HiN - Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (ISSN: 1617-5239)

Navigationselement: zurück

____________________________________________________

HiN XIV, 27 (2013)

  Über den Autor
PDF-Druckversion
____________________________________________________
Navigationselement: weiter
 

 

Thomas Schmuck

Tod in den Anden
Ein Brief Francis Halls an Humboldt 1831
und seine historischen und politischen Hintergründe
 

 

Zusammenfassung

Der Forschungsreisende Francis Hall kam als Soldat nach Südamerika und betätigte sich hier auch als Pflanzensammler, Reiseschriftsteller und Bergsteiger. Er war Freund und Briefpartner Jeremy Benthams und versuchte gemeinsam mit Jean-Baptiste Boussingault den Chimborazo zu besteigen. Der liberale Journalist wurde 1833 in bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Ecuador ermordet. Der einzige Brief Halls an Humboldt, in dem er diesen für die Naturerschließung des Landes zu gewinnen versucht, eine Sammlung andiner Pflanzen übersendet und seine Einschätzung zur politischen Lage und Zukunft Südamerikas kundtut, wird hier veröffentlicht und kommentiert.

Abstract

The British explorer Francis Hall was active in South-America as a soldier, a collector of plants, a writer of travelogues and a mountaineer. Together with Jean-Baptiste Boussingault he failed in ascending the Chimborazo. Friend and correspondent of Jeremy Bentham and also liberal journalist, Hall was killed during riots in Ecuador in 1833. In one single letter addressed to Humboldt, which is presented here, Hall tries to awaken interest for Ecuador, develops his views on the political future of South America and sends a collection of plants from the Andes.

Resumen

El explorador británico Francis Hall llegó a América del Sur como soldado y allí también se dedicó a la colección de plantas, a escribir sobre viajes y a hacer alpinismo. Intentó subir al Chimborazo con Jean-Baptiste Boussingault. El periodista liberal, amigo de Jeremy Bentham con el que también mantenía correspondencia, fue asesinado en los disturbios de 1833 en Ecuador. En la única carta de Hall a Humboldt, que está publicada y comentada aquí, Hall intenta despertar el interés de Humboldt por la naturaleza del país enviando una colección de plantas andinas y dando su opinión sobre la situación política y el futuro de América del Sur. (Traducción: Christine Lebas)

* * *

I. Einleitung[1]

Francis Hall ist heute ein Unbekannter. Sein abenteuerliches Leben und seine tragische Ermordung, seine Reisen durch das von den Unabhängigkeitskriegen verwüstete Südamerika, seine zahlreichen Publikationen und nicht zuletzt seine Teilnahme am (nach Humboldt) zweiten Versuch, den Chimborazo zu besteigen, rechtfertigen aber nicht nur die Beschäftigung mit dem Reisenden, Journalisten und Abenteurer. Sie werfen zugleich ein Licht auf einen Abschnitt amerikanischer Geschichte im Konflikt zwischen Liberalismus, Nationalismus und Konservativismus – ein Konflikt, der mit Waffengewalt bis zur versuchten Ausrottung des politischen Gegners ausgetragen wurde und dessen Opfer Hall schließlich wurde. Dieser Beitrag versteht sich auch als ein Mosaikstein zur Geschichte des (politischen) Liberalismus, der in der deutschen politischen Theorie eine geringe Rolle gespielt hat, eine umso größere aber in der angloamerikanischen Tradition und in Südamerika.

Nur ein einziger Brief Halls an Alexander von Humboldt ist bekannt. Dieser Brief wurde bereits 1838 in der Zeitschrift „Das Ausland“ erwähnt,[2] aber nie publiziert. Am 20. November 1831 in Quito geschrieben, wurde er von Jean-Baptiste Boussingault (1802-1887) an Humboldt vermittelt. Der französische Chemiker und Bergbaufachmann Boussingault war Halls zeitweiliger Begleiter in Kolumbien und Ecuador und bereitete sich gerade darauf vor, nach zehn Jahren in Südamerika nach Europa zurückzukehren.[3] Boussingault, von Humboldt intensiv gefördert, hatte seit 1822 im nördlichen Südamerika gearbeitet und geforscht. Der Briefwechsel zwischen dem nun bald 60jährigen deutschen Wissenschaftler in Paris und seinem französischen „Schüler“ ist weitgehend erhalten.[4] Mit einem Fragenkatalog Humboldts versehen und von ihm ausgestattet und unterwiesen in wissenschaftlichen Instrumenten bereiste Boussingault Gegenden, in denen Humboldt zwanzig Jahre zuvor gewesen war. Auch Hall war gelegentlich Gegenstand dieser Briefe: der Reisegefährte, „un de mes bons amis“[5] wurde dabei auch Boussingaults Lebensretter.

1831 wandte sich Hall direkt an Humboldt. Der vierseitige, englischsprachige Brief behandelt eingangs die an Humboldt geschickte Pflanzensammlung, geht dann zu einer kurzen Beurteilung der Pflanzen- und Tierwelt Ecuadors über und endet mit politischen Betrachtungen zu Lage und künftiger Entwicklung Südamerikas. Boussingault charakterisierte Hall in einem Schreiben an Humboldt als Naturforscher, den er in Quito kennengelernt hatte:

Étant à Quito, j’ai fait connaissance avec deux anglais qui sont établis dans cette ville, Mrs. Hall et Jameson, ces messieurs s’occupent beaucoup d’histoire naturelle, l’un d’eux Mr. Hall m’a chargé d’une lettre pour vous et d’une petite collection de plantes recueillies sur les plateaux élevés des Andes; voici la lettre, quant aux plantes je les garde jusqu’à nouvel ordre, ayez la bonté de me dire si je dois ou non vous les envoyer en Prusse.[6]

Dem Brief Halls war also ein Paket mit Pflanzen, die Hall in der Umgebung von Quito gesammelt hatte, beigegeben, das sich Humboldt in Berlin über die preußische Gesandtschaft bzw. einen Buchhändler in Paris senden lassen wollte. Der erwähnte Begleiter Halls war William Jameson (1796-1873), ein schottischer Botaniker, der seit 1826 in Quito lebte und der auch in Halls Brief vorkommt.

