werden: Zusammensetzung und Sprengwirkung der verschiedenen Geschosse: „Die ungeheure Wirkung der modernen Geschosse wird bedingt durch die Explosivkraft des rauchschwarzen Pulvers, mit dessen Zusammensetzung und Herstellung sich der chemische Unterricht zu befassen hat;“466 aber auch die Herstellung und die Verwendungsmöglichkeiten von Nitroglycerin und Dynamit sollten behandelt werden.
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Abschließend wurde nachdrücklich gefordert, alle im Physik- und Chemieunterricht behandelten Stoffe unter einem neuen Gesichtswinkel zu behandeln und vor allem deren kriegstechnische Bedeutung darzulegen. „Damit erfüllt auch der naturwissenschaftliche Unterricht eine ethische Aufgabe, indem unseren Schülern zur Erkenntnis gebracht wird, welche Überlegenheit unsere Kriegstechnik zu Land, zu Wasser und in der Luft besitzt, welche gewaltige Kulturarbeit unser deutsches Volk in der langen Friedenszeit geleistet hat.“467
Es ist schon als eine Pervertierung von Erziehung zu bezeichnen, wenn alle im Zusammenhang mit einem Krieg stehenden Fragen als eine „ethische Aufgabe“ bezeichnet werden und wenn die Vorbereitung auf diesen Krieg als „Kulturarbeit“ bezeichnet wird.
In den Jahren zwischen 1910 und 1925 erfolgte eine grundsätzliche Veränderung in der Auffassung über die Methode des natur-wissenschaftlichen Unterrichts. War es in den Jahren vor 1910 der Experimentalunterricht, der als Demonstrationsunterricht durch den Lehrer Eingang in den naturwissenschaftlichen Unterricht gefunden hatte, so kam es dadurch zu einer Erweiterung, dass zunehmend auch Schülerübungen für diesen Unterricht gefordert wurden. Diese Diskussion hatte bereits nach der Jahrhundertwende468 begonnen, wurde aber nun verstärkt wieder aufgegriffen.
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Da es keine verbindlichen Vorschriften zur Anwendung einer bestimmten Methode im naturwissenschaftlichen Unterricht gab, war die Durchführung derartiger Übungen von der Bereitschaft des einzelnen Lehrers und den Voraussetzungen an der jeweiligen Schule abhängig. Diese Einschränkung wurde allerdings nachdrücklich bedauert: „Es wäre erfreulich und jedenfalls nutzbringend gewesen, wenn bereits in den neuen preußischen Lehrplänen die allgemeine Einführung von Schülerübungen vorgesehen worden wäre.“469
In den „Bestimmungen von 1910“ fand diese Forderung ihren Niederschlag, auch wenn dies in den „methodischen Bemerkungen“ zur Naturlehre mit aller Zurückhaltung geschah: „Wünschenswert ist es, die Schüler zur Herstellung einfacherer physikalischer Apparate und zur Ausführung leichterer Versuche anzuhalten und dafür im Physikunterrichtszimmer geeignete Einrichtungen zu treffen. Jedenfalls haben die Schüler, soweit der Unterrichtsstoff es ermöglicht, physikalische Apparate wenigstens schematisch zu zeichnen.“470
In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1910471 fanden sich eine Fülle von Begründungen für diese veränderte Auffassung zur Frage der Methodik: Es wurde dabei deutlich, dass die Erkenntnis noch neu war, „daß der Unterricht zur vollen Übermittlung der in ihm liegenden Bildungswerte am richtigsten von der Selbsttätigkeit des Schülers ausgeht“ und „daß wirkliches Wissen nur durch persönliche Bekanntschaft mit den Tatsachen vermittelt wird.“472 Allerdings bestand noch ein erheblicher Widerspruch zwischen dem in dieser Erkenntnis liegenden Anspruch und der in den „Bestimmungen von 1910“ formulierten Folgerung daraus für den Unterricht. So hätten z.B. die Stundenanteile für den naturwissenschaftlichen Unterricht deutlich erhöht werden müssen. Dass in der durch die Stundentafel zur Verfügung gestellten Unterrichtszeit Experimentalunterricht kaum durchzuführen war, wurde bedauernd zum Ausdruck gebracht: „Denn dass jemand auf den Gedanken kommen sollte, diese Übungen in die eigentlichen Unterrichtsstunden, die neben theoretischen Unterweisungen oft kaum genug Zeit zu Demonstrationen bieten, zu verlegen, dürfte kaum anzunehmen sein.“473
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In einem Beitrag von Krüger über „Physikalische Schülerübungen in der Mittelschule“ aus dem Jahre 1911474 wurden diese Auffassungen noch einmal bestätigt. Einerseits hieß es: „Die Rücksichtnahme auf das praktische Leben ist besonders im mathematisch-physikalischen Unterricht am Platze. Der gewaltige Siegeszug der Technik und der Industrie in den letzten Jahrzehnten, die Fortschritte, welche der menschliche Geist auf allen Zweigen des naturwissenschaftlichen Gebiets errungen hat, der Ausbau, den Physik und Chemie in den letzten Dezennien erfahren haben, haben eine Wertschätzung der Naturwissenschaften zur Folge gehabt, welche nicht ohne Rückwirkung auf das Gebiet der Schule bleiben konnte.“475 Dem sollte nun dadurch Rechnung getragen werden, dass die Mittelschule „den Lehrstoff in Physik und Chemie den Bedürfnissen des praktischen Lebens“476 anpasste. Methodisch wurde dieser Forderung durch Berücksichtigung der neueren Erkenntnisse über den Experimentalunterricht entsprochen: „Die bisher im Physikunterricht übliche Methode ist die sogenannte Demonstrationsmethode, die sich auf den Versuch des Lehrers stützt. Ausgangspunkt für den Unterricht ist die Erfahrung, die durch Beobachtung der Erscheinungen des täglichen Lebens gewonnen wird; als Ersatz für sie tritt der Versuch ein.“477 An dieser Stelle setzte die Kritik an dem bisherigen Verfahren ein: „Und dennoch ist der Versuch – obwohl er nicht entbehrt werden kann und nicht beseitigt werden soll – nicht geeignet, die Schüler zur Selbständigkeit zu führen. Mag der Lehrer auch noch so geschickt experimentieren, die Schüler spielen dabei eine mehr oder weniger passive Rolle.“478 Erst durch gleichzeitige Übung von Auge und Hand, durch Anleitung zum Beobachten und Durchdenken durch den Lehrer konnte eine umfassende, gründliche Durchdringung des Stoffes gewährleistet und ein nachhaltiges Interesse beim Schüler geweckt werden.
