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HiN                                                      III, 5 (2002)

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Gerhard Kortum

“Alexander von Humboldt” als Name für Forschungsschiffe vor dem Hintergrund seiner meereskundlichen Arbeiten

 

3.1 Die Dreimastbark mit den grünen Segeln: Ein Jugendschulschiff 
3.2 Humboldts eigene Vorstellung von einem Forschungsschiff 
3.3 Das Fischereiforschungsschiff "Alexander von Humboldt" (1939) 
3.4 Das Akademie- bzw. IOW-Forschungsschiff "Alexander von Humboldt" 
3.5
Das peruanische Fischereiforschungsschiff "Humboldt" 

3.2 Humboldts eigene Vorstellung von einem Forschungsschiff

Auf seinen Seefahrten im Atlantik und Pazifik benutzte Humboldt selbst im allgemeinen Postschiffe, wie sie damals im Verkehr mit und zwischen den spanischen Kolonien üblich waren. Er hatte damit keinen Einfluss auf den Zeitplan oder die Fahrtroute. Allerdings wurde ihm zugestanden, dass er auf Teneriffa ausreichend Zeit haben sollte, den Pic zu besteigen. Für seine Beobachtungen und Messungen brauchte er auch keine Stationszeit. Er schiffte sich in Coruña auf der spanischen Corvette ”Pizarro” ein (nach damaligen Sprachgebrauch eine Fregatta lijera). Der Kommandeur der Seeposten ließ an Bord der Corvette Vorkehrungen treffen, dass Humboldt seine Instrumente aufstellen und “ während der Überfahrt die chemischen Versuche über die atmosphärische Luft vornehmen konnte”, heißt es in der Reisebeschreibung. Humboldt war ein prominenter und privilegierter Mitfahrer, aber nicht Fahrtleiter. Was die Route über den subtropischen Atlantik anbelangt, war er aber immer besser über die Schiffsposition informiert als die Steuerleute an Bord, da er in astronomischer Ortsbestimmung bestens geschult war und ein sehr genau gehendes französisches Chronometer in seiner Instrumentensammlung mitführte (vgl. KORTUM 1999, 2001).

 

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es Humboldt war, der erstmals während seiner Südamerikareise vorschlug, den synoptischen Einsatz von speziell mit Instrumenten ausgerüsteten Regierungsschiffen zur Erfassung der Variabilität von Meeresströmungen vorzusehen, eine damals innovative Idee, die leider erst sehr viel später aufgegriffen wurde. Beispielhaft sei dieser Aspekt gerade in diesem Zusammenhang ausgeführt: Erstmals findet sich dieser Gedanke in einer Tagebuch­eintragung vom 16.12.1800 während der Fahrt durch die Karibik von Nueva Barcelona nach Kuba (vgl. BIERMANN 1992). In der Darstellung der “Reise...” (1861, S. 41-42) heißt es dazu: “Da die Kenntnis der Strömungen zu Abkürzungen der Seefahrten wesentlich beitragen kann, so wäre es von so großem Belang für die praktische Seemannskunst, als wissenschaftlich von Interesse, wenn Schiffe mit vorzüglichen Chronometern im Meerbusen von Mexico und im nördlichen Ocean zwischen dem 30. und 54. Grad der Breite kreuzten, ganz eigens zu dem Zweck, um zu ermitteln, in welchem Abstand sich der Golfstrom in den verschiedenen Jahreszeiten und unter dem Einfluß der verschiedenen Winde von dem Vorgebirge von Hatteras und Codd hält ... Neben der Richtung und Geschwindigkeit der Strömungen könnte sich eine solche Expedition mit Beobachtungen über die Meerestemperatur, über die Linien gleicher Abweichung, die Inclination der Magnetnadel und die Intensität der magnetischen Kraft beschäftigen...” Diese Anregung ist typisch für Humboldts intuitives Gespür für wissenschaftliche Probleme, die noch heute für die Meeresforschung teilweise relevant sind. Kurz vor seinem Lebensende bedauerte es der greise Humboldt in der Manuskriptfassung über die Meeresströmungen, die zahlreiche, hier nicht weiter im Detail ausgeführte weiterführende ozeanographische Gedanken über die Zirkulation im Nordatlantik enthält, dass seine Jahrzehnte zuvor gegebene Anregung nicht in die Praxis umgesetzt wurde. Selbst die allgemein als Beginn der modernen Meeresforschung angesehene britische “Challenger”- Expedition 1872-1876 (teilweise zeitgleich deutsche “Gazelle”-Unternehmung 1874-1876) war nur eine besonders im biologischen Bereich sehr erfolgreiche Fahrt in der Tradition der Weltumsegelungen mit wissenschaftlicher Begleitung.

 

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