Ein Antwortschreiben Humboldts an Hall ist nicht bekannt, muss aber existiert haben, denn Humboldt erwähnt es in einem Brief an Boussingault: „Je vous suis très reconnaissant de l’aimable lettre de M. Hall à Quito, je vous enverrai une réponse pour lui.“[7]

II. Hall als „lover of science and liberty”

Hall zeigte sich in seinem Brief an Humboldt als sehr vielseitig. Tatsächlich war er Offizier, Journalist, Schriftsteller, Pflanzensammler, Alpinist und Forschungsreisender, und manches davon gleichzeitig. Hall – sein genaues Geburtsdatum, etwa um 1790, ist unbekannt – kam im Januar 1820 als Soldat nach Südamerika. Er diente in der irischen Legion, die neben zahlreichen anderen britischen Freiwilligen Simón Bolívar (1783-1830) im Unabhängigkeitskrieg unterstützte, und die mit wohlwollender Duldung Großbritanniens im Kampf gegen Spanien organisiert wurde.[8] Diese Irish Legion stand unter dem Kommando von John d’Evereux (auch: Devereux, 1778-1860), mehr ein Abenteurer und Spekulant als ein Mann mit militärischer Erfahrung.[9] Die Schlagkraft der Irish Legion, die sich aus den nach dem Pariser Frieden 1814/1815 arbeitslos gewordenen Soldaten rekrutierte, war mangels Disziplin und Organisation gering. Ihre Aktionen waren oft mehr eine Abfolge von Desastern, Rebellionen und Pannen, begleitet von zahlreichen Desertionen, als effiziente Feldzüge.[10] Hier diente Hall als Offizier und taucht in den Quellen als Colonel bzw. Oberst auf. Hall selbst schrieb einem anderen Gegner eine große Rolle bei den Verlusten zu: drei Viertel aller Toten der Irish Legion in den Unabhängigkeitskriegen seien auf den Alkohol zurückzuführen gewesen.

Hall war durchaus kriegserfahren. In Europa diente er zuvor in einem britischen Dragonerregiment, den 14th light dragoons, die auf der iberischen Halbinsel gegen die Franzosen kämpften, und brachte es bis zum „lieutenant“. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege bereiste er Kanada, die USA und Frankreich und veröffentlichte seine Reiseeindrücke in zwei Büchern.[11] Als weit gereister Schriftsteller und zugleich als erfahrener Offizier war Hall gut für seine Aufgaben in Südamerika vorbereitet. Er nahm 1821 an der Expedition gegen Santa Martha teil, traf in Barinas in Venezuela Bolívar und kam nach der Schlacht von Carabobo im Juni 1821 nach Caracas.[12] Hier wechselte er, indem er die Zeitung „El Anglo-Colombiano“ gründete, von der militärischen Laufbahn ins Zivilleben.

Vor allem anderen aber war Hall „Bentham-Schüler“[13] und radikaler Anhänger des Liberalismus. Diesen Überzeugungen diente er als politischer Journalist, sie sollten ihn schließlich das Leben kosten. Schon sein europäisches Umfeld – soweit rekonstruierbar – zeigt ihn inmitten von streitbar liberalen Journalisten, die an politischen und sozialreformerischen Fragen interessiert waren. So war Hall bekannt mit Peregrine Bingham d. J. (1788-1864), einem englischen Journalisten und Rechtsschriftsteller, und über diesen auch mit dem utilitaristischen Philosophen und Sozialreformer Jeremy Bentham (1748-1832). Mit Bentham korrespondierte Hall noch nach seiner Abreise nach Südamerika; von ihm soll er ein Empfehlungsschreiben für Bolívar erhalten haben. Halls Buch über Kolumbien ist Bentham gewidmet, die Zueignungsworte füllen volle vier Seiten.[14] Darin versicherte Hall dem Lehrer: „You will be pleased to know, that your ideas on legislation are gaining ground in Columbia.“[15] Auch Bolívar hat mit Bentham korrespondiert, zählte dieser doch zu den Unterstützern der Unabhängigkeitsbewegung. In den späten 20er Jahren, als Bolívar zunehmend diktatorische Neigungen entwickelte, rückte er von solchen Positionen ab. Schließlich erließ er ein Dekret, das die Werke Benthams an den Universitäten Kolumbiens verbot; nun gehörte dieser „zu den intellektuellen Brandstiftern, vor denen die Jugend Amerikas geschützt werden musste.“[16]

Im Brief Halls an Humboldt wird außerdem der Schweizer Schriftsteller und liberale Staatstheoretiker Benjamin Constant (1767-1830) erwähnt, zeitweilig ein Gegner Napoleons und Anreger der liberalen Revolution in Portugal 1821/22. Constant hatte die politischen Ambitionen Bolívars kritisiert und ihm usurpatorische Neigungen unterstellt, worauf eine publizistische Kontroverse für und wider Bolívar losbrach. Im Brief an Humboldt nimmt Hall darauf Bezug und tritt für Constant ein.

Hall arbeitete als Journalist und Zeitungsherausgeber zuerst in Venezuela resp. Großkolumbien, dann in Ecuador. Allgemein übte Südamerika zu Beginn seiner Unabhängigkeit eine große Wirkung auf Liberale in der ganzen Welt aus[17], und auch Hall wollte diese historische Stunde nutzen. In Caracas war die Zeitung „El Anglo-Colombiano“ sein Sprachrohr:

During the period of my residence in Caracas I formed the Plan of setting up a Newspaper in Spanish and English, with the double object of creating a spirit of free discussion, and of disseminating correct information on the state of the Country through America, the Colonies, and I may say, the world.[18]

Hall und seine liberalen Mitstreiter waren „militant antiklerikal“, sie betrachteten „Bauern, Volksreligiosität, traditionelle Landwirtschaft (Subsistenz), Neger und Eingeborene, also die übergroße Masse aller Venezolanerinnen und Venezolaner, als Auswüchse von ‚Barbarei’“[19], die es zu agitieren und aufzuklären galt. Der Großteil der Menge sei unwissend, furchtsam, abergläubisch, von Vorurteilen und von den Ränken der meist royalistisch gesinnten Priester beherrscht; so erklärte Hall seinem Briefpartner Bentham in England das Auf und Ab der Kämpfe und die Notwendigkeit, unerbittlich zu agieren.[20] Hall erregte Anstoß und wurde von oberster Stelle gezwungen, Großkolumbien zu verlassen:

The prime mover in this society of young nationalists was, ironically, a foreigner, Colonel Francis Hall, one of the many British officers who had flocked to South America to serve in Bolívar’s armies. […] After taking part in several major military actions in Gran Colombia, including the battle of Pichincha in 1822, he founded a newspaper in Caracas, Venezuela, that sought to spread the views of English liberalism. His criticism of the government of Gran Colombia so angered Vice-President Santander that Hall was ordered to leave Caracas.[21]

Francisco de Paula Santander (1792-1840), erst ein liberaler Mitstreiter Bolívars, später an Gefangenenerschießungen beteiligt, wurde ein Konkurrent Bolívars und schließlich Präsident der Republik Neu-Granada.[22]

Hall kam nach Ecuador, um im gerade unabhängig gewordenen Land Pflanzen zu sammeln, Vulkane zu besteigen und sich politisch zu betätigen. Letzteres versuchte er durch journalistische Arbeit.