Damit war die Überleitung zu der neuen methodischen Konzeption gegeben: Der Mangel solcher Übungen, „die Hand, Sinn und Denken“ gleichzeitig in Anspruch nahmen, bestand bereits seit langem und hatte die Forderung nach Schülerübungen ausgelöst. Damit ist die stringente Hinführung zu der methodischen Notwendigkeit der Schülerübungen nachvollzogen und aufgezeigt. Welche Schwierig-weiten sich aber für die praktische Umsetzung in der Schule ergeben hatten, wird im Ansatz in den Beiträgen hierzu deutlich. Im Vordergrund stand dabei der Vorwurf, dass der notwendigen Umsetzung in der Schule nur eingeschränkte Möglichkeiten gegeben waren: Es standen keine entsprechenden Räume zur Verfügung, die Schulen verfügten nicht über die notwendigen Materialien, es fehlten finanzielle Mittel für die Ausstattung und auch entsprachen die Stundentafeln mit den ausgewiesenen Wochenstundenzahlen diesen Ansprüchen in keiner Weise.
Wie wenig diese neue Methode bisher in der Unterrichtsarbeit der Schule Verbreitung gefunden hatte, wird durch die Forderungen der Lehrer deutlich, ihnen sowohl einführende organisatorische als auch inhaltliche Hinweise zu geben. Inhaltliche Vorschläge, z.B. über Auswahl und Umfang der Experimente werden nur spärlich gemacht, was sicherlich seinen Grund darin hatte, dass auch die Verfasser der Bestimmungen keine Erfahrung mit dieser methodischen Konzeption hatten. So hieß es über die Organisation: „Um die Schüler aktiv an dem Versuch des Lehrers teilnehmen zu lassen, hat man empfohlen, sie zur Hilfeleistung heranzuziehen“, wobei durchaus die Nachteile eines derartigen Verfahrens erkannt wurden:„Etwas besser ist schon der Vorschlag, von den Schülern die Experimente des Lehrers nachmachen zu lassen.“479 Auch hier wurden die damit verbundenen Nachteile erkannt, denn es wurde darauf hingewiesen, dass bei diesem Verfahren immer nur einige Schüler Gelegenheit zu praktischer Arbeit hatten und dass der Ablauf des Experiments und die Ergebnisse schon bekannt waren.480
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Als die beste Art Schülerübungen durchzuführen, wurde gesehen, „daß der Schüler unter Anleitung des Lehrers im Unterrichtszimmer Versuche anstellt, durch die er das Neue sich gewissermaßen erarbeitet. Die Übungen treten also an die Stelle des Demonstrationsversuches und bilden nächst der Erfahrung die Grundlage des Unterrichts.“481 Ganz offensichtlich blieb es bei der Frage über den Einsatz des Experiments bei der Auffassung, dass der Unterricht vom Experiment ausgehen musste, nur dass dieses nun statt vom Lehrer vom Schüler durchgeführt wurde. Als erhebliche Erschwernis für Schülerübungen wurden die großen Schülerzahlen in den Klassen gesehen, die für die Mittelschule nur das „Arbeiten in gleicher Front“ erlaubten. Wegen der großen Schülerzahl „kann man sich behelfen, indem man mehrere Schüler zu einer Gruppe vereinigt“ – „Das Ideal wäre es, wenn nur immer zwei Schüler zu einer Gruppe vereinigt würden.“482 Schüler-Arbeitsgruppen waren also lediglich die unerwünschte aber notwendige Konsequenz aus der Klassensituation. Fachübergreifende Aspekte, die Erziehung zu sozialen Verhaltensweisen, zu Partnerschaft oder Teamarbeit durch die Gruppenarbeit wurden zu dieser Zeit als Prinzip und als ein Bestandteil der praktischen Arbeit mit Schülergruppen noch nicht diskutiert.
