Mundarten

In der traditionellen begrifflichen Staffelung von Mundart (=Dialekt), Umgangssprache und Standardsprache ist die Mundart bzw. der Dialekt (die beiden Ausdrücke sind bedeutungsgleich) die Sprachform mit der geringsten kommunikativen Reichweite. Wer Dialekt spricht, wird manchenorts bereits im Nachbardorf als ortsfremd erkannt. Die Standardsprache dagegen als mündliche Realisierung der Schriftsprache hat überregionale Gültigkeit. Zwischen diesen beiden Extremen ist die Umgangssprache angesiedelt, die zwar eine regionale Färbung aufweist, aber in deutlich größeren Räumen verwendet wird als die Mundarten.
Im gesamten deutschen Sprachraum ist in den letzten Jahrzehnten ein deutlicher Rückgang des Dialektgebrauchs zu verzeichnen. Das hängt einerseits mit der gestiegenen Mobilität der Sprecherinnen und Sprecher, andererseits mit den modernen Massenmedien zusammen. Auch im Brandenburger Raum ist die Zahl der Dialektsprecherinnen und -sprecher im Vergleich zum Ende des 19. Jahrhunderts stark zurückgegangen. Seinerzeit wurden im Zuge der Erstellung des Deutschen Sprachatlas sehr ausführliche Erhebungen vorgenommen. Noch heute basieren alle Karten, die unterschiedliche Mundartgebiete in Brandenburg voneinander abgrenzen, auf diesem z.T. über 100 Jahre alten Material.






Karte 3: Die märkischen Mundarten (nach Schönfeld 1991)

Legende: I Mecklenburg-Vorpommersch; I,1 Mecklenburgisch; I,2 Vorpommersch; 1,3 Strehlitzisch
II. Brandenburgisch; II, 1 Südbrandenburgisch; II,2 Mittelbrandenburgisch; II,3 Nordbrandenburgisch; II,4 Mittelpommersch
III Elbostfälisch; IV Nordwestaltmärkisch
Die rote Linie bezeichnet die Grenze von hd. ich / nd. ik Ende des 19. Jahrhunderts.

Es liegt auf der Hand, daß eine erneute Untersuchung der gesprochenen Mundarten in Brandenburg wohl kaum zu so deutlich abgegrenzten, geschlossenen Räumen kommen würde. Zu mannigfaltig waren die An- und Umsiedelungswellen nach dem 2. Weltkrieg, zu sehr dominierte das kulturelle und politische Zentrum Berlin mit seiner durch Mischung entstandenen Berlinischen Umgangssprache die ganze Region. Doch Reste der alten Mundarträume sind auch heute noch erkennbar: das Nordmärkische (=II,3 auf der Karte) ist durch lange e- bzw. o- Laute vom Mittelmärkischen (=II,2) zu unterscheiden, wo statt dessen die Diphtonge ie oder uo, bisweilen auch lange i- bzw. u-Laute verwendet werden. Einige Beispiel dazu: nordmärk. Koken, mittelmärk. Kuoken oder Kuken, 'Kuchen'; nordmärk. Blom(e), mittelmärk. Bluome oder Blueme, 'Blume'; nordmärk. Ko, mittelmärk. Kuo oder Ku, 'Kuh'; nordmärk. Def, mittelmärk. Dief, 'Dieb'; nordmärk. lef, mittelmärk. lief, 'lieb'; nordmärk. Led, mittelmärk. Lied oder Lied, 'Lied' usw.
Das Südmärkische (II,1) konnte wohl im 19. Jahrhundert noch als niederdeutsche Mundart angesehen werden, obwohl hier zum Teil bereits Formen mit hochdeutschem Konsonantenstand gebräuchlich waren. So hieß es im Südmärkischen zwar ick, 'ich', aber machen gegenüber mittelmärkischen maken, 'machen'. Heute finden sich im südmärkischen Raum nur noch sehr wenige Reste dieser alten mundartlichen Formen.