Eventually the young English gadfly turned up in Ecuador and settled in Quito where he apparently became a university professor and soon gained a reputation for zealous liberalism and staunch opposition to General Flores.“[23]

Juan José Flores (1800-1864), ein General Bolívars und seit 1830 erster Präsident Ecuadors, regierte ein Land, dessen Geschichte von Anschlussversuchen, Insurrektionen und sozialer Ungleichheit geprägt war. Hall wurde die zentrale Figur von „El Quiteño libre“, einer Zeitung, die in strikter Opposition zur Regierung stand und die Ideale des Liberalismus hochhielt:

Nada parece más natural en una República que el establecimiento de un periódico libre. La libertad de imprenta, proclamada por el mundo civilizado y garantizada por nuestras instituciones, no sería más que un nombre vano, si renunciando su legítimo objeto, la ilustración de los pueblos, se emplease solo en engañarlos y esclavizarnos.[24]

Hall kritisierte die Behandlung der indigenen Bevölkerung, die Sklaverei und die verbreitete Korruption. Sogar in seinen wissenschaftlichen Texten machte er mitunter soziale Missstände zum Thema, etwa wenn er in seiner „Reise zu den Obsidianfelsen von Quisca“ vom „furchtbaren Zustand der indianischen Bevölkerung“ berichtete, einem Zustand, der sich durch die Unabhängigkeit nicht geändert habe.[25] Allgemein charakterisierte Hall Ecuador als das korrupteste Land Südamerikas.

III. Arbeit und Tod eines „kenntnißvollen Obristen

Halls botanische Sammeltätigkeit war der Ausgangspunkt für den Brief an Humboldt. Halls Pflanzensammlungen finden sich heute in London (Royal Botanic Gardens in Kew, wo noch ein Notizbuch mit botanischen und entomologischen Zeichnungen existiert)[26] und Berlin (Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem). Hall sandte seine Pflanzen u. a. an William Jackson Hooker (1785-1865). Boussingault wiederum ließ Pflanzen, die Hall in der Umgebung Quitos gesammelt hatte, Humboldt zukommen[27] und sammelte selbst gemeinsam mit Hall, etwa am Tungurahua.[28] Allgemein scheint Halls Interesse neben der Höhenverteilung der Pflanzen vor allem der Pflanzengeographie gegolten haben; Humboldts Werk dazu zitiert er in der lateinischen Version.[29]

Hall versuchte sich auch in zahlreichen Besteigungen von Andengipfeln, Unternehmungen, die in der Zeit vor dem Heraufkommen der Alpinistik nicht alltäglich waren. Er schien fasziniert von den Andenvulkanen gewesen zu sein und bezeichnete sie als „gigantische, meist mit ewigem Schnee bedeckte Pyramiden“, die einen Eindruck „von Grösse und Erhabenheit, oft an Düsterkeit streifend“, machen würden.[30] Unter anderem hat Hall den Pichincha (im Juli 1831), den Cayambe (im Oktober 1831), den Tungurahua, den Antisana (im August 1831), den Cotopaxi[31] und den Chimborazo (beide im November und Dezember 1831) entweder bestiegen bzw. eine Besteigung versucht. Einzig die Besteigung des Guagua Pichincha am 16. Juli 1831, gemeinsam mit Boussingault und Jameson, scheint bis zum Gipfel geführt zu haben,[32] in den Krater des Rucu Pichincha stieg Hall gemeinsam mit Jameson am 29. Juli 1831.[33]

Als Begleiter Boussingaults bei dem Versuch, knapp 20 Jahre nach Humboldt erneut den Chimborazo zu besteigen, wird Hall häufig in den Briefen Boussingaults erwähnt. Diese Briefe stellen eine interessante, bislang unbenutzte Quelle zu Halls Leben dar. „Mon ami, le colonel Hall“, schrieb Boussingault an Humboldt, der die Veröffentlichung des französischen Textes und der deutschen Übersetzung veranlasste,

qui m’avait déjà accompagné sur l’Antisana et le Cotopaxi, voulut bien encore s’adjoindre à moi pour cette expédition, afin d’augmenter les nombreuses données qu’il possédait déjà sur la topographie de la province de Quito, et continuer ses recherches sur la géographie des plantes.[34]

Hier will Hall in einer Höhe von 5730 m ein Moos der Gattung Orthotrichum gesammelt haben; gegen diese Höhenangabe wurde eingewandt, dass am Chimborazo Moose über 5090 m Höhe nicht mehr vorkommen.[35]

Dem folgt die Beschreibung der Chimborazo-Besteigung vom 16. Dezember 1831, bei der Hall und der namenlos gebliebene schwarze Diener Boussingault das Leben retten: „Nous marchions en file, moi d’abord, puis le Colonel Hall, mon nègre venait ensuite; il suivait exactement nos pas, afin de ne pas compromettre la sûreté des instrumen[t]s qui lui étaient confiés.“[36] Fast wäre Hall selbst bei der Besteigung umgekommen. Ein herabstürzender Stein traf ihn so hart an der Seite, dass er niederging, schließlich aber wieder Gleichgewicht fand. Dann war es Boussingault, dem ein Fehler passierte; vor dem Ausgleiten auf dem Eis und dem Sturz in den Abgrund bewahrte ihn nur die Geistesgegenwart Halls und seines Dieners:

j’ai fait deux tentatives sur le Chimborazo; sans Hall et mon domestique je serais tombé dans un effroyable précipice; c’était pour traverser une pente de neige très inclinée, mon domestique allait en avant et taillait des escaliers dans la glace, pour le relever de ce travail pénible, je voulai[s] passer en avant. Je glissais, heureusement quand Hall put me rat[t]raper par le bras et mon nègre par le côté.[37]