Völlig andere Intentionen wurden mit den „Schülerübungen im Naturlehreunterricht“ in einem Artikel von W. Meyer aus dem Jahre 1915483 verbunden, nicht so sehr bezüglich der Organisation oder der Inhalte, sondern vor allem wegen der Begründung dieser Unterrichtsform. Hier wurde der Krieg als Begründung für eine Reform des Naturlehrerunterrichts benutzt: „Die folgenden Ausführungen wollen die Frage untersuchen, ob nicht der Verlauf des Weltkrieges einen Einfluss auf den Betrieb unseres Naturlehreunterrichts zeitigen könnte, ob nicht dieser furchtbare Existenzkampf die Ursache werden kann, eine schon vor dem Ausbruche des Krieges von vielen Schulmännern angestrebte Reform des Naturlehreunterrichts nun mit Umsicht und Tatkraft auszuführen.“484
Die Notwendigkeit einer solche Reform wurde im folgenden definiert: Im 18. Jahrhundert und der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen die großen Erfinder und Techniker aus England, bis dann von der Mitte des Jahrhunderts an „ein Erlahmen des englischen Erfindergeistes“485 eintrat. „Zwei Drittel aller Erfindungen der letzten vierzig Jahre wurden von Deutschen gemacht, und deutsche Naturwissenschaft bereitet die Fortsetzung dieser Kette vor.“486 Dass bei dieser Entwicklung der naturwissenschaftliche Unterricht in den Schulen seinen Anteil hatte, wurde unterstellt: „Da der mächtige Aufschwung unseres Handels und unserer Industrie parallel lief mit der intensiven Förderung, deren sich der physikalische und chemische Demonstrationsunterricht bei uns im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu erfreuen hatte, so lag die Annahme nicht fern, dass die Pflege des physikalischen und chemischen Unterrichts unseren wirtschaftlichen Aufschwung und den dadurch entstandenen Wettbewerb Deutschlands auf dem Weltmarkte zum Teil verursacht habe.“487 Nachdem nun die Engländer die Gefahr erkannt hatten, auf den ihnen angestammten Märkten den Anschluss zu verlieren, „warf man sich mit großer Energie auf eine Reform des naturwissenschaftlichen Unterrichts.“488 Dazu wurden eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, z.B., dass den Schulen eine bessere finanzielle Ausstattung gewährt wurde, dass selbst in mittleren Lehranstalten chemische und physikalische Laboratorien eingerichtet wurden, dass die Ausbildung der die naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtenden Lehrkräfte verbessert wurde und die Stundenzahlen in den naturwissenschaftlichen Fächern erhöht wurden. Der entscheidende Schritt aber ergab sich aus der Erkenntnis, dass der physikalische und chemische Unterricht seinen vollen Bildungswert nur dann zeigen kann, wenn es gelingen könnte, den Schüler zum eigenständigen Experimentieren anzuhalten. So wurde an den englischen Schulen das Schülerexperiment als methodische Komponente in den naturwissenschaftlichen Unterricht aller Schulformen eingeführt. In England bestand nun nach der Überzeugung Meyers die Hoffnung, durch die Einführung der neuen Methode des Laboratoriumsunterrichts letztlich Deutschland auf allen Gebieten des Handels und der Industrie wieder zu überholen.489
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Auf Deutschland übertragen ergab sich aus Sicht von Meyer die nationale Pflicht, „selbst während des Völkerringens nach Mitteln zu suchen, uns durchzusetzen, koste es, was es wolle. Mit gerechtem Stolz spricht es heute jeder Deutsche aus, daß die gewaltigen Erfolge, daß diese gewaltigen Ruhmestaten auch unserer Organisationskraft und Technik zu danken sind. Die U-Boote und 42 cm-Geschütze sind populär geworden, nicht nur in Deutschland. Und hier liegt ein Anhaltspunkt, ein Fingerzeig für die Zukunft! Wir müssen viel mehr, als es bis jetzt geschehen, in unserer Erziehung und unserem Unterricht dahin streben, praktische Menschen heranzubilden, Menschen die nicht nur viel wissen, sondern auch imstande sind, ihr Wissen zu verwerten. Und von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, dürfte den physikalischen und chemischen Schülerübungen in unserer zukünftigen Einzel- und Schulerziehung eine nicht geringe Bedeutung zukommen.“490
Weiter stellte Meyer für die deutschen Schulen fest, dass hier der weitaus größte Teil der Schüler die Experimente, da sie nur vom Lehrer demonstriert wurden, lediglich „passiv hinnehmen“ kann, dass die Aneignung physikalischer und chemischer Kenntnisse vor allem dem „Gedächtnis zugemutet“ wird, dass immer noch „Tafel, Kreide, Schwamm und Lehrbuch“ die einzigen Lehr- und Lernmittel im naturwissenschaftlichen Unterricht sind491. Daraus resultierte die Forderung: „Der moderne Demonstrationsunterricht muss allmählich, doch so schnell wie möglich in den auf praktische Übungen sich gründenden Unterricht übergehen.“492 Damit erhielt die Forderung nach praktischer Schülerarbeit im naturwissenschaftlichen Unterricht hier eine lernpsychologische Begründung.
