3.2.1.1 Extensible Systematic Force Field (ESFF)

Das ESFF [38] ist ein regelbasiertes Kraftfeld. Es besteht aus einer begrenzten Anzahl atomarer Parameter wie Atom- und Ionenradien, Elektronegativitäten, Ionisierungspotentiale und Polarisierbarkeiten, sowie einem komplexen Algorithmus zur Generierung der eigentlichen Kraftfeldparameter zu Beginn der Rechnung. Es ist für alle Hauptgruppenelemente und d-Übergangsmetalle des Periodensystems bis einschließlich Radon parametrisiert. Die Beschreibung der Nichtmetalle basiert auf dem klassischen Hybridisierungskonzept unter Berücksichtigung der Konnektivität. Für Metalle erfolgt die Atomtypzuordnung über den Oxidationszustand, die Koordinationszahl und die lokale Punktsymmetrie der Ligatoratome. Weiterhin berücksichtigt werden die relative Lage von Bindungen zu zyklischen Molekülbereichen und innerhalb des Koordinationspolyeders. Die Definition der Bindungsordnung umfaßt neben den gewohnten kovalenten Bindungstypen für Einfach-, Doppel-, Dreifach- und Aromatenbindung (Bindungsordnung = 1.5) auch einen dativen Typ zur Beschreibung von polaren Donor-Akzeptor-Bindungen zwischen freien Elektronenpaaren bzw. p-Orbitalen und leeren Funktionen des Zentralions. Die Berechnung des Gesamtpotentials erfolgt im ESFF mit gängigen Modellpotentialen für die verschiedenen bindenden und nichtbindenden Wechselwirkungen (Gl. 4). Im einzelnen werden folgende Terme verwendet:

*   ein Morsepotential für Bindungslängen (Term 1)

*   ein quadratisches Potential für Bindungswinkel, dessen konkrete funktionale Form der relativen Lage des Winkels in der      lokalen Punktsymmetrie des Zentralatoms angepaßt ist (Term 2)

*   ein periodisches Torsionspotential entsprechend der Hybridisierung der Atome, die die zentrale Bindung bilden unter      Berücksichtigung der angrenzenden Bindungswinkel (Term 3)

*   ein quadratisches Out-of-plane-Potential (Term 4)

*   ein 9-6-Lennard-Jones-Potential für van-der-Waals-Wechelwirkungen (Term 5)

*   ein klassisches Coulomb-Potential für elektrostatische Interaktionen (Term 6).

Die detaillierte Definition des Winkelpotentials im ESFF ermöglicht die Einbeziehung der Punktsymmetrie koordinativer Zentren in die Kraftfeldrechnung und ist der gravierendste Unterschied des ESFF gegenüber anderen Kraftfeldern (CFF91, MM2, OPLS). Der "normale" Bindungswinkel umfaßt alle Winkel, die keiner der folgenden Definitionen entsprechen. Für diesen Winkel wird ein allgemeines quadratisches Potential verwendet. "Linear" Bindungswinkel treten zwischen Atomen mit sp-Hybridisierung oder transaxialen Ligandenpositionen in den Symmetrien Oh, D4h, D3h, und D2h auf. Der Referenzbindungswinkel ist genau 180° (cos 180° = -1), weshalb die Referenzgröße für diesen Typ eine Konstante ist. Der "perpendicular" Winkeltyp beschreibt Winkel zwischen axialen und äquatorialen Liganden in Oh-, D4h-, D3h-, D2h-symmetrischen Systemen. Der Referenzwinkel ist in diesem Fall 90° (cos 90° = 0). Der letzte Winkelterm ("equatorial") beschreibt äquatoriale Ligandenanordnungen in der Grundfläche oktaedrischer und pyramidaler Koordinationspolyeder. Der Referenzwert ist hier von der Zähligkeit der betrachteten Grundfläche (Quadrat: 4, d. h. Referenzwert 90°; Dreieck: 3, d. h. Referenzwert 120°) abhängig. Zusätzlich wird dieses Potential über den Abstand der Schenkelatome (2. Ka-Term) beeinflußt.

Die Stärke dieses Kraftfeldes liegt besonders in der unproblematischen Behandlung eines breiten Spektrums der Elemente des Periodensystems. Die regelbasierte Parametergeneration erreicht gute Ergebnisse für Atome, deren lokale Umgebung (Hybridisierung, Konnektivität und Symmetrie) denen der definierten Atomtypen entspricht. Probleme treten für seltenere Koordinationsgeometrien auf, da eine direkte Veränderung oder Ergänzung des grundlegenden Regelwerks des ESFF nicht möglich ist.

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