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HiN III, 5 (2002)
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Gerhard Kortum
“Alexander von Humboldt” als Name für Forschungsschiffe vor dem Hintergrund seiner meereskundlichen Arbeiten
4. Humboldts Beitrag zur Ostseeforschung und seine Beziehungen zu Mecklenburg-Vorpommern
Als Haupteinsatzgebiet für das neue Forschungsschiff zeichnet sich bereits jetzt entsprechend der thematischen Ausrichtung deutscher meereskundlicher Großprojekte, insbesondere der Kieler und Hamburger DFG-Sonderforschungsbereiche der subpolare Nordatlantik an, aber Heimathafen des Schiffes wird nach den bisherigen Verhandlungen der mecklenburgische Ostseehafen Rostock sein.
Die Ostsee wird in Fortsetzung einiger der bisherigen Forschungsaufgaben des zur Zeit vom Institut für Ostseeforschung in Warnemünde betriebenen Forschungsschiffes “Alexander von Humboldt”, das mit der Indienststellung des neuen Schiffes ausgemustert wird, zumindest teilweise Operationsgebiet des neuen Schiffes bleiben. Auch in der Ostsee gibt es Vereisungen im Winter, die den Einsatz der bisherigen Einheiten in dieser Jahreszeit bisher teilweise unterbanden bzw. stark einschränkten.
Was nun dieses Seegebiet betrifft, hat Humboldt auch hier seinerzeit im Sommer 1834 durch seine Messungen im Auftriebsgebiet vor der Halbinsel Hela auf der Fahrt von Swinemünde nach Königsberg einen kleinen, aber auch durchaus heute noch interessierenden Beitrag zur Ostseeforschung geleistet (näheres vgl. KORTUM und LEHMANN 1997).
Später hat Humboldt von Berlin aus allerdings keine weiteren Ostseeinteressen entwickelt, was ihm sehr wohl möglich gewesen wäre. Bemerkenswerte akademische Kontakte zur alten Ostseeuniversität Rostock bestanden offensichtlich nicht. In den damaligen Großherzogtümern Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz ist der so weit gereiste Gelehrte offensichtlich nie gewesen. Allerdings sind die Beziehungen Humboldts zu Vorpommern umso bemerkenswerter (vgl. BIERMANN 1981). Überliefert sind einige Besuche auf Rügen und Usedom. Im Sommer 1843 begleitete Humboldt den preußischen König auf einer Reise nach Vorpommern und Rügen. Zunächst reiste er am 13. Juni voraus über Angermünde nach Prenzlau. Hier besuchte er den als Lehrer am dortigen Gymnasium tätigen Geographen Carl Eduard Meinicke (1803-1876), der zwar den pazifischen Raum bzw. die Südsee nicht wie Humboldt aus eigener Erfahrung kannte, aber seinerzeit als Experte für Australien und Ozeanien galt. Am Folgetag wurde Humboldt feierlich von der Universität Greifswald empfangen und besuchte mit dem König mehrere Einrichtungen der Hochschule, bevor man sich nach der von Humboldt veranlassten Spende von 100 Talern an den Kustos des Zoologischen Museums auf einem Dampfschiff mit “30 Pferden Schwäche” (so vermerkte Humboldt nicht ohne Spott) nach Rügen übersetzte. Dort standen im Schloss von Putbus Besprechungen mit dem dänischen König an. Neben den Staatsgeschäften blieb für Humboldt aber auch Zeit für eine Exkursion nach Stubbenkammer.
Im August 1852 unterzog sich Humboldt, wiederum in Begleitung von Friedrich Wilhelm IV., in Putbus auf Rügen dann einer mehrwöchigen Badekur. Diese bekam ihm aber nach eigener Aussage nicht allzu gut. Jedenfalls kam er mit seinen Arbeiten am “Kosmos”-Werk nicht wie geplant weiter, bemerkt er unzufrieden. Am 14. und 15 August unternahm man einen Ausflug zum Kap Arkona, der wohl bekanntesten Landmarke an der Südküste der Ostsee.
Zur Universität Greifswald gibt es noch eine bemerkenswerte Beziehung: Nach seiner Vorpommern-Reise im Jahre 1843 korrespondierte Humboldt mit mehreren Gelehrten dieser Hochschule, insbesondere dem Greifswalder Botaniker Julius Münster (1815-1858). Dieser setzte schließlich durch, dass Humboldts Reisegefährten auf der Südamerika-Expedition (1799-1804), dem französischen Botaniker Aimé Bonpland (1773-1858), im Jahr 1856 anlässlich der 400-Jahrfeier der Universität von der Philosophischen Fakultät die Ehrendoktorwürde zuerkannt wurde. Hierzu schrieb Humboldt in einem Dankesbrief u.a.: “Mein Name ist mit dem seinen seit 60 Jahren so innigst und brüderlich vereinigt, dass ich mir die angenehme Ahndung nicht entschlagen will, die hochverehrte Facultät und die Universität von Greifswald habe dabei meiner gedacht “ (BIERMANN 1981, S. 9).
Damit haben beide Haupteinsatzgebiete des neuen Forschungsschiffes, der Nordatlantik und die Ostsee, ozeanographisch-klimatologisch gesehen sehr wohl eine besondere Beziehung zu Humboldts damaligen eigenen marinen Forschungsinteressen. Dieses Argument erscheint nicht unwichtig. Der Greifswalder Bodden ist nun gewiss nicht ein ozeanischer Bereich, immerhin liegt er aber in den inneren Gewässern des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommerns, dem zukünftigen Eigentümer des geplanten neuen Forschungsschiffes.
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