Mit dem Beitrag von Meyer liegt ein überzeugendes Beispiel dafür vor, wie es einem Autor gelang, Forderungen nach Veränderungen im naturwissenschaftlichen Unterricht argumentativ einzubetten in die kriegerische Auseinandersetzung mit England. Er musste einerseits die Unterrichtsgestaltung mit Schülerübungen in England als die überlegene bezeichnen, weil sie als vorbildlich gelten sollte. Gleichzeitig musste er die Leistungen der Schulen in Deutschland als die den englischen Schulen überlegeneren hinstellen, denn es konnte in der Sicht des Autors nicht sein, dass andere als die deutschen Schulen gute Leistungen brachten. Dabei bediente sich der Verfasser – wahrscheinlich nicht einmal unbeabsichtigt – der psychologisch interessanten Wendung, dass „unsere Feinde“ physikalische und chemische Schülerübungen „zu dem Zwecke in die Unterrichtspraxis ihrer Schulen eingeführt haben, um uns auf dem Gebiete des Welthandels zu überflügeln.“493 Für Deutschland schlussfolgerte Meyer hinsichtlich der Einführung von Schülerübungen: „das wird und muss die zukünftige Aufgabe unseres physikalischen und chemischen Unterrichts sein, wenn unser Volk auf der wirtschaftlichen Höhe bleiben soll“494. Nach Meyer konnte es eine Verbesserung der Verhältnisse in Deutschland mit von England übernommenen Methoden nicht geben.
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Auch in dem hier betrachteten Zeitraum sollte sich die in Kapitel 3.6 skizzierte Schulbuchsituation nicht umfassend verändern. Dies wird in einem Beitrag von Hesse in der „Mittelschule“ aus dem Jahre 1913495 deutlich: „Wenn man nun aus den eingeführten Lehrbüchern einen Schluß auf die Lehrweise ziehen darf, dann ist an der preußischen Mittelschule noch mancherlei zu wünschen.“496 Hesse übt vor allem Kritik an den Schulbüchern für die Fächer Mathematik, Physik und Chemie. Er behauptete, dass „der Mittelschullehrer noch nicht an der Arbeit gewesen ist, der ein wirklich brauchbares Buch für diese Disziplinen geschrieben hat.“497 Dann bestätigte er den Vorwurf, der bereits Grundlage für die oben geäußerte Kritik war: „Die meisten dieser Bücher waren mehr oder weniger gelungene Auszüge aus entsprechenden Büchern der höheren Lehranstalten.“498 Hesse nannte drei Kritikpunkte, die sich auf das Schulbuch bezogen:
Damit wurde im Ansatz noch einmal bestätigt, dass Hesse dem Schulbuch eine ganz wesentliche Bedeutung für die Entwicklung der Mittelschule zu einer eigenständigen Schulform zugemessen hat. Bestätigt werden sollen die Vorwürfe an zwei Beispielen: Es handelt sich um die Bücher von Haak u.a.: „Naturlehre für Mittelschulen und verwandte Lehranstalten“501 aus dem Jahre 1910 und von Rolle: „Naturlehre für Mittelschulen und andere Schulanstalten mit ähnlichen Lehrzielen“502 aus dem Jahre 1914. In beiden Fällen waren also neben der Mittelschule auch andere Schularten angesprochen. Für den Zeitraum von 1910 bis 1925 läßt sich lediglich ein Schulbuch nachweisen, das ausschließlich für den Chemieunterricht an der Mittelschule konzipiert wurde: Franke u.a.: „Chemie für Mittelschulen“.503
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Eine Rezension aus dem Jahre 1914 lässt vermuten, dass zu dieser Zeit Schulbücher für die einzelnen Fächer noch nicht grundsätzlich üblich waren. Dies lässt sich ableiten aus der Rezension eines „Realienbuches“,504 bei dem auch Einblicke in die Unterrichtsarbeit möglich werden: In dem rezensierten Buch sind die „Lernstoffe bewusst nicht ausführlich dargestellt, damit der „Lehrer nicht überflüssig wird“ und „dem Schüler eine selbständige Geistesarbeit nicht erspart bleibt“, so dass der Unterricht „rechter Arbeitsunterricht“505 wurde; zur Vertiefung und Belebung waren zu den Lernstoffen jeweils als Quellen Lesestoffe zugeordnet, die auch für die häusliche Erarbeitung geeignet waren. Als Neuerung wurde nachdrücklich die Aufnahme realistischer Stoffe in dieses Realienbuch erwähnt. Mit der „Trennung in einen litterarischen und rein realistischen Teil“506 war nach Jacob die pädagogische Forderung nach der Gestaltung derartiger Bücher erfüllt, deren Vorteile dem Deutsch- und dem Realunterricht zugute kamen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die geäußerte Erwartung, dass zukünftig auch Lesebücher einen realistischen Teil enthalten sollten, da nur dann das Lesebuch den Realfächern gerecht werden könne. Dies bestätigt die Auffassung, dass wahrscheinlich häufig der Unterricht in den realistischen Fächern – auch den naturwissenschaftlichen – durch Einsatz des Lesebuches gestaltet wurde.
