______________________________________________________
HiN III, 5 (2002)
______________________________________________________
Gerhard Kortum
“Alexander von Humboldt” als Name für Forschungsschiffe vor dem Hintergrund seiner meereskundlichen Arbeiten
1. Schiffsname "Humboldt"
“Alexander von Humboldt” als Schiffsname? Dieser Aspekt wurde in der sehr umfangreich gewordenen Literatur zu Humboldt bisher noch nicht behandelt. Wer denkt da nicht sogleich an die schmucke Dreimastbark der Deutschen Stiftung Sail Training (DSST) mit ihren grünen Segeln, auf denen für eine Bremer Brauerei Reklame gemacht wird? Auch davon soll im Folgenden die Rede sein, aber nur am Rande. Hier geht es hauptsächlich um die Beziehungen Humboldts zur Meereskunde und die Verwendung seines Namens für Forschungsschiffe.
Humboldt und nach ihm benannte Forschungsschiffe
(der geplante Neubau heißt nun aber „M. S. Merian“) Archiv IfM Kiel
Nach Humboldt sind bekanntlich zahlreiche topographische und geographische Einzelerscheinungen in der Alten und besonders Neuen Welt benannt worden, auch in Gebieten, wo er selbst auf seinen Forschungsreisen nie war. Entsprechende Listen finden sich in der reichhaltigen Humboldt-Literatur. Und - was hier im Zusammenhang mit seinen meereskundlichen Arbeiten natürlich von besonderem Interesse ist - sogar eine Meeresströmung vor der Westküste Südamerikas trägt seinen Namen. Fast in jeder größeren deutschen Stadt gibt es eine Humboldt-Schule, wobei meist der Bezug zu beiden Brüdern gegeben ist.
Aber warum wird dieser Name auch mehrfach für Seeschiffe verwendet? Man kann wohl davon ausgehen, dass denjenigen, die sich mit dem Werk und Wirken Alexander von Humboldts etwas auskennen, durchaus bewusst ist, dass er auch wichtige Anregungen zur Entwicklung der Ozeanographie gab, dies haben schließlich führende deutsche Meereskundler immer wieder auch gewürdigt (DEFANT 1960, DIETRICH 1970, KRÜMMEL 1904, WÜST 1959). Aber dieser Spezialaspekt ist allgemein wohl weniger bewusst. Auf jeden Fall bedürfen die Beiträge Humboldts zur Geschichte der Ozeanographie einer weiteren disziplinhistorischen Analyse und Einordnung, zumal mehrere wichtige Manuskripte und Tagebucheintragungen zu diesem Thema überhaupt noch nicht veröffentlicht wurden. Mehrere thematische und regionale Einzelfragen wurden inzwischen aufgegriffen, eine Gesamtschau steht aber noch aus (vgl. KORTUM 1985, 1990, 1993, 1994, 1997, 1999, 2001, 2002).
Zweifellos gehört Humboldt zu den großen Pionieren der Meereskunde. Er hat selbst auf seinen ausgedehnten Forschungsfahrten im Atlantischen und Pazifischen Ozean systematisch eigene Messungen angestellt und diese für seine Theorie der ozeanischen Zirkulation verwendet. Wie weiter unten aufgeführt, stammt die Idee zur besonderen Ausrüstung von Schiffen für Zwecke der Meeresforschung von Humboldt, dieser Hinweis ist im hier interessierenden Zusammenhang besonders wichtig. Humboldt kannte alle wichtigen Hydrographen seiner Zeit, dazu auch viele bedeutende Teilnehmer an wissenschaftlich begleiteten Weltumsegelungen, insbesondere Georg Forster. Forschungsschiffe gab es damals noch nicht, wohl aber Schiffe, mit denen Entdeckungen und Forschungsarbeiten auf See durchgeführt wurden. Captain Cook verwendete bewährte englische Kohlenschiffe für seine Pazifikfahrten. Humboldt war nur Mitfahrer auf überwiegend spanischen Regierungsschiffen, die den Verkehr mit den amerikanischen Besitzungen sicherstellten. In der Karibik charterte er auch selbst ein kleineres Fahrzeug.
Wir kennen die Namen dieser Schiffe, aber auch für die leichte Fregatte “Pizarro”, mit der er vom 5. Juni - 16. Juli 1799 von Spanien über Teneriffa nach Venezuela über den Atlantik fuhr, gibt es keine zeitgenössische Abbildung. Das Modell “Humboldts Schiff: Pizarro” im Humboldt-Garten in Puerto de la Cruz auf Teneriffa ist jedenfalls wenig gelungen und ähnelt zu sehr einem als Dreimastbark getakelten Vollschiff späterer schiffbaulicher Epochen. Für Interessenten sei angemerkt: Von dem jetzt laufenden und eingangs erwähnten Windjammer “Alexander von Humboldt” hingegen gibt es ein ansprechendes, überall im Fachhandel käufliches Schiffsmodell.
______________________________________________________
<< letzte Seite | Übersicht | nächste Seite >>