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Ottmar Ette Findung und Erfindung einer Leserschaft Neuere
Editionsprojekte zu Alexander von Humboldt |
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„Vom Orinoco zum Amazonas“: ein illustrer Unbekannter Humboldts Werk ist den Lateinamerikanern bestens bekannt. Sie nennen den Autor liebevoll den „zweiten Kolumbus“ - jenen, der kam, um zu bewahren, nicht um zu zerstören und zu rauben. In Deutschland hingegen ist nicht einmal sein Reisebericht vollständig übersetzt worden. Es gibt auch keine Taschenbuchausgabe, wie sie ihm als „Klassiker“ zustünde. Der Begründer der amerikanischen Anthropologie, Ethnologie und Archäologie, „Prometheus der Wissenschaften“ und Universalgenie, ist in Deutschland ein großer Unbekannter geblieben...[1] Mit diesen Worten machte 1982 eine der maßgeblichen und wegweisenden VermittlerInnen der lateinamerikanischen Literaturen in den deutschsprachigen Raum auf die Tatsache aufmerksam, dass Alexander von Humboldt (1769 - 1859) zwar in Lateinamerika zu den bekanntesten Gestalten der Geschichte, der Kultur und der Literatur zählte und zählt, in seiner Heimat aber noch in den achtziger Jahren bestenfalls als illustrer Name bekannt war, ohne dass ein breiteres Publikum hierzulande vom Wirken dieses Mannes viel gewusst hätte. Michi Strausfeld, die in ihrem programmatischen Beitrag zum Programmheft des Horizonte-Festivals „Lateinamerika“ im damaligen West-Berlin gezwungen war, aus der im Safari-Verlag erschienenen deutschsprachigen Edition der sogenannten „Südamerikanischen Reise“ Alexander von Humboldts zu zitieren, wies zugleich auf den erstaunlichen, noch zu Beginn der achtziger Jahre aber niemanden wirklich erstaunenden Umstand hin, dass mit Blick auf wichtige Humboldtsche Schriften die Textgrundlage wenig zuverlässig und die Tatsache bemerkenswert – wenn nicht skandalös – war, dass es für einen deutschsprachigen Autor, der in Lateinamerika nicht nur verehrt, sondern auch gelesen und studiert wurde, in Deutschland keine Taschenbuchausgabe gebe, wie sie einem „Klassiker“ doch ganz selbstverständlich zustünde. Welche Gründe ließen sich für diese beklagenswerte Situation anführen? Und mehr noch: Was war zu tun? Unternehmungen, die etwas Grundlegendes an dem von Michi Strausfeld beklagten Zustand ändern wollten, mussten gewiss keine hoffnungslosen Unterfangen bleiben: Denn aus dem Skandalon konnte sehr wohl und sehr bald eine Antriebskraft werden. Zu einem Zeitpunkt, als ich gerade mein Studium der Romanistik und Geographie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. abgeschlossen und mit den Vorarbeiten zu einem Dissertationsprojekt über den kubanischen Dichter und Essayisten José Martí begonnen hatte, war es für mich nicht nur beeindruckend, sondern im wahrsten Sinne bewegend, die Verwunderung und das ungläubige Staunen großer lateinamerikanischer Autoren wie Octavio Paz, Juan Rulfo, Mario Vargas Llosa, Carlos Fuentes oder Augusto Roa Bastos sowie profilierter Kritiker vom Schlage eines Angel Rama, José Miguel Oviedo oder Emir Rodríguez Monegal[2] mitzuerleben, wenn sie bemerkten, dass ihr aufmerksam lauschendes deutschsprachiges Publikum in Berlin mit Bezugnahmen auf das Schaffen und die Schriften des in Berlin geborenen Alexander von Humboldt zumeist nicht allzu viel anzufangen wusste. Der Verfasser der Ansichten der Natur war für den größten Teil dieses Publikums ganz offenkundig wenig mehr als ein Name: ein illustrer Unbekannter, den nur eingefleischte Kenner kannten und von dem man allenfalls wusste, dass er der jüngere Bruder des in Deutschland wesentlich bekannteren und vor allem renommierteren Wilhelm von Humboldt war. In einer Runde am Rande des Horizonte-Festivals, von dem entscheidende und zum Teil bis heute nachwirkende Impulse für die Rezeption der lateinamerikanischen Literaturen im deutschsprachigen Raum ausgingen, fand sich die Gelegenheit, mit dem Übersetzer Fritz Vogelgsang und dem Romanisten und Publizisten Wolfgang Eitel über die Möglichkeiten zu sprechen, die Texte Alexander von Humboldts einem breiten Publikum jenseits spezialisierter Lesergruppen zugänglich zu machen. Der Autor des Voyage aux Régions équinoxiales du Nouveau Continent, der einen gewichtigen Teil seiner Schriften in französischer Sprache verfasst und über mehr als zwei Jahrzehnte in Paris gelebt hatte, lag für mich gleichsam im Kreuzungspunkt meiner Studienfächer, auch wenn der Name Alexander von Humboldts - dies mag nur aus heutiger Sicht erstaunen - im Verlauf meiner Studienzeit weder in der Romanistik noch in der Geographie jemals gefallen war. Was lag also näher, der Untersuchung José Martís[3] eine parallel dazu verlaufende Arbeit über einen Autor an die Seite zu stellen, der ebenso wie der kubanische Dichter und Essayist ein neues, einflussreiches Verständnis der amerikanischen Hemisphäre entwickelt hatte? Eine erste Recherche zu den deutschsprachigen Ausgaben der Relation historique, des eigentlichen Reiseberichts der amerikanischen Reise, der zwischen November 1814 und April 1831 in drei Bänden in Paris erschienen war,[4] ließ bald das verheerende Bild erkennen, das die zur Verfügung stehenden deutschsprachigen Ausgaben boten. Man darf mit Blick auf die damalige Situation ohne jede Übertreibung von regelrechten Surrogaten und Extrakten sprechen, die oftmals nicht nur ohne jede Erläuterung den Textumfang auf ein Bruchteil des französischsprachigen Originals der Relation historique zusammenschmolzen, sondern Humboldts Denken bisweilen bis zur Unkenntlichkeit verzerrten und entstellten.[5] So findet sich, um nur ein einziges Beispiel herauszugreifen, in der bereits erwähnten und recht erfolgreichen Ausgabe der sogenannten Südamerikanischen Reise eine auf den ersten Blick eher harmlos wirkende Passage, in der Humboldt, wie es scheint, erläutert, dass die Chaymas-Indianer in ihrer Sprache „nicht über fünf oder sechs“ zu zählen in der Lage seien.[6] Greift man auf die Pariser Originalfassung zurück, so bemerkt man schnell, dass in der deutschen Ausgabe absichtsvoll eine längere Passage ausgelassen wurde, in der Humboldt die von ihm zitierte und verbreitete Ansicht, die Indianer könnten nur bis fünf oder sechs zählen, mit stichhaltigen Beweisen widerlegt und sich damit jedwedem Versuch widersetzt, Sprachen, Kultur und Intelligenz der indigenen Bevölkerung als wenig entwickelt auszugeben und damit herabzuwürdigen. Humboldt trat damit vehement Positionen entgegen, wie sie in der weltweit rezipierten „Berliner Debatte“ insbesondere Cornelius de Pauw – ohne jede empirische Basis – in seinen ab 1768 in Berlin erschienenen Recherches philosophiques sur les Américains wirkungsvoll propagiert hatte.