Ebenso beginnt in diesem Zeitraum offensichtlich eine verstärkte Einflussnahme auf das Schulbuch-Genehmigungsverfahren durch die Regierung. Mit Datum vom 15. Januar 1912 richtete die Königliche Regierung zu Schleswig eine Verfügung an die Kreisschulinspektoren: „Es erscheint aus mehrfachen Gründen geboten, daß in den Mittelschulen unseres Bezirks, soweit nicht besondere örtliche Verhältnisse dagegen sprechen, einheitliche Lehrbücher benutzt werden.“507 In Verbindung mit diesem Erlass wurde eine Liste mit den Büchern vorgelegt, für die sich „die Mehrzahl der Antragsteller“ ausgesprochen hatten, bzw. die der Regierung besonders geeignet erschienen. Hierbei fällt auf, dass für nahezu alle Fächer nur jeweils ein Buch vorgelegt wurde. Damit stand für den gesamten Bereich der Naturwissenschaften – Biologie, Chemie und Physik – lediglich ein Buch zur Verfügung. Der in den „Bestimmungen von 1910“ erhobenen Forderung, dass sich die Mittelschulen in ihrer Arbeit den örtlichen Verhältnissen anpassen sollten, konnte kaum entsprochen werden, wenn aufgrund der genannten Verfügung Schulen alternative Lehrbücher nicht einsetzen konnten.
Als zweite Quelle soll das „Handbuch für den physikalischen Unterricht an Volks-, Mittel- und Realschulen“ aus dem Jahre 1919 von Dannemann508 dienen. Die Bedeutung des Schulbuchs artikulierte Dannemann: „Nicht minder wichtig als die Vorbereitung und die Hilfsmittel für den physikalischen Unterricht ist das Lehrbuch. Es dürfte heute darin wohl Übereinstimmung herrschen, dass auch der tüchtigste Lehrer ein Lehrbuch nicht entbehren kann.“509 Es sind drei Aspekte, die als Begründung für diese These in den Vordergrund gestellt werden:
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Das Lehrbuch sollte
Auch die Möglichkeit, dass der Lehrer einzelne Passagen aus dem Lehrbuch diktierte, wurde als zu zeitraubend definiert. Da diese Möglichkeit aber überhaupt angesprochen wurde, kann vermutet werden, dass dieses Verfahren für die Arbeit in der Schule nicht grundsätzlich ausgeschlossen war. Ein Grund für einen Verzicht auf Schulbücher könnte gewesen sein, dass vielen Schülern wegen der zu hohen Preise diese Bücher nicht zur Verfügung stehen.
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In dem ‘Handbuch’ wurde ferner ein Aspekt angesprochen, der den wesentlichen Wandel in der Gestaltung der Schulbücher deutlich machte: „daß das Lehrbuch von früher mehr einen bloßen Abriß einer bestimmten Wissenschaft darstellte, während es heute durch die Methode und die ganze Art der Darstellung einen mehr oder minder stark persönlichen Zug erhält.“510 Diese Veränderung in der Gestaltung der Schulbücher mit dem Wechsel von der bisher geübten enzyklopädischen Art zu einer Darstellung mit einer kind- und schülergerechten methodischen Aufbereitung wurde vielfach als ein „Wagnis“511 aber auch als Fortschritt bezeichnet. Mit dieser Entwicklung wurde aber auch die Forderung unterstützt, dass das Schulbuch nicht nur die Fakten des Unterrichts wiedergeben sollte, sondern verstärkt den Ablauf des Unterrichts unterstützend begleitete. Damit bekam das Schulbuch zu diesem Zeitpunkt verstärkt eine pädagogische Funktion.
Der zweite Aspekt, die Frage ob ‚nach dem Buch unterrichtet wird’, konnte nach Dannemann nicht bedeuten, dass „der Lehrer sich an das Lehrbuch anklammern“ sollte, sondern dass das Buch lediglich eine Richtschnur für die Unterrichtsgestaltung angab. Der Hinweis, dass dies gerade für „junge Kräfte, die frisch von der Universität oder dem Seminar kommen“512 eine Hilfe sein konnte, bestätigt die Auffassung, dass das Lehrbuch häufig einen Lehrplan ersetzen musste. Als eine wesentliche Funktion wurde in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass das Lehrbuch „Lücken ausfüllen“ konnte, die im Unterricht dadurch entstanden waren, dass der Lehrer einzelne Stoffgebiete, z.B. aus Zeitgründen, nur unterschiedlich intensiv behandeln konnte. Dabei wurde unterstellt, dass der Schüler sich solche Gebiete eigenständig erarbeitet.
