Niederdeutsch

Als »niederdeutsch« oder »plattdeutsch« bezeichnet man Mundarten nördlich der sog. »Benrather Linie«, einer Dialektgrenze, die bei Benrath in der Nähe von Düsseldorf den Rhein überquert und entlang des Mittelgebirgsaums bis Frankfurt/Oder verläuft. Alle Mundarten, die nördlich dieser Grenze gesprochen werden, sind von einer Neuerung im Bereich des Konsonantismus ausgenommen, die sich im 7./8. Jahrhundert durchzusetzen begann. Betroffen von dieser Neuerung (Fachterminus: 2. Lautverschiebung) sind vor allem die Verschlußlaute p, t, k. In den hochdeutschen Mundarten (und selbstverständlich auch in der hochdeutschen Standardsprache) wurden diese je nach Stellung im Wort zu den Reibelauten pf/f, ts/s, und ch »verschoben«, während sie in den niederdeutschen Mundarten erhalten blieben. So heißt es im Niederdeutschen planten, maken und Tung' gegenüber hochdeutschem pflanzen, machen und Zunge.




Die niederdeutschen Mundarten (nach W. Foerste 1957 aus Goossens 1973)


Die niederdeutschen Mundarten sind heute hinsichtlich der Verwendungssituationen unterschiedlich weit zurückgedrängt. Im Bundesland Brandenburg werden vor allem in den nördlichen Kreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Uckermark und einigen Gebieten des Fläming noch niederdeutsche Mundarten gesprochen, zumeist jedoch von älteren Sprechern und überwiegend in informellen Situationen wie privaten Gesprächen im Freundes- oder Familienkreis. Seit einigen Jahren gründen sich in den Regionen mit größerem Anteil von Mundartsprechern kleine Arbeitskreise und Folkloregruppen, die sich um die Pflege des Plattdeutschen bemühen. Solche Gruppen gibt es z.B. in Wittstock, in Templin oder in Prenzlau.

Einen zunächst losen Zusammenhalt dieser Gruppen bildet der Arbeitskreis »Brandenburgische Sprachgeschichte« beim Kulturbund des Landes Brandenburg. Einen ersten Einblick in die Bemühungen der Brandenburger Mundartpflege vermitteln die aktuellen Buchveröffentlichungen von Eberhard Krienke (1996), Gottfried Winter (1996) und des Brandenburgischen Kulturbundes Templin (1995).

Weitere Informationen zum Thema »Niederdeutsch« hält das Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen bereit.

Die in Brandenburg, vor allem in der Mittelmark gesprochenen niederdeutschen Mundarten haben gegenüber dem übrigen niederdeutschen Sprachraum ein besonderes Gepräge, das auf niederländische Siedler zurückzuführen ist. Diese wurden im 12. und 13. Jahrhundert in großer Zahl nach Brandenburg gerufen. Sie beteiligten sich maßgeblich an der Urbarmachung und Erschließung des weitenteils unwegsamen und sumpfigen Geländes. Die niederländischen Einflüsse auf die brandenburgischen Mundarten betreffen vor allem den Wortschatz. In diesem Bereich gehen zahlreiche Charakteristika des Mittelmärkischen auf die Einflüsse niederländischer Siedler zurück, so zum Beispiel die Piermade (Regenwurm), die Pißmiere (Ameise), die Mandel (aufgestellte Heu- oder Strohgarbe) oder die Päde (Quecke). Möglicherweise sind auch die für das Mittelmärkische typischen Diphthonge auf niederländischen Einfluß zurückzuführen. So heißt es beispielsweise im Mittelmärkischen li ef für 'lieb' und Ku oken oder Kuken für 'Kuchen' gegenüber den sonst im Niederdeutschen verbreiteten Formen lef und Koken (analog: Di ef, 'Dieb', Mu oder, 'Mutter', Fu ot, 'Fuß' usw.).