1833 spitzte sich die Krise in Ecuador zu.[38] Im Mai des Jahres nahmen die Angriffe von Halls „El Quiteño libre“ auf die Regierung, insbesondere die Finanzgebarung, und auf die Armee zu, die als gefährlich für die Freiheit gebrandmarkt wurde. General Flores war ein zentrales Ziel der Kritik. Dem Präsidenten wurden Diebstahl oder Unterschlagung von Geldern und die Aufnahme einer illegalen Anleihe unterstellt. Zumindest die letzte Beschuldigung scheint zu Recht bestanden zu haben. Außerdem wurden Flores die Ausbeutung der landarbeitenden Indios seiner Hacienda und die Errichtung eines Salzmonopols, das die Armen am meisten schädigen würde, vorgeworfen. Im Juni 1833 wurde Flores vor einer Verschwörung aus dem Umkreis des „Quiteño libre“ gewarnt. Auch Halls Name stand auf der dem Präsidenten zugespielten Liste von Opponenten. Flores antwortete mit der Verschärfung des Pressegesetzes. Am 12. Oktober 1833 meuterte die Garnison von Guayaquil. Während Flores gegen Guayaquil zog, erhob sich in Quito in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober eine kleine Gruppe von Rebellen. Für diesen Fall hatte Flores mit Instruktionen vorgesorgt: Die Rebellion wurde blutig niedergeschlagen, Hall und mehrere seiner Mitkämpfer getötet. „After the fighting had ended, the nude body of Hall was found hanging from a post.“[39] Ob Flores die Ermordung Halls angeordnet hat, bleibt so unklar[40] wie die genauen Todesumstände.

Auch Boussingault, der sich Ende Dezember 1831 von Hall getrennt hatte, dachte mit Wehmut an seinen Freund und dessen Ermordung zurück:

Ce fut en vue du Chimborazo que je me séparai du colonel Hall. Pendant mon séjour dans la province du Quito, j’avais joui de sa confiance et de son amitié; sa connaissance parfaite des localités m’avait été de la plus grande utilité, et j’avais trouvé en lui un excellent et un infatigable compagnon de voyage; tous deux enfin, nous avions servi pendant long-temps la cause de l’indépendance. Nos adieux furent touchan[t]s; quelque chose semblait nous dire que nous ne devions plus nous revoir. Ce funeste pressentiment n’était que trop fondé. Quelques mois après, mon malheureux ami fut assassiné dans une rue de Quito.[41]

Hall war, wenn wir einer Anmerkung F. M. Malvens Glauben schenken dürfen, verheiratet: seine Frau blieb allerdings in Großbritannien, in Addlestone (Surrey), westlich von London. Sie beklagte anlässlich des Todes ihres Mannes „die lange vierzehnjährige Trennung, deren trübe Tage aber stets durch den ‚goldenen Hoffnungsschein’ endlichen Wiedersehens erhellt“ worden wären, aber „nun mit unwiederbringlichem Verluste geendet“ hätten.[42]

Symptomatisch für das Vergessen, dem Francis Hall anheimfiel, ist seine Erwähnung in Humboldts Kosmos. Humboldt nannte den „kenntnißvollen Obristen Hall“ als Begleiter Boussingaults bei der versuchten Besteigung des Cotopaxi.[43] Das von Eduard Buschmann erstellte Register aber ordnet den Namenseintrag fälschlich Basil Hall (1788-1844) zu, einem schottischen Forschungsreisenden und Seefahrer.[44] Von den kaum gelesenen Reisebeschreibungen abgesehen, ist Hall nur noch wegen seiner Pflanzensammlungen, die für die Erforschung der Flora Ecuadors Bedeutung haben, in Erinnerung geblieben.

 

IV. Der Brief[45]

Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt: A. v. Humboldt acc. Darmst. 1952. 30., großer Kasten 8, 112/7

HiN XIV, 27 (2013) Zoomansicht

Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt: A. v. Humboldt acc. Darmst. 1952. 30., großer Kasten 8, 112/7

 

Transkription

To Alexander Baron Humboldt.         
Paris.          
Quito. Nov. 20th. 1831.

Dear Sir,

I embrace the opportunity of our friend Mr Boussingault’s return to France[46] to offer to your acceptance a small collection of plants, which may not be uninteresting as recalling scenes in this country you once visited with pleasure. Had time and circumstances permitted I should have endeavoured to render it more complete. As it is I trust you will receive it as a token of my desire to place at your disposal my services in the country, should you consider they can even in the most trivial degree be made useful. This offer is of so little value as it relates to myself that I am happy in being able to mend it by adding that of Mr. William Jameson, Professor of Chemistry and Botany in |1v| this city and not unknown in Europe by his Botanical discoveries. He is equally anxious with myself to be honoured with your commands and I feel assured his communications on the Flora of the Andes would not be uninteresting.

It is my lot to have become one of the pioneers or rather of the forlorn hope of settlers in the Province of Esmeraldas[47], whose damp, unbroken forests, as you justly observe, cultivation will very slowly penetrate – but however unattractive to speculation it is a part of the country rich in natural productions, and a virgin field to science. I shall take the liberty at some future period to send you a topographical sketch of it, and at the same time such specimens in Botany and Natural History as may at least have novelty to recommend them. The forests are particularly rich in gums, and resins, such as the Balsam of Tolu[48], Anime[49], Copal, Sangre de drago[50], Caoutchouc. Palms, ferns and mosses abound as you will conclude from the locality; the vanilla is common near the coast and a variety of beautiful Orchideae adorn the lower |2r| slopes and recesses of the mountains. In the animal kingdom, especially among birds and serpents it is probable some interesting discoveries might be made. The application of the Guaco[51] as a remedy for the bite of the latter is a point not undeserving of attention, since experience seems to declare in its favour. The medical secrets of the Indians, though hard to come at, are not entirely to be despised, when we consider that what is known of the qualities of plants is owing more to experience than to science – you will have observed that the names given by the Indigenes have frequently reference to the medicinal quality of the plant. Thus while the Creole Apothecaries are ignorant of the existence of the numerous Gentianae[52] which cover the Páramos.[53] The Indians know them by the name of Calpa-yuyu, The plant which strengthens or makes to run.

Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt: A. v. Humboldt acc. Darmst. 1952. 30., großer Kasten 8, 112/7

HiN XIV, 27 (2013) Zoomansicht

Although the course of political events throughout S[outh-]America has been such as to create a feeling of disgust among those, who, like |2v| yourself, were most zealous in the cause of Independance, the hope may be permitted to such like myself as do penance in these outskirts of civilization, that the lovers of science and liberty in Europe will not entirely discard us. Their opinion, and the interest they manifest in our fate will not fail to promote the gradual establishment of order, and prepare the way for a better state of things. The reprobation of Constant[54] has the severest blow to the wild ambition of Bolívar, and I am certain the knowledge of your opinion of their conduct would have a favourable influence on all who desire to be great men among us. Mr Boussingault can assure you that your name is one of the few things durable in this land of change and fickleness.