Die dritte an das Lehrbuch gestellte Forderung lautete, „daß das Lehrbuch sich für die häusliche Wiederholung eignet.“513 Dies durfte aber nicht bedeuten, dass der Schüler ausschließlich als Hausarbeit den Stoff erarbeiten sollte, sondern „daß es der Schüler auch außerhalb der Schulzeit gern in die Hand nimmt, weil es ihn anregt und ihn zu fesseln vermag.“514 Die aufgestellten Forderungen zeigen deutlich den sich in dieser Zeit anbahnenden Wechsel in der Konzeption von Schulbüchern: Die bisher vertretene Auffassung wird durch die folgende Aussage verdeutlicht, dass „manche Lehrbuchverfasser sich bemüht [haben], dem Schüler nur das Gerüst der Wissenschaften zu bieten. So sind dann Bücher entstanden, die sich wie eine nüchterne Tabelle, wie ein fleischloses Gerippe ausnehmen. Sie mögen mit ihrer Zerhackung in Definitionen, Gesetze, Formeln, Statistiken usw. pedantische Lehrer erfreuen, den Schüler lassen sie indessen kalt.“515 Begrüßt wurden stattdessen „die trefflichen Lehrbücher, die heute zur Geltung gelangt sind und das Einflößen von gedächtnismäßig anzueignendem Stoff durch eine den Schüler zum Denken anregende und auf seine sprachliche Ausbildung hinwirkende Darstellung“516 zeigen. Dies kann für das Schulbuch von Grüner517 gelten, da hier einmal Versuche anschaulich erläutert werden, aber auch durchaus unterhaltsame, auf die Thematik bezogene Beiträge eingefügt sind.
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Eine inhaltliche Forderung an das Schulbuch bezieht sich auf das induktive Verfahren. So sollte das Schulbuch zu erarbeitende Theorien und Gesetze nicht als Voraussetzung an den Anfang der Darstellung stellen. Sie sollten erst dann vorgestellt werden, wenn die Voraussetzungen dafür durch den Unterricht geschaffen waren. Auch dies entsprach durchaus nicht der in den bisher verwendeten Schulbüchern geübten Praxis. Diese Forderung muss als eine pädagogisch sinnvolle und notwendige Verbesserung gesehen werden.
280 Bestimmungen über die Neuordnung des Mittelschulwesens in Preußen vom 3. Februar 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 345 ff.
281 Im weiteren Verlauf werden diese als „Bestimmungen von 1910“ bezeichnet.
282 von Trott zu Solz war preußischer Kultusminister von 1909 bis 1917
283 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 347
284 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 347
285 WILKE: Zur Durchführung der neunstufigen Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 181
286 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 347
287 WILKE: Zur Durchführung der neunstufigen Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 182
288 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 349
289 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 349
290 Ebd., S. 348
291 Ebd., S. 357
292 Ebd., S. 357
293 SPORLEDER: Die neuen Bestimmungen über die Knabenmittelschulen. In: MS 26 (1912),
S. 39
294 Ebd.
295 HESSE: Mittelschule und höhere Schule. In: MS 27 (1913), S. 325-338
296 Ebd., S. 335
297 Vgl. ebd., S. 336
298 Ebd.
299 SIMON: Mittelschule oder Rektoratsschule. In: MS 32 (1918), S. 410
300 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 347
301 Ebd.
302 Bestimmungen von 1910. In. ZENTRALBLATT 1910, S. 349
303 Ebd., S. 361
304 Ebd., S. 395
305 Ebd., S. 385
306 Ebd., S. 382
307 Ebd., S. 365
308 Ebd., S. 387
309 MAENNEL: Von der Schule des Mittelstandes. 1914, S.47
310 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 385
311 Ebd., S. 349
312 Ebd.
313 SPORLEDER: Die neuen Bestimmungen über die Knaben-Mittelschulen. In: MS 26 (1912),
S. 43
314 ECKARD: Wie kann der naturwissenschaftliche und mathematische Unterricht den Forderungen der Gegenwart dienen? In: MS 29 (1915), S. 73-87
315 Ebd., S. 87
316 Ebd., S. 73
317 Ebd., S. 74
318 Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. In: HUBER: Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 3, 1918-1933. 1966
319 Ebd., S. 149 f
320 Gesetz, betreffend die Grundschulen und Aufhebung der Vorschulen. In:
REICHSGESETZBLATT 1920, S. 851 f
321 Ebd., § 1
322 Ebd., § 2
323 SCHMIDT: Fünf- oder sechsstufige Mittelschule? In: MS 36 (1922), S. 4-10
324 Ebd., S. 6
325 Ebd., S. 8
326 Ebd., S. 9
327 Ebd.
328 WILKE: Zur Durchführung der neunstufigen Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 181-189
329 Ebd., S. 187
330 CÖLLN: Von der Mittelschule in der Kleinstadt und auf dem Lande. In: MS 32 (1918), S. 387
331 SCHREMMER: Die Mittelschule im Neubau des deutschen Schulwesens. In: MS 33 (1919),
S. 257-269
332 Ebd., S. 258
333 Ebd., S. 265 f
334 Ebd., S. 265
335 Ebd., S. 264
336 o.V.: Die Schule der mittleren Reife. In: MS 37 (1923), S. 81-83
337 Ebd., S. 81
338 Ebd.
339 Berechtigungen für Schüler und Schülerinnen voll eingerichteter Mittelschulen. In:
ZENTRALBLATT 1911, S. 396
340 MAENNEL: Von der Schule des Mittelstandes. 1914
341 Ebd., S. 62
342 o.V.: Zulassung zur Kommissionsprüfung. In: MS 25 (1911), S. 673
343 Der Brief wurde veröffentlicht in: MS 26 (1912), S. 175
344 o.V.: Die Berechtigungsfrage. In: MS 28 (1914), S. 301-307
345 Ebd., S. 305
346 Vgl. Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 347
347 Vgl. ebd., S. 384
348 Prüfungen an den höheren Lehranstalten für Schüler von Mittelschulen, Privatschulen usw. behufs Nachweises der wissenschaftlichen Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst. In: ZENTRALBLATT 1914, S. 567 f.
