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HiN                                                      III, 5 (2002)

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Gerhard Kortum

“Alexander von Humboldt” als Name für Forschungsschiffe vor dem Hintergrund seiner meereskundlichen Arbeiten

 

3.1 Die Dreimastbark mit den grünen Segeln: Ein Jugendschulschiff 
3.2 Humboldts eigene Vorstellung von einem Forschungsschiff 
3.3 Das Fischereiforschungsschiff "Alexander von Humboldt" (1939) 
3.4 Das Akademie- bzw. IOW-Forschungsschiff "Alexander von Humboldt" 
3.5
Das peruanische Fischereiforschungsschiff "Humboldt" 

3.1 Die Dreimastbark mit den grünen Segeln: Ein Jugendschulschiff.

Es lässt sich nicht mit Sicherheit ermitteln, wie viele Schiffe international mit dem Namen “Humboldt” oder “Alexander von Humboldt” registriert sind. Jedenfalls sind es etliche. Es müssen aber mehr als ein Dutzend sein. (Schiffsbenennungen “Poseidon” sind dagegen weitaus häufiger und gehen bis in den Bereich von Wassersportfahrzeugen). Hier seien nur einige Beispiele aufgeführt:

 

Das prominenteste Schiff ist die heutige Bremer Dreimastbark “Alexander von Humboldt”, das ehemalige Kieler Feuerschiff, sie lief Ende 1998 zu ihrer Goodwill Tour nach Südamerika aus und zeigte besonders in der Karibik, die Humboldt mehrfach befuhr, die deutsche Flagge (vgl. BACKHAUS 1998). 12 Jahre vor dem Humboldt-Gedächtnistörn in die Neue Welt hatte die Sail Training Association Germany (S.T.A.G.) das 1906 bei der späteren AG Weser-Werft gebaute erste preußische Feuerschiff mit Dampfmaschinenantrieb für den symbolischen Preis von DM 17.000 gekauft und in den beiden folgenden Jahren bei den Motorenwerken Bremerhaven in einen wie die “Gorch Fock” als Dreimastbark getakelten Windjammer umgebaut. Die Gesamtkosten beliefen sich auf DM 3,5 Mio und wurden von der DSST (Deutschen Stiftung Sail Training) aufgebracht, die von der Brauerei Beck und Co, dem Unternehmer E.H. Harms und der S.T.A.G. gegründet wurde. Das 63 m lange und acht Meter breite Schiff ist mit 394 BRT vermessen und läuft bis zu 12 Knoten. Die 25 Segel mit 1035,6 qm sind in der Traditionsfarbe Grün der berühmten Rickmers-Schiffe gehalten und gelten heute als Kennzeichen des Windjammers “Alex”, so der Kurzname an der Küste. Die Bark soll weder schwimmendes Museum noch Vergnügungssegler für betuchte Passagiere sein, sondern “ein Botschafter der Jugend für die Jugend”. Ferner heißt es in der von BACKHAUS 1998 ansprechend gestalteten Broschüre “Auf Humboldts Spuren”: “Ein Schiff, das aktiv gesegelt wird, ein intensives Naturerlebnis bietet und Akzente setzt, die heute wichtiger sind denn je: Toleranz und Kameradschaft, Mut und Gemeinsinn, Einsatzbereitschaft und Selbstdisziplin, Verantwortung und Rücksichtnahme. Keine Segelschule, sondern Schule des Lebens...” (S. 4).

 

Dreimastbark „Alexander von Humboldt“ vor Helgoland. Foto: Oellrichs

 

Die “Alexander von Humboldt” verfügt über 60 Kojen für die 25-köpfige Stammbesatzung und 35 jugendliche Trainees, die bei Wind und Wetter hart an Deck und in der Takelage arbeiten müssen und als Besatzung gemustert sind. Die Besitzer und Betreiber haben sich zum Ziel gesetzt, die internationale Verständigung und die Begegnung junger Menschen aus aller Welt zu fördern. Die DSST hat sich das Prinzip “Erziehung durch die See” zum Stiftungszweck erkoren, so das Geleitwort der Stifter in der o.g. Broschüre. Jungen Menschen soll die Möglichkeit gegeben werden, traditionelle Seemannschaft zu lernen, Teil eines Teams zu sein, unter fordernden Verhältnissen auf andere Rücksicht zu nehmen, Verantwortung für sich selbst, für andere und für das Schiff zu übernehmen und Selbstdisziplin zu üben.

 

Die Namensgebung für den Windjammer wurde bereits lange vor der Südamerikareise 1998/99 festgelegt und bezieht sich trotz einiger Hinweise auf Humboldts Arbeiten zu Winden und Meeresströmungen mehr auf seine allgemeine, auch international fortlebende Ausstrahlungskraft (“Kosmopolit, Universalgelehrter, Humanist”). Die Idee der DSST verdient Anerkennung und hat sich bewährt. Damit ist aber der Name “Humboldt” für ein Schiff nicht festgelegt. Schließlich gibt es auch zahlreiche Schulen und Organisationen mit seinem Namen.

 

Auch der stärkste Schwimmbagger der Welt, der Ende 1998 von der Volkswerft Stralsund an das bedeutende belgische Wasserbauunternehmen Jan de Nul abgeliefert wurde, trägt aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Namen Alexander von Humboldts. Innerhalb kürzester Zeit kann das für den weltweiten Einsatz vorgesehene Schiff mit seinem von Krupp Fördertechnik in Lübeck entwickelten Saugpumpe 8750 Kubikmeter Baggergut aufnehmen, eine starke Leistung. Weiterhin ist auf ein größeres Containerschiff im Amerikadienst mit dem Namen “Humboldt” hinzuweisen.

 

 Auch Forschungsschiffe in Deutschland (Institut für Ostseeforschung) und Peru (Fischereiforschungsschiff) tragen Humboldts Namen, immerhin auch (zumindest im deutschen Sprachraum) eine bedeutende Meeresströmung vor Perus Küste. Diese Benennung stammt von dem Potsdamer Kartographen Berghaus (1837), Humboldt verwahrte sich in seiner Bescheidenheit 1840 hiergegen und betonte, dass er als “reisender Physiker” eigentlich mit exakten Temperaturmessungen nur bestätigt hatte, was jedem Fischerjungen an der peruanischer Küste geläufig war. Bei der Benennung von Forschungsschiffen (bereits 1938 lief ein später militärisch umgewidmetes deutsches Fischereiforschungsschiff “Alexander von Humboldt” als Ersatz für Reichsforschungsdampfer “Poseidon” vom Stapel, bei der Planung für “Meteor II” war der Name in der Diskussion) spielten weniger Humboldts besondere, wenn auch bei Fachleuten meist wenig gegenwärtigen meereskundlichen Interessen eine Rolle, sondern seine allgemeine akademische und wissenschaftliche Bedeutung.

 

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