[7] Attackierte Alexander von Humboldt im Original die – wie er formulierte – „bizarre Ansicht“ unwissender Reisender, die derartige Vorstellungen verbreiteten, auch aufs Heftigste, so verkam er doch in einer lange Zeit populären Edition auf Grund gezielter Kürzungen zu einem Verteidiger dieser absurden Ansicht. Selbst ausgesprochene Lateinamerika-Spezialisten waren sich der problematischen Textgrundlagen oftmals nicht bewusst. Derlei unbewusst oder auch absichtsvoll vorgenommene kolonialistische Verfälschungen von Humboldts Denken mögen aufzeigen, zu welcher Textgrundlage ein breiteres deutschsprachiges Publikum zum damaligen Zeitpunkt Zugang hatte. Alexander von Humboldt galt gemeinhin nicht als großer Schriftsteller, so dass man sich der konkreten literarischen und textlichen Gestaltung seiner Schriften zumeist nicht sonderlich verpflichtet fühlte und textgetreue Editionen nicht für unumgänglich hielt. Philologie war in Sachen Alexander von Humboldt zumeist nicht gefragt. Ziel musste es daher sein, den oftmals editorisch zwischen Sorglosigkeit und Unverantwortlichkeit schwankenden Ausgaben eine neue, philologisch fundierte Konzeption editorisch entgegenzustellen, ohne dabei die Erreichbarkeit eines breiteren Publikums im deutschsprachigen Raum aus den Augen zu verlieren. Aber war die Zeit dafür schon reif? Wolfgang Eitel setzte sich dankenswerterweise beim Insel Verlag für die Realisierung dieses so konzipierten Vorhabens ein; doch gestalteten sich auch nach der Formulierung eines Gutachtens und eines Exposés die Verhandlungen insbesondere im Zeitraum zwischen den Frankfurter Buchmessen von 1984 und 1985 eher schwierig, da zwischen Verlag und Herausgeber bezüglich des Seitenumfangs (maximal 450 Seiten vs. nicht unter 1300 Seiten) sowie des Umfangs der herausgeberischen Tätigkeit noch große Diskrepanzen bestanden. Diese konnten schließlich auf der Basis eines (vorläufigen) Kompromisses ausgeräumt werden, so dass im Januar 1986 ein Herausgebervertrag abgeschlossen werden konnte. Wie schon so oft in der Geschichte der Ausgaben Alexander von Humboldts wurde auch in diesem Falle vom Verlag ein Humboldts Denken fremder Titel, Vom Orinoco zum Amazonas, vorgeschlagen, eine vermeintlich verkaufsfördernde Umbenennung, die zeitweise durch einen anderen Titel ersetzt wurde, unter dem die Ausgabe auch bereits angekündigt wurde: Reise in die Neue Welt.[8] Doch ging der Insel Verlag hier – wie auch bei anderen editorischen Fragen – nach ausführlicher Diskussion großzügig auf den Wunsch des Herausgebers nach unbedingter Verwendung des von Humboldt autorisierten deutschen Titels Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents ein. Frontispiz und Titelkupfer der französischen Originalausgabe der Relation historique wurden der Edition vorangestellt, um anders als bei anderen Ausgaben die Tatsache nicht zu verschleiern, dass es sich hier um eine Übersetzung des von Humboldt in französischer Sprache verfassten Textes handelte. Denn Alexander von Humboldt darf nicht nur als deutscher, sondern muss auch als französischer Schriftsteller verstanden werden: als ein Autor, dem nicht allein im Deutschen, sondern auch und gerade im Französischen große literarische Verdienste zukommen. In dieser für sein Schreiben charakteristischen translingualen Dimension, dem beständigen Queren sprachlicher Grenzen, lässt sich Alexander von Humboldt sehr wohl als ein großer Vertreter den Literaturen ohne festen Wohnsitz[9] zurechnen. Zugleich akzeptierte der im Insel Verlag verantwortliche Lektor, Franz-Heinrich Hackel, nach ausführlichen und stets konstruktiven Gesprächen die Notwendigkeiten einer umfangreicheren, philologisch fundierten und kommentierten Texterstellung, bei der Auslassungen im Text markiert und in den Anmerkungen zusammen mit zusätzlichen Erläuterungen aufgeführt werden sollten. Der dadurch notwendig auf insgesamt 1637 Seiten angewachsene Textumfang überschritt zwar das ursprüngliche Verlagsvorhaben um das nahezu Vierfache, doch setzte man nun – die Entscheidung fiel im Januar 1990 – mutig auf eine graphisch wie herstellerisch hochwertige Ausstattung im Hauptprogramm, die gewiss ihren Preis hatte, aber bei der Veröffentlichung der beiden Bände[10] im Herbstprogramm 1991 sehr positive Reaktionen auslöste. So hieß es etwa in der Basler Zeitung, es handle sich „um eine unverschämt teure, aber einzigartig schöne Ausgabe”, und der Rezensent betonte, er habe im Jahre 1991 „kein prächtigeres Buchwerk gesehen”.[11] Spätere Neuauflagen der Edition konnten in einer teilweise einfacheren Ausstattung – an die Stelle des programmatischen Tableau physique des Andes et pays voisins in Leinenausführung trat eine kartonierte Darstellung desselben Kassettenmotivs – im übrigen deutlich wohlfeiler angeboten werden und den Erfolg der Edition verstetigen. Da die herausgeberische Arbeit an der Ausgabe bereits im Juni 1987 abgeschlossen war und sowohl die über 2200 Manuskriptseiten nebst Nachwort und editorischer Notiz zugänglich waren, konnte die Edition noch vor ihrer Veröffentlichung bereits im November 1987 mit dem „Heinz-Maier-Leibnitz-Preis“ des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft ausgezeichnet werden. Das Ziel der Ausgabe war es gewesen, in einem renommierten Publikumsverlag einer möglichst breiten Leserschaft eine wissenschaftlich fundierte zuverlässige Textgrundlage zur Verfügung zu stellen, in der sich die von Humboldt angestrebte Verbindung von Ethik und Ästhetik gerade auch in ihrer künstlerischen Dimension sinnlich nachvollziehbar präsentieren sollte. Die Herausforderung aber bestand zum damaligen Zeitpunkt nicht zuletzt darin, für den „illustren Unbekannten“ eine Leserschaft im deutschsprachigen Raum zu finden, ja wo nötig zu erfinden, war von Seiten des Verlags doch noch in einem Schreiben vom 16. Mai 1990 die nicht leicht von der Hand zu weisende Einschätzung geäußert worden, dass „eine breite Leserresonanz kaum zu erwarten ist”. Durch diese editorische und verlegerische Anstrengung, die auf Seiten des Verlags durchaus von großem Engagement zeugte, sollten Alexander von Humboldts Schriften wie ihrem Verfasser selbst im deutschsprachigen Raum jene Anerkennung und Bedeutung zuteil werden, die dem großen Gelehrten und Schriftsteller weltweit nicht versagt geblieben waren. Dass diese Edition nur der Anfang eines jahrzehntelangen hartnäckigen Bemühens sein konnte, um Alexander von Humboldt über die Kreise der Spezialisten in beiden deutschen Staaten hinaus wieder als eine große Gestalt des nicht nur preußischen oder europäischen Geisteslebens in die öffentliche Diskussion zu rücken und einzubringen, war nicht zu bestreiten. Doch eine „Rückkehr“ zu Humboldt war nur durch eine geduldige Rückkehr zu seinen Schriften zu bewerkstelligen: Sie sind es, die entscheidend für die Brillanz und Kohärenz, aber auch für die unverminderte prospektive Kraft seines Denkens