349 Ebd., S. 568
350 o.V.: Erweiterung der Berechtigung der Mittelschüler. In: MS 34 (1920), S. 475
351 Ebd., S. 475
352 Wegfall der Kommissionsprüfungen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst. In: ZENTRALBLATT 1920, S. 224
353 Ebd.
354 Bewertung der Reifezeugnisse einer als voll ausgestaltete Anstalt anerkannte Mittelschule. In: ZENTRALBLATT 1921, S. 157
355 Ebd.
356 o.V.: Bericht über die Sitzung des preußischen Landtags. In: MS 26 (1912), S. 247 f .
357 Ebd.
358 Ebd.
359 Ebd., S. 248
360 HEINEMANN: Geschichte der preußischen Mittelschule. 1931, S. 95
361 KLEIN: Über die geplanten mathematisch-naturwissenschaftlichen Vorbereitungskurse für
Mittelschullehrer. In: Aktuelle Probleme der Lehrerbildung. 1911, S. 11-15
362 Ebd., S. 11
363 Ebd., S. 12
364 Einrichtung von Kursen zur Vorbildung von Mittelschullehrern. In: ZENTRALBLATT 1912,
S. 218
365 Ebd., S. 219
366 GABBERT: Die Vorbildung des Mittelschullehrers. In: MS 25 (1911), S. 211-218
367 Ebd., S. 211
368 HEINEMANN: Die Vorbildung der Mittelschullehrer. In: MS 34 (1920), S. 165 ff
369 Ebd., S. 166
KORSTEN: Die zukünftige Lehrerbildung und wir Mittelschullehrer. In: MS 36 (1922),
