Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 18. August 2009
Originalfassung zugänglich unter http://www.hin-online.de

H i N

Alexander von
HUMBOLDT im NETZ

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HiN                                                    II, 3 (2001)
 
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Ulrike Leitner: Unbekannte Venezuela-Karten
Alexander von Humboldts

 

2. Humboldts handgezeichnete Karte des Orinoko

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Humboldts handgezeichnete Karte des Orinoko, die er im April 1842 dem Autographensammler Joseph von Radowitz schickte (Kraków, Bibioteka Jagiellonska, Slg. Radowitz 6262).

"Mein erster Versuch, die am Orinoko und Casiquiare gemachten astronomischen Beobachtungen graphisch zu benuzen. Ich habe das Blatt gezeichnet in Santo Thomé del Angostura im Junius 1800 während Bonpland an einem Nervenfieber tötlich krank lag. Ich gebe Ihnen dies Blatt um zu beweisen, daß meine Unleserlichkeit nicht ein Urlaster ist.

Al. Humboldt

Berlin April 1842" (13)

Der letzte Satz bezieht sich auf Humboldts schwer entzifferbare Handschrift, die er oft mit einer sich am Orinoko zugezogenen rheumatischen Erkrankung entschuldigte. Und tatsächlich ist die Karte in ihrer sorgsamen Ausführung ein Zeugnis auch von Humboldts zeichnerischen Fähigkeiten.

Die Karte stellt den gesamten Flußlauf des Orinoko, mit Nebenflüssen und dazwischen liegenden Bergrücken, und andere Flüsse, die z. T. zum heutigen Guayana gehören und ebenfalls dem Río Negro zufließen, dar. Der Nachweis der Verbindung der großen Flüsse Orinoko und Río Negro und damit Amazonas durch den Casiquiare war ja bekanntlich eines der wesentlichen geographischen Ergebnisse von Humboldts Amerikareise.

Außerdem gibt es vereinzelt Anmerkungen über bestimmte Regionen, z. B. darüber, daß die Ebene zwischen dem Orinoko, dem Casiquiare, dem Atabapo und dem Río Negro ein vollkommen unbewohntes Waldgebiet ist. In dem geographisch-physikalischen Atlas zur Amerikareise wird dieser Flußlauf dann auf zwei Karten dargestellt (Karte 15 u. 16). Es fällt auf, daß Humboldt den Conorichite als eine Verbindung zwischen Casiquiare und Río Negro gezeichnet hat, was darauf hindeutet, daß während seines Aufenthaltes ein Hochwasser den Itinívini und den Conorichite vereinigt hatte, ein häufig auftretendes Phänomen, auf das später Vareschi (14) verwies. In seinem Tagebuch (IV, Bl. 80) sagt Humboldt zu diesem Flußlauf: "Der Conorichite oder Itinívini ist ein Arm des Casiquiare, der oberhalb Vasiva den Casiquiare verläßt und sich bei Davipe in [den] Río Negro einmündet. Man kürzt durch ihn [den] Weg sehr ab. [...] Er ist an 300 métres breit und geht durch die große, aber mit Wald bewachsene Ebene zwischen Atabapo, Temi, Orinoco, Guainía und Casiquiare. Man erspart drei Tage auf dem Wege von S[an] Carlos nach Esmeralda."(15)

Man bemerkt auch hier wieder Humboldts Versuch, die dritte Dimension in die Karte einzufügen.

Da jedoch bedauerlicherweise gerade ein Stück des die beiden Flüsse Orinoko und Río Negro verbindenden Casiquiare fehlt, fügen wir für diese Stelle eine dritte, ebenfalls fast unbekannt gebliebene Karte bei.

 

Anmerkungen:

(13) A. v. Humboldt an Joseph v. Radowitz, Berlin, April 1842. Kraków, Biblioteka Jagiellonska, Slg. Radowitz 6262.

(14) Vareschi, Volkmar: Die Gabelteilung des Orinoco. Hydrographische und ökologische Beobachtungen der Humboldt-Gedächtnis-Expedition 1958. In: Petermanns Geographische Mitteilungen 107 (1963) 4, S. 241-243. Hier beschreibt Vareschi auch die "Wasserscheiden auf Zeit", nämlich während der Trockenperiode, und andererseits die Verbindung während des Hochwassers, die zu wechselnden Richtungen des Wasserlaufes führen kann.

(15) A. v. Humboldt. Reise durch Venezuela (vgl. Fußn. 8), S. 302. Im "Atlas géographique et physique" ist der Fluß bezeichnet als: Conorichite resp. Itinívini.

 

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