und Schreibens einstehen. Die mit der Ausgabe einhergehende literarische, kulturwissenschaftliche und epistemologische Neubewertung Alexander von Humboldts, der im deutschsprachigen Raum – anders als im weltweiten Maßstab – während des gesamten 20. Jahrhunderts im Schatten seines Bruders Wilhelm gestanden und nicht selten mit diesem verwechselt worden war, konnte nur durch eine kritische und zugleich fundierte Auseinandersetzung eines möglichst breiten Publikums mit seinen faszinierenden Schriften erfolgen. Erst ein Zugänglichmachen der Humboldtschen Texte konnte die Möglichkeit eröffnen, die Humboldtsche Wissenschaft in ihrer wissenschaftlichen wie (natur)philosophischen Komplexität zu untersuchen und zugleich die während so langer Zeit unterschätzte, ja nicht selten geleugnete schriftstellerische Meisterschaft des Autors des Kosmos und der Relation historique in der deutschen wie in der französischen Sprache sichtbar werden zu lassen und auch für ein größeres nicht-spezialisiertes Publikum nachvollziehbar herauszuarbeiten. Nur auf verlässlicher Textgrundlage, so meine seit 1982 gehegte Hoffnung, konnte es gelingen, Alexander von Humboldt nicht länger als einen zweitrangigen, längst überholten Naturwissenschaftler, als den historisch gewordenen Vertreter einer einzigen Disziplin, der Geographie, als den letztlich bürgerlichen, kosmopolitischen Vorboten einer sozialistischen Gesellschaft oder als das „letzte Universalgenie“ misszuverstehen, sondern durch eine textbezogene Auseinandersetzung in ihm das Unabgegoltene eines transdisziplinären Wissenschaftsverständnisses und einer faszinierenden literarischen Schreibweise zu erkennen. Es galt, den Entdecker, den illustren Unbekannten mit dem großen Namen, neu zu entdecken und für vielfältige, aber stets textuell in seinem Gesamtwerk fundierte Deutungen zu öffnen. Eine neue Öffentlichkeit für Alexander von Humboldt Der weitere Verlauf der neunziger Jahre brachte eine Reihe von Veränderungen, die sich insgesamt als günstig für die Beschäftigung mit Alexander von Humboldt erwiesen. Durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurden die beiden lange Zeit miteinander rivalisierenden Traditionsstränge der Humboldt-Forschung – eine stark institutionalisierte im Osten und eine deutlich kleinparzelliertere im Westen – miteinander verbunden, wobei mehrere Symposien im Ergebnis belegten, dass die durchaus unterschiedlichen Ansätze in starkem Maße komplementär und wechselseitig verstärkend wirksam werden konnten.[12] Zugleich bot die neue politische Situation und die mit ihr verbundene Frage nach gemeinsamen Traditionen oder – wie man in der Deutschen Demokratischen Republik gesagt hätte – nach der Aneignung eines gemeinsamen „kulturellen Erbes“[13] einen optimalen Resonanzboden für die Rückbesinnung auf die Gestalt Alexander von Humboldts, der als Intellektueller avant la lettre und Schriftsteller in der deutschen wie der französischen Sprache sowie als Weltreisender und Wissenschaftler für vielfältige Verbindungen zwischen Deutschland und Frankreich, zwischen Alter und Neuer Welt, zwischen der Spätaufklärung des 18. Jahrhunderts und dem Bildungsgedanken des 19. Jahrhunderts wie kein anderer einstand. Was so lange Zeit als längst historisch geworden galt, wurde nun aus der Perspektive des historischen Gewordenseins neu betrachtet: Die Aktualität des Humboldtschen Denkens und dessen Relevanz für ein geschichtlich vertieftes Verständnis gegenwärtiger Probleme rückte zunehmend in den Vordergrund. Die Entstehung einer neuen Öffentlichkeit für Alexander von Humboldts Denken und Wirken wurde zusätzlich durch eine Reihe verdienstvoller Ausstellungen begünstigt, die aus Anlass der Zweihundertjahrfeiern der Amerikanischen Reise von Frank Holl initiiert in Mexico, in Cuba[14] sowie 1999/2000 in Berlin und Bonn[15] stattfanden und teilweise von internationalen wissenschaftlichen Symposien[16] begleitet wurden. Diese Abfolge großer und publikumswirksamer Ausstellungen, die keineswegs zufällig in der spanischen Hauptstadt Madrid[17] einen weiteren Höhepunkt erreichte, schärfte auch im deutschsprachigen Raum das Bewusstsein für eine lange Zeit verschüttete Denk- und Wissenschaftstradition, deren nicht nur wissenschaftsgeschichtlich, sondern vor allem politisch-ideologisch motivierte Ausblendung zu der eingangs umschriebenen Situation des zwar weltweit bekannten, aber in Deutschland weitgehend ungelesenen „illustren Unbekannten“ geführt hatte. Die Strahlkraft der Gestalt Alexander von Humboldts wuchs – stärker denn je international vernetzt und gerade mit der spanischsprachigen Welt verbunden – auf eine nicht mehr länger übersehbare Weise. Die Ausstellungen stellten die Frage nach den Texten hinter dem großen Namen. Damit aber ergaben sich neue Möglichkeiten, den eingeschlagenen Weg wissenschaftlich-philologisch fundierter Editionen in Publikumsverlagen fortzusetzen. So versuchte ich zunächst, wie in der deutschsprachigen Ausgabe der Relation historique einen weiteren französischsprachigen Text Alexander von Humboldts anzugehen, mit dem ich mich bereits mehrfach und zuletzt ausführlich in meinem Band über Alexander von Humboldts Weltbewusstsein[18] beschäftigt hatte. Im Kontext einer Vorstellung dieses Bandes am 10. Juli 2002 am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin konnte ich den jungen Doktoranden Oliver Lubrich für dieses Projekt begeistern. Hans Christoph Buch setzte sich dankenswerterweise bei Hans Magnus Enzensberger für die Verwirklichung dieses Vorhabens in der „Anderen Bibliothek” ein – und eine erste positive Reaktion von Seiten Enzensbergers lag bereits in den ersten Augusttagen vor. Es klang für Außenstehende kaum glaubhaft, dass Alexander von Humboldts 1810 und 1813 erschienene Vues des Cordillères et Monumens des Peuples Indigènes de l‘Amérique (die nicht nur im spanisch-, französisch- und englischsprachigen Raum zu den berühmtesten Werken des Gelehrten gezählt werden) in deutscher Sprache bis zu diesem Zeitpunkt erst in wenigen Bruchstücken erschienen waren: Textfragmente, von denen selbstverständlich keinerlei Wirkung hatte ausgehen können. Wie verblüffend die im Grunde skandalöse Tatsache, dass ein so wichtiges Werk Alexander von Humboldts wie die Vues des Cordillères über nahezu zwei Jahrhunderte nicht in deutscher Sprache erschienen waren, auch auf Menschen wirken musste, die mit der Bedeutung des Humboldtschen Œuvre sehr wohl vertraut sind, zeigen die zu Beginn noch eher ungläubigen Reaktionen und Nachfragen Hans Magnus Enzensbergers, des damaligen Herausgebers der „Anderen Bibliothek” im Eichborn Verlag, sehr deutlich. Während in der Insel-Ausgabe der Relation historique auf zwei freilich gekürzte beziehungsweise fehlerhafte Übersetzungen aus dem 19. Jahrhundert – die es gründlich zu überarbeiten galt – zurückgegriffen werden konnte und nur teilweise einzelne Passagen neu übersetzt werden mussten, waren die Vues des Cordillères komplett neu ins Deutsche zu übertragen. Hierfür konnte mit Claudia Kalscheuer eine mehrfach ausgezeichnete Übersetzerin gewonnen werden. Die im Rahmen des noch zu besprechenden „Humboldt-Projekts” in der „Anderen Bibliothek” rechtzeitig zum 235. Geburtstag Alexander von Humboldts am 14. September 2004 erschienene Ausgabe der Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker Amerikas[19] folgte den bereits genannten Kriterien einer stets am Original ausgerichteten Texttreue, einer optimalen Lesbarkeit und einer graphisch überzeugenden herstellerischen Umsetzung, für die Franz Greno in der „Anderen Bibliothek” zweifellos Maßstäbe gesetzt hat.