S. 418-423 und S. 465-469
371 Ebd., S. 419
372 Ebd., S. 420
373 Ebd., S. 469
374 SCHWARZHAUPT: Zur Lehrerbildungsfrage. In: MS 38 (1924), S. 306 f
375 Ebd., S. 306
376 Ebd., S. 307
377 Vgl. HORNEMANN: Deutscher Einheitsschulverein. In: Gymnasium 5 (1887), S. 45-50
378 Ebd., S. 49
379 FRIEDRICHS: Was hat die Mittelschule von der Einheitsschule zu erwarten? In:
MS 26 (1912), S. 621-623
380 Ebd., S. 621
381 Ebd., S. 620
382 Vgl. ebd., S. 621
383 Ebd., S. 621
384 Ebd., S. 622
385 Ebd.
386 Ebd.
387 Ebd., S. 623
388 POPPE: Die Mittelschule und die nationale Einheitsschule. In: MS 28 (1914), S. 434 f
389 Ebd.
390 Ebd.
391 Ebd., S. 435
392 Ebd.
393 Ebd.
394 VOLLMER: Einheitsschule oder sachgemäße Angliederung der verschiedenen Schularten
aneinander? In: MS 30 (1916), S. 121-128
395 Ebd., S. 121
396 Ebd., S. 123
397 Vgl. ebd., S. 124
398 Ebd.
399 Ebd., S. 125
400 Ebd.
401 STÄHLIN: Aus dem Kampf um die Einheitsschule. In: MS 31 (1917), S. 616 ff
402 Ebd., S. 618
403 Ebd., S. 616
404 SCHREMMER: Die Mittelschule im Neubau des deutschen Schulwesens. In: MS 33 (1919),
S. 257 ff
405 Ebd., S. 259
406 Ebd.
407 Ebd., S. 257
408 Ebd., S. 258
409 Ebd.
410 Ebd., S. 259
411 Ebd.
412 REIN: Die nationale Einheitsschule. 1902
413 Ebd., S. 388
414 WEISS: Der Sinn der nationalen Einheitsschule. 1919, S. 5
415 BLOCK: Schulfragen der Gegenwart. 1916, S. 6
416 ACHINGER: Zur Frage der Einheitsschule. 1916, S. 7
417 BLOCK: Schulfragen der Gegenwart. 1916
418 Ebd., S. 13
419 HACKS: Der Aufstieg der Begabten und die Einheitsschule. 1917
420 Ebd., S. 66
421 SALLWÜRK: Die deutsche Einheitsschule und ihre pädagogische Bedeutung. 1919
422 Ebd., S. 3
423 Vgl. SCHMIDT: Die Schulreformbewegung. In: MS 34 (1920), S. 135
424 Vgl. ebd.
425 Ebd.
426 Vgl. HEYDORN H.J.; KONEFFKE, G.: Zur Bildungsgeschichte des deutschen Imperialismus.
1973, S. 39
427 Die Aussagen beziehen sich auf die Protokolle, veröffentlicht in: MS 34 (1920), S. 284 ff.
428 BINDER: Protokoll zur Reichsschulkonferenz. In: MS 34 (1920), S. 281 ff
429 Vgl. ebd. S. 285
430 Ebd.
431 Vgl. SCHMIDT: Die Schulreformbewegung. In: MS 33 (1919), S. 536 ff
432 Ebd., S. 538
433 Vgl. BINDER: Protokoll zur Reichsschulkonferenz. In MS 34 (1920), S. 285
434 Vgl. ebd.
435 u.a.: Johannes Tews über die Einheitsschule. In: Der Volksschullehrer 10 (1916), S. 266-269
Gegner der Einheitsschule. In: Die deutsche Schule 22 (1918), S. 358-369
Die Vorzüge der Einheitsschule in der Kleinstadt. In: Pädagogisches Archiv 30 (1888),
S. 419-423
436 Vgl. TEWS: Protokoll zur Reichsschulkonferenz. In: MS 34 (1920), S. 287
437 Vgl. ebd., S. 288
438 Vgl. ebd.
439 Vgl. ebd.
440 Vgl. ebd.
441 Ebd., S. 289
442 Bestimmungen von 1910. In: ZENTRALBLATT 1910, S. 345 ff
443 Vgl. MAASSEN: Geschichte der Mittel- und Realschulpädagogik; 2.Bd. 1961, S. 26
444 Vgl. ebd. S. 27
445 Vgl. Bestimmungen von 1910. S. 352
446 Klasse VI ist die Eingangsklasse, Klasse I die Abschlussklasse.
447 Bestimmungen von 1910, S. 362 ff
448 Ebd.
449 Ebd., S. 394
450 Bestimmungen von 1910, S. 394
451 Ebd., S. 395
452 WILKE: Zur Durchführung der neunstufigen Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 182 ff
453 Vgl. Bestimmungen von 1910, S. 395
454 Vgl. ebd., S. 396
455 MEYER: Ein Stiefkind in unserem Mittelschullehrplan. In: MS 37 (1923), S. 102 f
456 Ebd., S. 101
457 Ebd.
458 Ebd.
459 Ebd.
460 BUHTZ: Die Mittelschule. 1926, S. 111
461 MEYER: Ein Stiefkind in unserem Mittelschullehrplan. In: MS 37 (1923), S. 102
462 ECKHARD: Wie kann der naturwissenschaftliche und mathematische Unterricht der
Mittelschule den Forderungen der Gegenwart dienen? In: MS 29 (1915), S. 73 ff
463 Ebd., S. 73
464 Ebd., S. 74
465 Ebd., S. 75
466 Ebd., S. 82
467 ECKARD: Wie kann der naturwissenschaftliche und mathematische Unterricht der
Mittelschule den Forderungen der Gegenwart dienen? In: MS 29 (1915), S. 86
468 FISCHER: Der naturwissenschaftliche Unterricht – insbesondere in Physik und Chemie – bei
uns und im Auslande. 1904
469 Ebd., S. 18
470 Bestimmungen von 1910, S. 396
471 SCHWEDLER: Schülerübungen im physikalischen und chemischen Unterricht. In: MS 24 (1910), S. 467 ff
472 Ebd., S. 469
473 Ebd., S. 468
474 KRÜGER: Physikalische Schülerübungen in der Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 29 ff
475 Ebd., S.30
476 KRÜGER: Physikalische Schülerübungen in der Mittelschule. In: MS 25 (1911), S. 30
477 Ebd.
478 Ebd.
479 Ebd.
480 Vgl. ebd.
481 Ebd., S. 31
482 Ebd., S. 35
483 MEYER: Weltkrieg und Naturlehreunterricht. In: MS 29 (1915). S. 416 ff
484 Ebd., S. 416
485 Ebd., S. 417
486 Ebd.
487 Ebd.
488 Ebd.
489 Vgl. ebd.
490 Ebd., S. 419
491 Vgl. ebd.
492 Ebd., S. 420
493 Ebd., S. 418
494 Ebd.
495 HESSE: Mittelschule und höhere Schule. In: MS 27 (1913), S. 325 ff
496 Ebd., S. 333
497 Ebd.
498 Ebd., S. 334
499 Ebd.
500 Ebd.
501 *HAAK u.a.: Naturlehre für Mittelschulen und verwandte Anstalten. 1912
502 *ROLLE: Naturlehre für Mittelschulen und andere Schulanstalten mit ähnlichen Lehrzielen.
1914
503 *FRANKE u.a.: Chemie für Mittelschulen. 1920
504 JACOB: Buchrezension „Realienbuch“. In: MS 26 (1912), S. 446
505 Ebd., S. 446
506 Ebd.
507 o.V.: Uniformierung der Lehrbücher für Mittelschulen. In: MS 26 (1912), S. 117
508 DANNEMANN: Handbuch für den physikalischen Unterricht. 1919
509 Ebd., S. 101
510 Ebd., S. 102
511 Ebd.
512 Ebd.
513 Ebd., S. 103
514 Ebd.
515 Ebd.
516 Ebd.
517 *GRÜNER: Chemie für mittlere Schulanstalten, Versuche, Lehren und Lesestücke mit
besonderer Berücksichtigung der Garten- und Hausarbeit. 1911
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