I trust to your kindness to excuse the liberty I take in thus trespassing on your time and attention, and to allow me to subscribe myself.

With the greatest respect, Dear Sir, Your very faithful and obed[ient] serv[an]t

Francis Hall.

Übersetzung

An Alexander Freiherr von Humboldt.
Paris.          
Quito, 20. November 1831

 

Sehr geehrter Herr,

Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt: A. v. Humboldt acc. Darmst. 1952. 30., großer Kasten 8, 112/7

HiN XIV, 27 (2013) Zoomansicht

ich ergreife die Gelegenheit der Rückkehr unseres Freundes Herrn Boussingaults nach Frankreich, Ihnen die Annahme einer kleinen Pflanzensammlung, die, da sie Szenen in diesem Land, das Sie einst mit Freude besuchten, zurückrufen, nicht uninteressant sein dürfte, anzubieten. Hätten Zeit und Umstände es zugelassen, hätte ich versucht, sie vollständiger vorzulegen. So aber vertraue ich darauf, dass Sie sie als Zeichen meines Wunsches, im Land meine Dienste zu Ihrer Verfügung zu stellen, annehmen werden, sollten Sie erwägen, dass sie selbst im geringfügigsten Grad nützlich gemacht werden können. Dieses Angebot ist, auf mich selbst bezogen, von so geringem Wert, dass ich glücklich bin, im Stande zu sein, es durch das Hinzufügen desjenigen von Herrn William Jameson, Professor der Chemie und Botanik in dieser Stadt, und in Europa durch seine botanischen Entdeckungen nicht unbekannt, nachzubessern. Er ist ebenso wie ich selbst bestrebt, durch Ihre Anordnungen beehrt zu werden, und ich bin sicher, seine Mitteilungen über die Flora der Anden könnten nicht uninteressant sein.

Es ist mein Los, einer der Pioniere oder vielmehr der verlassenen Hoffnung der Siedler in der Provinz von Esmeraldas geworden zu sein, deren feuchte, unberührte Wälder, wie Sie richtig beobachten, Kultivierung sehr langsam durchdringen wird – obzwar reizlos für Spekulation, ist es ein Teil des Landes, reich an Naturprodukten und ein von der Wissenschaft unberührtes Gebiet. Ich werde mir in einiger Zukunft die Freiheit nehmen, Ihnen eine topographische Skizze davon zu schicken, und zur gleichen Zeit solche Belegstücke aus Botanik und Naturgeschichte, was wenigstens Neuigkeitswert haben dürfte, anzuvertrauen. Die Wälder sind vor allem reich an Gummi und Harzen, wie etwa der Tolu-Balsam, Anime, Kopal, Sangre de drago, Kautschuk. Palmen, Farne und Moose sind, wie Sie aus der Örtlichkeit schließen werden, reichlich vorhanden; die Vanille ist nahe der Küste häufig, und eine Vielfalt von schönen Orchideen schmückt die niederen Hänge und Senken der Gebirge. Im Tierreich, insbesondere unter Vögeln und Schlangen, werden wahrscheinlich einige interessante Entdeckungen gemacht werden können. Die Verwendung des Guaco als eines Heilmittels für den Biss der letzteren, ist, seit Erfahrung sich dafür auszusprechen scheint, eine der Aufmerksamkeit nicht unwerte Sache. Die medizinischen Geheimnisse der Indianer, obgleich schwer zu erlangen, sind nicht gänzlich gering zu schätzen, wenn wir bedenken, dass das, was von den Eigenschaften der Pflanzen bekannt ist, mehr der Erfahrung als der Wissenschaft angehört – Sie werden beobachtet haben, dass die von den Indigenen gegebenen Namen häufig Bezug auf die medizinische Eigenschaft der Pflanze haben. Während also die Kreolischen Apotheker der Existenz der zahlreichen Gentianae, die die Páramos bedecken, unkundig sind, kennen die Indianer sie unter dem Namen Calpa-yuyu, die Pflanze, die stärkt oder laufen macht.

Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt: A. v. Humboldt acc. Darmst. 1952. 30., großer Kasten 8, 112/7

HiN XIV, 27 (2013) Zoomansicht

Obwohl der Verlauf der politischen Ereignisse in ganz Südamerika ein solcher gewesen war, dass er ein Gefühl des Ekels unter denjenigen, die, wie Sie selbst, am eifrigsten für die Sache der Unabhängigkeit waren, erzeugte, mag solchen wie mir, die in diesen Randgebieten der Civilisation Buße tun, die Hoffnung erlaubt sein, dass die Freunde von Wissenschaft und Freiheit in Europa uns nicht gänzlich verwerfen. Ihre Überzeugung und das Interesse, das sie unserem Schicksal zeigen, werden nicht fehlen, die allmähliche Errichtung von Ordnung zu unterstützen, und den Weg für einen besseren Zustand der Dinge zu bereiten. Die Verurteilung von Constant hat auf den wilden Ehrgeiz Bolívars den strengsten Einfluss, und ich bin sicher, dass die Kenntnis Ihrer Meinung auf ihr Verhalten einen günstigen Einfluss haben würde, auf alle, die unter uns große Männer zu sein begehren. Herr Boussingault kann Ihnen versichern, dass Ihr Name eines der wenigen dauerhaften Dinge in diesem Land des Wechsels und der Unbeständigkeit ist.

Ich vertraue auf Ihre Güte, dass Sie die Freiheit, die ich mir nehme, indem ich Ihre Zeit und Aufmerksamkeit ungebührend beanspruche, entschuldigen und mir erlauben,

mich mit der größten Hochachtung, teurer Herr, als Ihr sehr getreuer und gehorsamer Diener zu unterzeichnen,

Francis Hall.

 

Literaturverzeichnis

Boussingault 1835a. Boussingault, Jean-Baptiste: Ascension au Chimborazo exécutée le 16 décembre 1831, in: Annales de chimie et physique 58 (1835), 150-180.

Boussingault 1835b. Boussingault, Jean-Baptiste: Versuch einer Besteigung des Chimborazo, unternommen am 16. Dezember 1831 von J. B. Boussingault. (Aus einem Briefe an Alexander v. Humboldt.), in: Annalen der Physik und Chemie 34 (1835), 193-219.