[20] Auch in dieser Ausgabe wurde, anfänglichen Widerständen und Gegenvorschlägen zum Trotz, am Humboldtschen Originaltitel festgehalten. Wie günstig sich das Umfeld für textgetreue Ausgaben von Alexander von Humboldts Œuvre im Vergleich zu den achtziger und frühen neunziger Jahren entwickelt hatte, zeigte nicht nur die rasche Bereitschaft, diesen im deutschen Sprachraum unverständlicherweise weitgehend unbekannten Titel zunächst in die „Andere Bibliothek” aufzunehmen und, so der bald schon den beiden Herausgebern unterbreitete und von diesen gerne akzeptierte Vorschlag, in einer herstellerisch aufwendigeren Edition derselben Reihe vorzulegen. Vielmehr wurde Oliver Lubrich und mir noch während der herausgeberischen Arbeit an den Ansichten der Kordilleren die Frage unterbreitet, wie eine editorische Lösung für die Herausgabe von Humboldts Kosmos aussehen könnte. Die Anwendung derselben editorischen Prinzipien, die nun freilich nicht auf die deutschsprachige Herausgabe eines im Original französischsprachigen Textes, sondern auf die Edierung eines von Humboldt auf Deutsch verfassten Werkes zu richten waren, zielte darauf ab, im Gegensatz zu verschiedenen vorgängigen Ausgaben des Kosmos nun auch bei den großen deutschsprachigen Werken Alexander von Humboldts philologische Standards einzuführen und zur Anwendung zu bringen. So rundete das Projekt, den Humboldtschen „Ur-Kosmos” wiederherzustellen, die Edition im Original französischsprachiger Schriften ab: Der deutsche und der französische Schriftsteller hatten gleichermaßen Anspruch auf vollständige, ästhetisch ansprechende und sorgsam edierte Ausgaben mit möglichst hoher Auflagenzahl. Damit konnte zugleich zumindest von deutscher Seite jene Problematik angegangen werden, die die Rezeption Alexander von Humboldts schon früh beeinträchtigt hatte: dass Humboldts französischsprachige Schriften im deutschsprachigen Raum oft geringere, ja bisweilen gar keine Beachtung fanden, während diese Texte eines deutschen Gelehrten umgekehrt in Frankreich gerade in der Epoche deutsch-französischer Auseinandersetzungen immer häufiger übergangen wurden.[21] Mit Blick auf die Kosmos-Edition wurde auf Grund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die Texterfassung nach China vergeben und zur technischen Unterstützung der beiden Herausgeber ein „Humboldt-Kontor“ gegründet, dem Kristina Vaillant, Anne Vonderstein und als verantwortlicher Lektor Rainer Wieland angehörten. In einer ersten Phase bestand die Aufgabe dieses eigens für die Edition gegründeten Kontors in der Unterstützung bei der technischen Umsetzung jener editorischen Leitlinien, die bereits meiner Ausgabe der Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents zu Grunde lagen. In einer zweiten Phase sollten die Mitglieder des „Kontors“ vorrangig die infrastrukturelle und werbetechnische Absicherung dessen gewährleisten, was nunmehr öffentlich als „Das Alexander-von-Humboldt-Projekt“ – versehen mit einem Krokodil-Signet, das ich mir ursprünglich für die Ausgabe der Vues des Cordillères gewünscht hatte und das dort auch in tastbarer Form vorhanden ist – bezeichnet wurde. Zu diesem editorischen Gesamtvorhaben, das im Beisein des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler und des Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker auf Schloss Tegel vorgestellt wurde und auf Grund des beträchtlichen finanziellen Volumens mit nicht geringen ökonomischen Risiken für den in der Tat als mutig zu bezeichnenden Eichborn Verlag behaftet war, zählten neben den Ansichten der Kordilleren, der im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehenden Edition des Kosmos[22] sowie des dieser Summa des Humboldtschen Denkens historisch zugeordneten Physikalischen Atlas von Heinrich Berghaus[23] auch eine unkommentierte Neuauflage der erstmals 1986 von Franz Greno in der „Anderen Bibliothek“ verlegten Ansichten der Natur[24] sowie eine Hörbuchfassung des Kosmos auf zwei CDs.[25] Die Zahl der 2004 gedruckten Exemplare lag beim Kosmos bei insgesamt 80.000 und bei den Ansichten der Kordilleren bei circa 33.000 Exemplaren.[26] Die Edition wurde ein Erfolg und hat wesentlich dazu beigetragen, dass für Alexander von Humboldts Schriften im deutschsprachigen Raum neue Leserschichten erschlossen und für die Auseinandersetzung mit seinem Denken eine neue Dimension der Öffentlichkeit geschaffen werden konnten. Neue Chancen, neue Herausforderungen Wie stark sich im Verlauf der zurückliegenden drei Jahrzehnte der Bekanntheitsgrad Alexander von Humboldts in der deutschsprachigen Öffentlichkeit verändert hat, zeigen nicht nur Fernsehumfragen zu den berühmtesten Deutschen, in denen Alexander von Humboldt mittlerweile regelmäßig figuriert, oder Fernsehserien, die über aktuelle Expeditionen berichten und auf Humboldts Namen zurückgreifen. Am deutlichsten vielleicht belegt dies der enorme Erfolg von Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt”,[27] der ohne die zuvor skizzierte Entwicklung nicht denkbar gewesen wäre. Auch wenn diese Gelehrtensatire über Gauß und Humboldt weder an den Humboldtschen Texten noch an seinem Denken interessiert war und daher sicherlich nicht der durch viele Interviews geschürten Erwartungshaltung eines Publikums genügen konnte, das in unterhaltsamer Form einen Blick „hinter die Kulissen” tun wollte, um den „wahren” Humboldt kennenzulernen,[28] so zeigt dieser Erfolg doch zumindest zweierlei: Alexander von Humboldt ist in der Öffentlichkeit längst wieder zu einem Bezugspunkt geworden, und – was schon das „Humboldt-Pojekt“ beim Eichborn Verlag zeigte – das Potential an Leserinnen und Lesern seiner Texte ist im deutschen Sprachraum enorm angewachsen. Kehlmanns kaum von direkter Textkenntnis getrübter Unterhaltungsroman birgt freilich auch das Risiko, gleichsam den Zugang zu den Originaltexten Humboldts wieder zu versperren und an die Stelle einer direkten Auseinandersetzung mit dem Autor der Ansichten der Natur allzu bekannte Stereotype zu setzen. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sich der Autor der Vermessung der Welt in seinen Interviews immer wieder gerne mit Schaudern von Humboldts Schriften abwendet. Der Kosmos? „Völlig unlesbar! Ein Albtraumbuch!”[29] In Kehlmanns Welt hat Humboldt nicht nur die Menschen nie verstanden (ganz klar: „er versteht zwar die Menschen nicht, aber er bemüht sich wenigstens, auf sie zuzugehen”[30]), er ist auch ganz gewiss kein Schriftsteller. Wozu also Humboldt noch lesen? Hatte Daniel Kehlmann in einem seiner besseren Kapitel unter dem Titel „Der Berg”[31] den Aufstieg Humboldts und Bonplands in grellen, fast psychedelischen Farben (wie auf dem Trip) dargestellt, so unternahmen es Oliver Lubrich und ich, die weit verstreuten und teilweise noch unveröffentlichten Humboldtschen Texte nach den genannten herausgeberischen Standards zu edieren und mit einer Reflexion über diesen Versuch gebliebenen Versuch, den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen, zu verbinden.[32] Diese Edition bildet gleichsam après coup den Schlusspunkt des gemeinsamen editorischen „Humboldt-Projekts“ im Eichborn Verlag, der sich gerade mit Blick auf die graphische Gestaltung der von Marcel Vejmelka besorgten Übersetzung des Humboldtschen Tagebuches und die Einfügung desselben als „Buch im Buch“ auch herstellerisch wiederum sehr engagierte. Eine kontrastive Lektüre von Kehlmanns Romankapitel, der von ihm benutzten und „verarbeiteten“ Sekundärliteratur und der nunmehr edierten veröffentlichten wie unveröffentlichten Texte Alexander von Humboldts selbst ist ebenso erhellend wie spannend. Sie macht einmal mehr, wenn es dessen denn bedürfte, auf die Notwendigkeit aufmerksam, zu den Humboldtschen Texten, zu den so unterschiedlichen Schreibformen dieses faszinierenden translingualen Schriftstellers, zurückzukehren. Dass das Interesse an Humboldts Schriften stetig und längerfristig ansteigt und man etwa mit Blick auf das „Humboldt-Projekt“ gewiss nicht von einem plötzlichen „Humboldt-Hype“ sprechen kann, dürfte die hier auf wenigen Seiten skizzierte Entwicklung gezeigt haben. Sie bliebe unvollständig, würden nicht auch andere wichtige editorische Vorhaben zumindest Erwähnung finden. An erster Stelle sind sicherlich die wissenschaftlichen Editionen der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle der jetzigen Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften[33] zu nennen, die durch ihre verdienstvollen Ausgaben etwa eines Teiles der Tagebücher[34] oder der Humboldtschen Korrespondenz[35] vorwiegend im Berliner Akademie Verlag wichtige Zugangsmöglichkeiten zu lange Zeit nur schwer erreichbaren Texten für ein vorwiegend wissenschaftliches Zielpublikum geschaffen hat. Des weiteren ist die von Hanno Beck teilweise in Verbindung mit anderen Wissenschaftlern besorgte siebenbändige Studienausgabe zu erwähnen, die in der Darmstädter Wissenschaftlichen Buchgesellschaft erschien und einer eher anthologischen, nicht-philologischen Ausrichtung folgt.[36] Es gibt folglich gute Gründe, auf ein auch künftig wachsendes Interesse ebenso einer spezialisierten wissenschaftlichen Leserschaft, die den unterschiedlichsten Disziplinen entstammt, wie einer allgemeinen Öffentlichkeit zu zählen: Die Phase der „Erfindung“ eines breiteren Publikums für die stets ihre Leser in ihren Bann ziehenden Schriften Alexander von Humboldts ist – darauf deutet alles hin – endgültig vorüber. So ist der Verfasser des Amerikanischen Reisewerkes mittlerweile auch im deutschen Sprachraum zu einem wichtigen Bezugspunkt geworden, auch wenn es sicherlich noch Jahrzehnte und mehrere Forschergenerationen dauern wird, bis seine Bedeutung nicht allein für ein historisch gewordenes, sondern auch für ein künftiges Weltbewusstsein – im jeweiligen kritischen Dialog mit neuen, zeitspezifischen Kontexten und Herausforderungen – erkannt sein wird. Doch noch immer gibt es in der Edition Humboldtscher Texte viele Schätze zu heben. Gewiss wird – nicht allein im deutschsprachigen Raum – die editorische Arbeit an der umfangreichen Korrespondenz wie in ganz besonderem Maße an den unselbständigen Schriften des Schriftstellers und Naturforschers noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Signifikanz und Relevanz des Humboldtschen Schreibens und Denkens werden auch in Zukunft in wesentlicher Weise von der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Editionen abhängen, die eine wissenschaftlichen Standards entsprechende Textgrundlage mit einem hohen Maß an originalgetreuer Lesbarkeit und graphisch ansprechender, den Humboldtschen Vorstellungen von einem sinnlich erfahrbaren Wissen folgender Aufbereitung verbinden. Dabei gilt es, immer wieder gerade auch den experimentellen Charakter des Schreibens Alexander von Humboldts konkret vor Augen zu führen und erfahrbar zu machen. Die gegenwärtige Phase der Beschäftigung mit Alexander von Humboldt bietet neue Chancen und große Herausforderungen. Weitere neue Texteditionen wurden bereits vorgelegt. Während ein von Oliver Lubrich angestoßenes Vorhaben sich der deutschsprachigen Herausgabe von Humboldts Asie Centrale widmete,[37] ging das von mir initiierte Projekt einer Edition des zwischen 1836 und 1839 in fünf Bänden in Paris erschienenen Examen critique de l‘histoire de la géographie du Nouveau Continent et des progrès de l‘astronomie nautique aux quinzième et seizième siècles[38] auf eine Projektskizze zurück, die ich bereits am 11. Juni 1991 – also noch vor dem Erscheinen meiner zweibändigen Ausgabe der Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents – dem Insel Verlag unterbreitet hatte. Alexander von Humboldt wurde in diesem großartigen, wenn auch lange Zeit sträflich vernachlässigten Werk über die Geschichte der „Entdeckung“ Amerikas zum Geschichtsschreiber der ersten Phase beschleunigter Globalisierung und trat zugleich in einen intensiven Dialog mit jenem Cristóbal Colón alias Christoph Columbus ein, der gewiss nicht ganz unbeteiligt daran blieb, dass man den Verfasser des amerikanischen Reiseberichts schon bald – und noch zu seinen Lebzeiten – als den „zweiten Kolumbus“ bezeichnete.[39] Auch hier vermag eine vollständige und textgetreue Ausgabe, in der sich Ethik und Ästhetik des Humboldtschen Schreibens durchdringen, anschaulich zu belegen, wie weitgespannt der Wissenshorizont und wie komplex jene Wege des Wissens sind, die Alexander von Humboldt vor einer Leserschaft entfaltet, die sich nicht mit Surrogaten und Extrakten – und seien sie spezifisch literarischer Art – zufrieden geben will. Hatte zu Beginn der neunziger Jahre der Insel Verlag auf mein damaliges Exposé zwar sehr positiv, aber aus verständlichen Gründen noch abwartend mit dem Hinweis auf die höchst fragliche „Verkäuflichkeit“ eines so umfangreichen Textes reagiert, so wurde mein Projekt knapp fünfzehn Jahre später von eben jener Michi Strausfeld begeistert unterstützt, die 1982 anlässlich des Horizonte-Festivals zu Recht beklagt und angemahnt hatte, dass in Deutschland noch „nicht einmal sein Reisebericht vollständig übersetzt worden“ sei.[40] Noch immer gilt es, Alexander von Humboldts lebendiges Weltbewusstsein zu entdecken – und damit zu einer geistigen Entprovinzialisierung beizutragen, für die dieser Denker der Globalität mit seinen Texten wie kaum ein anderer Europäer einsteht. Es ist daher im höchsten Maße begrüßenswert, wenn sich im Verlauf des zurückliegenden Jahrzehnts insbesondere in Spanien im Umfeld des Consejo Superior de Investigaciones Científicas unter der Federführung von Miguel Angel Puig-Samper und Sandra Rebok, aber auch in anderen Forschungskontexten neue Editionsvorhaben konkretisiert haben, welche die Texte Alexander von Humboldts einem breiteren Publikum im spanischsprachigen Bereich, vor allem aber gerade auch auf der Iberischen Halbinsel näherbringen. Parallel hierzu wurde, gefördert unter anderem von der Alexander von Humboldt-Stiftung und dem National Endowment for the Humanities, in einer Kooperation zwischen der Vanderbilt University in Nashville und der Universität Potsdam eine kritische Edition der Werke Alexander von Humboldts in englischer Sprache unternommen, von der bislang zwei Bände erschienen sind.[41] Die Humboldt-Forschung der Zukunft wird international vernetzter und weltumspannender sein als jemals zuvor. Es ist nun an der Zeit, editorische Vorhaben anzugehen, die bis vor wenigen Jahren noch als undurchführbar galten. Im Zentrum dieser Vorhaben werden zweifellos all jene Manuskripte und Texte stehen, die uns Alexander von Humboldt als einen Reiseschriftsteller präsentieren, dem es auf eindrucksvollste Weise gelang, das transdisziplinäre Zusammendenken der unterschiedlichsten von ihm beobachteten und untersuchten Phänomene mit einem lebendigen Netzwerk seiner Korrespondenten so zu verbinden, dass ebenso auf intra- und intertextueller wie auf inter- und transmedialer Ebene hochbewegliche Textkonfigurationen entstehen konnten. Sie gilt es, so konkret als irgend möglich sinnlich vor Augen zu führen. Zwei in jüngster Zeit bewilligte Projekte können hier die vielleicht entscheidenden Weichen für die Zukunft stellen. Beide stehen in direktem Zusammenhang mit dem im Herbst 2013 erfolgten Ankauf der Amerikanischen Reisetagebücher durch ein Konsortium öffentlicher und privater Geldgeber unter Federführung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das in diesem Rahmen bewilligte BMBF-Verbundprojekt „Alexander von Humboldts Amerikanische Reisetagebücher“ (ART) der Universität Potsdam und der Staatsbibliothek zu Berlin-PK (2014-2017) legt die Forschungsgrundlage für die weitere Analyse und Erschließung der Tagebücher als Zentrum des Humboldt’schen Nachlasses. Das im Herbst 2014 offiziell ins Akademienprogramm 2015 übernommene Langzeitvorhaben „Alexander von Humboldt auf Reisen. Wissenschaft aus der Bewegung“ (AvH-R) wird in geradezu idealer Weise von dieser forschungsspezifischen und institutionellen Ausweitung der Humboldt-Forschung profitieren können. Das an der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften angesiedelte Vorhaben beabsichtigt die vollständige Edition der Manuskripte Alexander von Humboldts zum Themenkomplex Reisen (Reisejournale, Tagebücher, Denkschriften, Publikationen in den bereisten Ländern und Regionen, Korrespondenzen) an der Schnittstelle von Kultur- und Naturwissenschaften und knüpft an die Tradition der Humboldt-Forschung in der Akademie an. Die künftigen Editionsprojekte werden komplementär zu den gedruckten Bucheditionen die Möglichkeiten der Digital Humanities[42] so zu nutzen suchen, dass auf einer soliden philologischen Grundlage neue, hochinnovative Editionsformate erprobt und vorgeführt werden können. Quer zu den Kontinenten und quer zu den Kulturen, quer zu den Disziplinen und quer zu den Sprachen in weltweiter Zirkulation: Wohl kaum ein anderer als Alexander von Humboldt bietet heute so faszinierende Voraussetzungen für die Nutzung komplexer Editionsverfahren. Wir werden Humboldt neu begreifen lernen. Vergessen wir dabei nicht, dass es die Rückkehr zu den Texten war, die der Alexander von Humboldt gewidmeten Forschung neue Leserinnen und Leser, aber auch neue Forscherinnen und Forscher zuführte. Im Fokus und mehr noch im Herzen dieser neuen Forschungen, dieser neuen (editions-) wissenschaftlichen Verfahren werden daher die Texte – mithin die Ausdrucksformen des Denkens, Lebens und Schreibens Alexander von Humboldts – in ihrer natur- und kulturwissenschaftlichen Bedeutung wie in ihrer mobilen Zeitlichkeit stehen. Literatur Berghaus 2004 Berghaus, Heinrich: Physikalischer Atlas oder Sammlung von Karten, auf denen die hauptsächlichsten Erscheinungen der anorganischen und organischen Natur nach ihrer geographischen Verbreitung und Vertheilung bildlich dargestellt sind. Frankfurt am Main 2004 (zu Humboldt 2004 b). Ette 1991a Ette, Ottmar: José Martí. Teil I: Apostel – Dichter – Revolutionär. Eine Geschichte seiner Rezeption. Tübingen 1991. Ette 1991b Ette, Ottmar: Der Blick auf das Andere. Eine kontrastive Lektüre der Reisen Alexander von Humboldts und Fray Servando Teresa de Miers. In: Europäische Sprachwissenschaft um 1800. Hrsg. von Brigitte Schlieben-Lange, et al. Bd. 2: Methodologische und historiographische Beiträge zum Umkreis der „idéologie“. Münster 1991. Ette 1992a Ette, Ottmar: Entdecker über Entdecker. Alexander von Humboldt, Cristóbal Colón und die Wiederentdeckung Amerikas. InColumbus zwischen zwei Welten. Historische und literarische Wertungen aus fünf Jahrhunderten. Hrsg. von Heydenreich, Titus. Bd. 1. Frankfurt am Main 1992. Ette 1992b Ette, Ottmar: „Unser Welteroberer“. Alexander von Humboldt, der zweite Entdecker, und die zweite Eroberung Amerikas. In: Amerika 1492 – 1992. Neue Welten – Neue Wirklichkeiten. Essays. Hrsg. vom Ibero-Amerikanischen Institut Preußischer Kulturbesitz und Museum für Völkerkunde Staatliche Museen zu Berlin. Braunschweig 1992. Ette 1996 Ette, Ottmar: Von Surrogaten und Extrakten. Eine Geschichte der Übersetzungen und Bearbeitungen des amerikanischen Reisewerks Alexander von Humboldts im deutschen Sprachraum. In: Deutsche in Lateinamerika – Lateinamerika in Deutschland. Hrsg. von Karl Kohut/Dietrich Briesemeister, Dietrich/Gustav Siebenmann. Frankfurt am Main 1996. Ette 2001 Ette, Ottmar/Ute Hermanns/Bernd M. Scherer/Christian Suckow (Hrsg.): Alexander von Humboldt – Aufbruch in die Moderne. Berlin 2001. Ette 2002 Ette, Ottmar: Weltbewusstsein. Alexander von Humboldt und das unvollendete Projekt einer anderen Moderne. Weilerswist 2002. Ette 2005 Ette, Ottmar: ZwischenWeltenSchreiben. Literaturen ohne festen Wohnsitz (ÜberLebenswissen II). Berlin 2005. Fiedler/Leitner 2000 Fiedler, Horst/Ulrike Leitner: Alexander von Humboldts Schriften. Bibliographie der selbständig erschienenen Werke. Berlin 2000. HiN 25 (2012) HiN – Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien. Potsdam/Berlin XIII, 25 (2012) (http://www.hin-online.de). Holl 1997 Holl, Frank (Hrsg.): Alejandro de Humboldt en Cuba. Catálogo para la exposición en la Casa Humboldt, Habana Vieja, octubre 1997 – enero 1998. Augsburg 1997. Holl 2005 Holl, Frank (Hrsg.): Alejandro de Humboldt: Una nueva visión del mundo. Exposición en el Museo Nacional de Ciencias Naturales, 4 de octubre 2005 - 8 de enero 2006. Barcelona/Madrid 2005. Humboldt 1979 Humboldt, Alexander von: Südamerikanische Reise. Hrsg. von Reinhard Jaspert. Berlin 1979. Humboldt 1982 Humboldt, Alexander von: Lateinamerika am Vorabend der Unabhängigkeitsrevolution. Eine Anthologie von Impressionen und Urteilen, aus seinen Reisetagebüchern zusammengestellt und erläutert durch Margot Faak. Mit einer einleitenden Studie von Manfred Kossok. Berlin 1982 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 5). Humboldt 1986 Humboldt, Alexander von: Reise auf dem Río Magdalena durch die Anden und Mexiko. Aus seinen Reisetagebüchern zusammengestellt und erläutert von Margot Faak. Teil I: Texte. Berlin 1986 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 8). Humboldt 1987-1997 Humboldt, Alexander von: Studienausgabe. 7 Bde. Hrsg. von Hanno Beck. Darmstadt 1987–1997. Humboldt 1991 Humboldt, Alexander von: Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents. Hrsg. von Ottmar Ette. Mit Anmerkungen zum Text, einem Nachwort und zahlreichen zeitgenössischen Abbildungen sowie einem farbigen Bildteil. 2 Bde. in Kassette. Frankfurt am Main/Leipzig 1991. Humboldt 1999 Alexander von Humboldt – Netzwerke des Wissens. Hrsg. von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. Katalog der Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt (Berlin) vom 6. Juni bis 15. August 1999 und in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Bonn) vom 15. September 1999 bis 9. Januar 2000. Bonn 1999. Humboldt 2000 Humboldt, Alexander von: Reise durch Venezuela. Auswahl aus den amerikanischen Reisetagebüchern. Hrsg. von Margot Faak. Berlin 2000 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 12). Humboldt 2004a Humboldt, Alexander von: Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker Amerikas. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Ediert und mit einem Nachwort versehen von Oliver Lubrich und Ottmar Ette. Frankfurt am Main 2004. Humboldt 2004b Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Ediert und mit einem Nachwort versehen von Ottmar Ette und Oliver Lubrich. Frankfurt am Main 2004 (mit Berghaus 2004). Humboldt 2004c Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. 2 CDs mit Booklet. Ausgewählt von Kristina Vaillant, Anne Vonderstein & Rainer Wieland. Eine Hörfunkproduktion des Hessischen Rundfunks. Frankfurt am Main 2004. Humboldt 2004d Humboldt, Alexander von: Ansichten der Natur, mit wissenschaftlichen Erläuterungen und sechs Farbtafeln, nach Skizzen des Autors. Frankfurt am Main 2004. Humboldt 2004e Humboldt, Alexander von: Alexander von Humboldt und die Vereinigten Staaten von Amerika. Briefwechsel. Hrsg. von Ingo Schwarz. Berlin 2004 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 19). Humboldt 2005 Humboldt, Alexander von: Von Mexiko-Stadt nach Veracruz. Tagebuch. Hrsg. von Ulrike Leitner. Berlin 2005 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 25). Humboldt 2006 Humboldt, Alexander von: Ueber einen Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen. Mit dem vollständigen Text des Tagebuches „Reise zum Chimborazo“. Herausgegeben und mit einem Essay versehen von Oliver Lubrich und Ottmar Ette. Frankfurt am Main 2006. Humboldt 2007 Humboldt, Alexander von: Briefwechsel mit Samuel Heinrich Spiker. Hrsg. von Ingo Schwarz. Berlin 2007 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 27). Humboldt 2009a Humboldt, Alexander von: Briefe aus Russland 1829. Hrsg. von Eberhard Knobloch, Ingo Schwarz und Christian Suckow. Mit einem einleitenden Essay von Ottmar Ette. Berlin 2009 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 30). Humboldt 2009b Humboldt, Alexander von: Zentral-Asien. Untersuchungen zu den Gebirgsketten und zur vergleichenden Klimatologie. Nach der Übersetzung Wilhelm Mahlmanns aus dem Jahr 1844. Neu bearbeitet und herausgegeben von Oliver Lubrich. Mit einer Auswahl aus Alexander von Humboldts Reisebriefen und Gustav Roses Reisebericht. Frankfurt am Main 2009. Humboldt 2009c Humboldt, Alexander von: Kritische Untersuchung zur historischen Entwicklung der geographischen Kenntnisse von der Neuen Welt und den Fortschritten der nautischen Astronomie im 15. und 16. Jahrhundert. Mit dem geographischen und physischen Atlas der Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents Alexander von Humboldts sowie dem Unsichtbaren Atlas der von ihm untersuchten Kartenwerke. Mit einem vollständigen Namen- und Sachregister. Nach der Übersetzung aus dem Französischen von Julius Ludwig Ideler ediert und mit einem Nachwort versehen von Ottmar Ette. 2 Bde. im Schuber. Frankfurt am Main/Leipzig 2009. Humboldt 2011a Humboldt, Alexander von: Briefwechsel mit der Familie Mendelssohn. Hrsg. von Sebastian Panwitz und Ingo Schwarz unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch. Im Auftrag des Moses Mendelssohn Zentrums Potsdam und der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle Berlin. Berlin 2011 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 34). Humboldt 2011b Humboldt, Alexander von: Briefwechsel mit August Böckh. Hrsg. von Romy Werther unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch. Berlin 2011 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 33). Humboldt 2011c Humboldt, Alexander von: Political Essay on the Island of Cuba. A Critical Edition. Edited with an Introduction by Vera M. Kutzinski and Ottmar Ette. Translated by J. Bradford Anderson, Vera M. Kutzinski, and Anja Becker. With Annotations by Tobias Kraft, Anja Becker, and Giorleny D. Altamirano Rayo. Chicago/London 2011. Humboldt 2012 Humboldt, Alexander von: Views of the Cordilleras and Monuments of the Indigenous Peoples of the Americas. A Critical Edition. Edited with an Introduction by Vera M. Kutzinski and Ottmar Ette. Translated by J. Ryan Poynter. With Annotations by Giorleny D. Altamirano Rayo and Tobias Kraft. Chicago/London 2012. Kehlmann 2005a Kehlmann, Daniel: Die Vermessung der Welt. Roman. Reinbek bei Hamburg 2005. Kehlmann 2005b Kehlmann, Daniel: „Ich kann nicht rechnen.“ Interview mit Klaus Nüchtern und Klaus Taschwer. In: Falter (23.9.2005). Kehlmann 2005c Kehlmann, Daniel: „Mein Thema ist das Chaos.