Brown 2006. Brown, Matthew: Crusaders for Liberty or Vile Mercenaries? The Irish Legion in Colombia, in: Irish Migration Studies in Latin America 4 (2006) 2 (zit. nach: <http://www.irlandeses.org/0603_037to044.pdf>).

Duchesne 1836. Duchesne, Edouard-Adolphe: Répertoire des plantes utiles et des plantes vénéneuses du globe. Paris 1836.

Echevarria 1987. Echevarria, Evelio: Early British Ascents in the Andes (1831-1946), in: Alpine Journal (1987), 61-66.

Ellis 1775. Ellis, Johann: Anweisung wie man Saamen und Pflanzen aus Ostindien und andern entlegenen Ländern frisch und grünend über See bringen kann. Nebst einem Verzeichniß von dergleichen ausländischen Pflanzen, deren Bau in den Amerikanischen Colonien zum Besten der Arzneywissenschaft, des Ackerbaues, und der Handlung befördert zu werden verdient. Leipzig 1775.

Fuller 2000. Fuller, Catherine (Hg.): The Correspondence of Jeremy Bentham, Bd. 11: January 1822 to June 1824. Oxford 2000 (=Collected Works of Jeremy Bentham 11).

Hall 1818. Hall, Francis: Travels in Canada, and the United States, in 1816 and 1817. London 1818.

Hall 1819. Hall, Francis: Travels in France, in 1818. London 1819.

Hall 1824a. Hall, Francis: Letters written from Colombia, being a journey from Caracas to Bogota, and thence to Santa Martha in 1823. London 1824.

Hall 1824b. Hall, Francis: Colombia: Its Present State, in Respect of Climate, Soil, Productions, Population, Government, Commerce, Revenue, Manufactures, Arts, Literature, Manners, Education, and Inducements to Emigration. With itineraries, partly from Spanish surveys, partly from actual observation. London 1824 [auch: Philadelphia 1825].

Hall 1827. Hall, Francis: Colombia: Its Present State, in Respect of Climate, Soil, Productions, Population, Government, Commerce, Revenue, Manufactures, Arts, Literature, Manners, Education, and Inducements to Emigration. 2. Aufl. London 1827.

Hall 1834. Hall, Francis: Excursions in the neighbourhood of Quito, and towards the summit of Chimborazo, in 1831, in: The Journal of Botany 1 (1834), 327-354.

Hall 1835. Hall, Francis: Ausflüge in die Nachbarschaft von Quito und zum Gipfel des Chimborazo im J. 1831, in: Archiv für Naturgeschichte 2 (1835), 100-122.

Hall 1838. Hall, Francis: Chronik der Reisen. Halls Reisen auf die Hochgipfel des Quitoanischen Andenzuges, in: Das Ausland 1-18 (1838), 3-4, 7-8, 15-16, 20, 32, 36, 48, 51-52, 55-56, 59-60, 64, 67-68, 72.

Hippisley 1819. Hippisley, Gustavus: A Narrative of the Expedition to the Rivers Orinoco and Apuré, in South America; which Sailed from England in November 1817, and Joined the Patriotic Forces in Venezuela and Caraccas [!]. London 1819.

Humboldt 1837. Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen, in: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher, Stuttgart/Tübingen 1837, 176-206 [Nachdruck in: Lubrich/Ette 2006, 131-149].

Humboldt 1838. Humboldt, Alexander von: Notice de deux tentatives d’Ascension du Chimborazo, in: Nouvelles Annales des Voyages 1838. 5-43.

Humboldt 1845-1862. Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, 5 Bde., Stuttgart/Tübingen 1845-1862.

Kahane 1988. Kahane, Ernest: Boussingault entre Lavoisier et Pasteur. Biographie cordiale. Elbeuf-sur-Andelle, Argueil 1988.

Lubrich/Ette 2006. Lubrich, Oliver; Ette, Ottmar (Hgg.): Alexander von Humboldt. Über einen Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen. Frankfurt/Main 2006.

Madariaga 1986. Madariaga, Salvador de: Simon Bolivar. Der Befreier Spanisch-Amerikas. Zürich 1986.

McCosh 1984. McCosh, Frederick William James: Boussingault. Chemist and Agriculturist. Dordrecht, Boston, Lancaster 1984.

Meyer 1907. Meyer, Hans: In den Hoch-Anden von Ecuador: Chimborazo, Cotopaxi etc. Reisen und Studien. Berlin 1907.

Pérez Ordóñez 2009. Pérez Ordóñez, Diego: El cadáver de Hall, in: El Comercial 22.11.2009. Online verfügbar unter: <http://www.elcomercio.com/noticias/cadaver-Hall_0_157784338.html>

Pharmacopoea 1838. Anonym: Pharmacopoea universalis, oder übersichtliche Zusammenstellung der Pharmacopöen von Amsterdam, Antwerpen, Dublin, Edinburgh, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, […]. Dritte, neu bearbeitete und vermehrte Auflage, Bd. 1, A-H. Weimar 1838.

Poeppig 1960. Poeppig, Eduard Friedrich: Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrome 1827-1832, 2 Bde. Stuttgart 1960.

Poeppig 1965. Poeppig, Eduard Friedrich: Tropenvegetation und Tropenmenschen. Zwei Vorträge, herausgegeben von Carlos Keller. Leipzig 1965.

Rehrmann 2009. Rehrmann, Norbert: Simón Bolívar. Die Lebensgeschichte des Mannes, der Lateinamerika befreite. Berlin 2009.

Richard 1822. Richard, Carl: Briefe aus Columbien an seine Freunde von einem hannöverischen Officier. Geschrieben in dem Jahre 1820. Leipzig 1822.

Robinson 1822. Robinson, James H.: Journal of an Expedition 1400 Miles Up the Orinoco and 300 Miles Up the Arauca; with an Account of the Country, the Manners of the People, Military Operations &c. London 1822.

Van Aken 1989. Van Aken, Mark J.: King of the Night. Juan José Flores & Ecuador 1824-1864. Berkeley, Los Angeles, London 1989.

Williford 1980. Williford, Miriam: Jeremy Bentham on Spanish America. An Account of His Letters and Proposals to the New World. Baton Rouge, London 1980

Zeuske 2007. Zeuske, Michael: Kleine Geschichte Venezuelas. München 2007.

Zeuske 2008. Zeuske, Michael: Von Bolívar zu Chávez. Die Geschichte Venezuelas. Zürich 2008.

* * *

Zitierweise

Schmuck, Thomas (2013): Tod in den Anden. Ein Brief Francis Halls an Humboldt 1831 und seine historischen und politischen Hintergründe. In: HiN - Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam – Berlin) XIV, 27, S. 55-68. Online verfügbar unter <http://www.uni-potsdam.de/u/romanistik/humboldt/hin/hin27/schmuck.htm>

Permanent URL unter <http://opus.kobv.de/ubp/abfrage_collections.php?coll_id=594&la=de>


 

[1] Ich danke Mona Gerlach für zahlreiche Verbesserungen und Anregungen, Regina Mikosch für das Korrekturlesen. Die Übersetzungen der Zitate aus dem Briefwechsel zwischen Humboldt und Boussingault wurden von Ulrich Päßler, Eberhard Knobloch und mir verfertigt.

[2] Von J. M. Malven im Vorwort zu einem Bericht über Halls Reisen in Ecuador (vgl. Hall 1838, 3).

[3] Zu Boussingault vgl. Mc Cosh 1984 und Kahane 1988. Hall wird bei McCosh und Kahane nur nebenbei erwähnt.

[4] Der Briefwechsel zwischen Humboldt und Boussingault, herausgegeben von Ulrich Päßler, Eberhard Knobloch und mir, wird demnächst erscheinen.

[5] Boussingault an Humboldt, Paris 7.12.1832 („einer meiner guten Freunde“), Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt, großer Kasten 8, 123/2.

[6] Boussingault an Humboldt, Paris, 1832. Der Brief ist nicht genauer datiert; er muss vom Ende des Jahres sein, denn in einem Brief an Humboldt vom 7.12.1832 verweist Boussingault erneut auf Halls Brief und Pflanzensammlung („Während ich in Quito war, habe ich die Bekanntschaft mit zwei Engländern geschlossen, die in dieser Stadt niedergelassen sind, die Herren Hall und Jameson, diese Herren beschäftigen sich viel mit Naturgeschichte, der eine von ihnen, Herr Hall, hat mir einen Brief für Sie und eine kleine Sammlung von auf den oberen Hochebenen der Anden gesammelten Pflanzen aufgetragen, hier ist der Brief, was die Pflanzen angeht, so werde ich sie bis auf Weiteres behalten, haben Sie die Güte, mir zu sagen, ob ich sie Ihnen nach Preußen senden soll oder nicht.“).

[7] Brief Humboldts an Boussingault, Berlin, 18.12.1832, Staatsbibliothek Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt, kleiner Kasten 1a-b und 2, ohne Nr., S. 75-85, hier: 82 („Ich bin Ihnen für den liebenswerten Brief von Herrn Hall in Quito sehr dankbar, ich werde Ihnen eine Antwort für ihn senden.“).

[8] Augenzeugenberichte dieser nicht offiziellen britischen Unterstützung, aber mehr noch von Desorganisation und Unfähigkeit geben Hippisley 1819 und mit noch größerem Vorbehalt Robinson 1822.

[9] Zu Devereux vgl. als Augenzeugen Richard 1822, 72-73 und 186-187 sowie allgemein Madariaga 1986, 499 und 517-518.

[10] Vgl. Brown 2006 und Richard 1822, 185-189.

[11] Vgl. Hall 1818 und 1819.

[12] Diese Ereignisse schildert Hall in einem Brief an Bentham, Bogotá, 17.10.1822 (vgl. Fuller 2000, 166).

[13] Zeuske 2007, 94.

[14] Hall 1827, iii-vi. Vgl. Williford 1980, 26.

[15] Hall 1827, v („Sie werden erfreut sein, dass Ihre Ideen zur Gesetzgebung in Kolumbien an Boden gewinnen.“).

[16] Rehrmann 2009, 160. Zur antiliberalen Politik Bolívars in dessen letzten Jahren vgl. auch Zeuske 2007, 82-84.

[17] Zu dieser Anziehungskraft und den gescheiterten liberalen Projekten in Kolumbien und Venezuela vgl. Zeuske 2008, 184.

[18] Hall an Bentham, Bogotá, 17.10.1822 (zit. in Fuller 2000, 166) („Während der Zeit meines Aufenthaltes in Caracas bildete ich den Plan, eine Zeitung in Spanisch und Englisch aufzubauen, mit dem zweifachen Ziel, einen Geist freier Diskussion zu schaffen und wahrheitsgetreue Information über die Lage des Landes durch Amerika, die Kolonien, und ich darf sagen, die Welt hin zu verbreiten.“). Vgl. auch Williford 1980, 84-85.

[19] Zeuske 2007, 94.

[20] Hall an Bentham, Bogotá, 17.10.1822, in: Fuller 2000, 167.

[21] Van Aken 1989, 78 („Die Hauptantriebskraft in dieser Gesellschaft junger Nationalisten war ironischerweise ein Ausländer, Colonel Francis Hall, einer der vielen britischen Offiziere, die es nach Südamerika verschlagen hatte, um in Bolívars Armeen zu dienen. Colonel Hall war sowohl für seine militärischen als auch für seine journalistischen Unternehmungen wohlbekannt. Nachdem er an einigen größeren militärischen Aktionen, die Schlacht am Pichincha 1822 eingeschlossen, teilgenommen hatte, gründete er in Caracas in Venezuela eine Zeitung, die die Ansichten des englischen Liberalismus zu verbreiten suchte. Seine Kritik an der Regierung Groß-Kolumbiens erboste Vizepräsident Santander so sehr, dass Hall befohlen wurde, Caracas zu verlassen.“).

[22] Nach McCosh (1984, 47) war es allerdings der venezolanische General José Antonio Páez (1790-1873), der Hall ausweisen ließ. Zu Páez als Anführer der Llaneros vgl. Zeuske 2008, 155-159.

[23] Van Aken 1989, 78 („Schließlich erschien der junge englische Störenfried in Ecuador und ließ sich in Quito nieder, wo er offenbar Universitätsprofessor wurde und bald den Ruf erwarb, für eifrigen Liberalismus und standhafte Opposition gegen General Flores einzustehen.“).

[24]  Zit. nach Pérez Ordóñez 2009 („Nichts erscheint in einer Republik natürlicher als die Gründung einer freien Zeitung. Die Pressefreiheit, verkündet durch die zivilisierte Welt und auf unsere Institutionen gestützt, wird nichts mehr als ein leeres Wort sein, wenn sie auf ihren legitimen Zweck, die Aufklärung der Völker, verzichtend, sich nur mit täuschen und knechten beschäftigt.“). Für die Durchsicht der spanischen Übersetzung danke ich Stella Maris van Eek.

[25] Vgl. Hall 1838, 36.