“ Ein Spiegel-Gespräch mit Matthias Matusek, Matthias Schreiber und Olaf Stampf. In: Der Spiegel (Hamburg) (5.12.2005). Oviedo 1982 Oviedo, José Miguel (Hrsg.): Lateinamerika. Gedichte und Erzählungen. Frankfurt am Main 1982. Pauw 1768-1769 Pauw, Cornelius de: Recherches philosophiques sur les Américains, ou Mémoires intéressants pour servir à l’Histoire de l’Espèce humaine. 2 Bde. Berlin 1768-1769. Pauw 1769 Pauw, Cornelius de: Philosophische Untersuchungen über die Amerikaner, oder wichtige Beyträge zur Geschichte des menschlichen Geschlechts. Übersetzt von Carl Gottlieb Lessing. 2 Bde. Berlin 1769. Rama 1982 Rama, Angel (Hrsg.): Der lange Kampf Lateinamerikas. Texte und Dokumente von José Martí bis Salvador Allende. Frankfurt am Main 1982. Rodríguez Monegal 1982 Rodríguez Monegal, Emir (Hrsg.): Die Neue Welt. Chroniken Lateinamerikas von Kolumbus bis zu den Unabhängigkeitskriegen. Frankfurt am Main 1982. Rupke 2005 Rupke, Nicolaas A.: Alexander von Humboldt. A Metabiography. Frankfurt am Main/Berlin/Bern 2005; Schmidt 1991 Schmidt, Aurel: Basler Zeitung/Basler Magazin (Basel) 49 (7.12.1991). Schuchardt 2010 Schuchardt, Gregor: Fakt, Ideologie, System. Die Geschichte der ostdeutschen Alexander von Humboldt-Forschung. Stuttgart 2010. Strausfeld 1982 Strausfeld, Michi: Anmerkungen zur literarischen Erkundung Lateinamerikas. Anotaciones sobre la literatura latinoamericana. In: Horizonte 1982. 2. Festival der Weltkulturen. Berlin, 29. Mai–20. Juni. Hrsg. von den Berliner Festspielen. Berlin 1982, S. 132. Weimann 1977 Weimann, Robert: Gegenwart und Vergangenheit in der Literaturwissenschaft. In: Ders.: Literaturgeschichte und Mythologie. Methodologische und historische Studien. Frankfurt am Main 1977. Zitierweise Ette, Ottmar (2014): Neuere Editionsprojekte zu Humboldt als Grundlage und Herausforderung künftigen Forschens. In: HiN - Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) XV, 29, S. 13-25. Online verfügbar unter: <http://www.uni-potsdam.de/romanistik/hin/hin29/ette.htm> Permanent URL unter <http://opus.kobv.de/ubp/abfrage_collections.php?coll_id=594&la=de> [1] Strausfeld 1982, S. 132. [2] Diese zum damaligen Zeitpunkt wohl einflussreichsten lateinamerikanischen Wissenschaftler und Kritiker legten parallel zum Horizonte-Festival im Suhrkamp Verlag wichtige Anthologien vor, welche die „Erkundung“ Lateinamerikas im deutschsprachigen Raum sehr beförderten; vgl. Rodríguez Monegal 1982; Rama 1982 und Oviedo 1982. [3] Vgl. Ette 1991a. [4] Vgl. hierzu heute die verdienstvolle, damals aber noch nicht zur Verfügung stehende Bibliographie von Fiedler/Leitner 2000, S. 77 f. [5] Vgl. hierzu meine die ersten Rechercheergebnisse vertiefende Studie: Von Surrogaten und Extrakten. Eine Geschichte der Übersetzungen und Bearbeitungen des amerikanischen Reisewerks Alexander von Humboldts im deutschen Sprachraum (Ette 1996). [6] Humboldt 1979, S. 140. [7] Vgl. Pauw 1768-1769; eine deutsche Ausgabe folgte rasch: Pauw 1769. [8] Die Vorschau des Insel Verlags für das zweite Halbjahr 1990 führt den Band unter diesem Titel auf, weist noch eine (mit dem Herausgeber nicht abgesprochene) gänzlich anders konzipierte graphische Gestaltung des Schubers auf und kündigt die Auslieferung für den 5. September 1990 an. [9] Vgl. zu diesem Begriff Ette 2005. [10] Humboldt 1991. Es wurden zunächst 3000 Exemplare gedruckt, der Ladenverkaufspreis wurde auf DM 160,- festgesetzt. [11] Vgl. die Besprechung von Schmidt 1991. [12] Vgl. hierzu auch die Darstellung der Humboldtschen Wirkungsgeschichte in Rupke 2005; sowie mit Blick auf die institutionalisierte Forschung in der Deutschen Demokratischen Republik: Schuchardt 2010. [13] Vgl. Weimann 1977, S. 12–41. [14] Vgl. Holl 1997. [15] Vgl. Humboldt 1999. [16] Vgl. Ette/Hermanns/Scherer/Suckow 2001. [17] Vgl. Holl 2005. Ende 2006 und Anfang 2007 zeigte das spanische Instituto Cervantes überdies eine von Sandra Rebok und Miguel Angel Puig-Samper koordinierte Ausstellung, die in Berlin, München und Bremen gezeigt wurde und sich speziell dem in Deutschland zuvor wenig diskutierten Aufenthalt Humboldts in Spanien widmete. Weitere Ausstellungen folgten bzw. sind auch in anderen Ländern geplant. [18] Vgl. Ette 2002. [19] Humboldt 2004a. [20] Die „Editorischen Notizen” der hier genannten Bände geben präzisen Aufschluss über die für das jeweilige Werk spezifischen Editionsprinzipien. [21] Ein wichtiges Projekt stellen in diesem Zusammenhang die Faksimile-Ausgaben der französischen Schriften Alexander von Humboldts in den Editions Nanterre dar, die – auf ein breiteres Publikum berechnet – einmal eine eingehendere Untersuchung verdienten. [22] Humboldt 2004b. [23] Heinrich Berghaus: Physikalischer Atlas oder Sammlung von Karten, auf denen die hauptsächlichsten Erscheinungen der anorganischen und organischen Natur nach ihrer geographischen Verbreitung und Vertheilung bildlich dargestellt sind (Berghaus 2004, zu Humboldt 2004b). [24] Humboldt 2004d. [25] Humboldt 2004c. [26] Der Ladenverkaufspreis lag bei der Erstausgabe des Kosmos (incl. Atlas) bei EUR 99,– und bei den Ansichten der Kordilleren bei EUR 69,– Im Jubiläumsjahr des Eichborn Verlages erschien 2006 eine wohlfeile Edition (ohne Atlas) zum Preis von EUR 29,90. [27] Kehlmann 2005a. [28] Eine kritische Würdigung des Kehlmannschen Bestsellers findet sich in einer Serie von Aufsätzen, die in der Zeitschrift HiN 25 (2012) anlässlich der Verfilmung dieser Gelehrtensatire erschienen sind. [29] Kehlmann 2005b. [30] Kehlmann 2005c. [31] Ebda., S. 163-180. [32] Humboldt 2006. Auch bei diesem Band durfte ich auf meine Erfahrung mit Kämpfen um den Originaltitel, der sich nach langen Diskussionen auch in diesem Falle durchsetzte, zurückgreifen. [33] Zur spannenden Geschichte dieser wissenschaftlichen Institution vgl. Schuchardt 2010. [34] Vgl. zuletzt Humboldt 1982; Humboldt 1986; Humboldt 2000; Humboldt 2005. [35] Vgl. u.a. Humboldt 2004e; Humboldt 2007; Humboldt 2009a; Humboldt 2011a; Humboldt 2011b. Bereits an dieser kleinen Auswahl wird die Bedeutung der Arbeiten von Ingo Schwarz deutlich. [36] Vgl. Humboldt 1987-1997. [37] Humboldt 2009b. [38] Vgl. Humboldt 2009c. [39] Vgl. hierzu u. a. Ette 1991b, S. 137–171; Ette 1992a, S. 401-439; sowie Ette 1992b, S. 130–139. [40] Strausfeld 1982, S. 132. [41] Vgl. Humboldt 2011c; sowie Humboldt 2012. [42] Zum Thema „Alexander von Humboldt und die Digital Humanities“ veranstaltete Tobias Kraft am 14.12.2012 einen Workshop, der von der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit dem „Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft“ an der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wurde und die Perspektiven künftiger digitaler Publikationsformen ausleuchtete.
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