[26] http://www.kew.org/news/kew-blogs/library-art-archives/archives-take-flight.htm

[27] Vgl. den Brief Boussingaults an Humboldt, Paris, 7.12.1832.

[28] Vgl. den Brief Boussingaults an Humboldt, Paris 10.1.1833, wo es anlässlich der Übersendung der Pflanzen an Humboldt heißt: „Vous trouverez avec les plantes parfaitement desséchées de Quito: 1° un petit paquet de spécimens que nous avons recueillis Hall et moi lors de notre ascension au Tunguragua, il pleuvait et nous étions pressés. (…).“ (Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt, großer Kasten 8, 123/4)  („Mit den vollständig ausgetrockneten Pflanzen aus Quito werden Sie finden: 1. Ein kleines Paket Spezimina, die Hall und ich anlässlich unserer Besteigung des Tunguragua gesammelt haben. Es regnete und wir waren in Eile.“).

[29] Ein kleiner Kreuzblütler, das Felsen- oder Hungerblümchen Draba hallii, das in den Páramos Kolumbiens, Ecuadors und Perus vorkommt,  ist 1845 von Joseph Dalton Hooker (1817-1911) nach Hall benannt worden.

[30] Hall 1835, 101. Ähnlich Hall 1838, 4.

[31] Die Höhe, die Hall am Cotopaxi erreicht haben will, wird in der späteren Literatur bezweifelt (vgl. Meyer 1907, 214).

[32] Hall 1835, 106 und Echevarria 1987, 61.

[33] Hall 1835, 115.

[34] Boussingault 1835a, 154 („Mein Freund, der Oberst Hall, der mich schon auf den Antisana und Cotopaxi begleitet hatte, wünschte sich auch für diese Reise an mich anzuschliessen, um die zahlreichen Nachrichten, die er bereits über die Provinz besass, noch zu vervollständigen, und seine Untersuchungen über die Geographie der Pflanzen fortzusetzen.“). Die deutsche Übersetzung ist Boussingault 1835b, 196 entnommen.

[35] Vgl. McCosh 1984, 51.

[36] Boussingault 1835a, 159 („Wir wanderten hinter einander, ich voran, dann der Oberst Hall und zuletzt mein Neger, der genau in unsere Fussstapfen trat, damit die ihm anvertrauten Instrumente keine Gefahr liefen.“ Übersetzung: Boussingault 1835b, 201).

[37] Boussingault an Humboldt, Paris 1832, Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Alexander von Humboldt, großer Kasten 8, 123/1  („Ich habe zwei Versuche auf den Chimborazo gemacht, ohne Hall und meinen Diener wäre ich in einen furchtbaren Abgrund gefallen, es ging darum, einen sehr steilen Schneeabhang zu überqueren, mein Diener ging voran und hackte Treppenstufen in das Eis, um ihn dieser anstrengenden Arbeit zu entheben, wollte ich voran gehen. Ich glitt aus – glücklicherweise als Hall mich wieder am Arm und mein Neger an der Seite ergreifen konnte.“).

[38] Vgl. im Folgenden Van Aken 1989, 79-89.

[39] Van Aken 1989, 88-89 („Nachdem der Kampf zu Ende war, fand man den nackten Körper Halls an einem Pfahl hängend.“).

[40] Van Aken (1989, 300) neigt in seiner Flores-Biographie dazu, die Frage zu verneinen und verweist dafür auf Flores’ angebliche Milde gegenüber Oppositionellen.

[41] Boussingault 1835a, 180 („Angesichts des Chimborazo trennte ich mich vom Obersten Hall, dessen Zutrauen und Freundschaft ich mich während meines ganzen Aufenthalts in der Provinz Quito zu erfreuen hatte. Seine genaue Kenntniss der Oertlichkeiten ist mir vom grössten Nutzen gewesen, und eben so habe ich in ihm einen vortrefflichen, unermüdlichen Reisegefährten gefunden. Wir beide haben endlich sehr lange der Sache der Unabhängigkeit gedient. Unser Abschied war rührend; es war, wie wenn uns Etwas sagte, dass wir uns nicht wiedersehen sollten. Und leider war diess traurige Vorgefühl nur zu begründet. Einige Monate hernach wurde mein unglücklicher Freund in einer Strasse von Quito ermordet.“ Übersetzung nach Boussingault 1835b, 219).

[42] Malven in Hall 1838, 4.

[43] Humboldt 1845-1862, Bd. 4, 529.

[44] Humboldt 1845-1862, Bd. 5, 522.

[45] Ich danke Ulrich Päßler, Eberhard Knobloch und Ingo Schwarz für die Hilfe bei der Transkription und Übersetzung des Briefes.

[46] Boussingault verließ Südamerika endgültig im Juli 1832.

[47] Die „Wälder von Esmeraldas“, die „sich bis zum Gestade des stillen Oceans hin erstrecken“, beschreibt Hall an anderer Stelle als „undurchdringlichen, menschenleeren Urwald Los Yumbos genannt“ (Hall 1838, 16).

[48] Balsam aus dem Harz des Balsambaums (Myroxylon balsamum, einem Schmetterlingsblütler), auch als Peru-Balsam bekannt und von J. Ellis beschrieben (vgl. Ellis 1775, 48 und Duchesne 1836, 277).

[49] Gummi Anime, ein Baumharz (vgl. Pharmacopoea 1838, 838).

[50] Drachenblut, ein rötliches Baumharz.

[51] Eine Gruppe offizineller Kletterpflanzen, u. a. Mikania, die gegen Schlangenbisse wirken sollen. Mikania guaca wurde von Humboldt beschrieben, der Amerikaforscher und Arzt Eduard Fr. Poeppig verdankte, nachdem er von einer Giftschlange gebissen worden war, seiner eigenen Einschätzung nach, der Guacapflanze sein Leben (vgl. Poeppig 1960, Bd. 2, 269-270 und Poeppig 1965, 47).

[52] Enziangewächse.

[53] Páramos: grasbewachsene Hochflächen in den Anden über der Baumgrenze.

[54] Constant hatte 1829 im Courrier français geschrieben, dass Bolívar seine Herrschaft durch Hinrichtungen befestigen und nun in die Phase der Thronräuber eintreten würde, was eine publizistische Kontroverse auslöste.

 

Navigationselement: zurück

______________________________________________________

www.hin-online.de | kraft@uni-potsdam.de
Letzte Aktualisierung: 06 Februar 2014 | Kraft
Best viewed with Mozilla Firefox.

Navigationselement: weiter