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HiN XI, 21 (2010)
† Ilse Jahn
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Ingo Schwarz
Eine Alexander-von-Humboldt-Forscherin mit Profil: Ilse Jahn (1922-2010)
Am 8.5.2010 verstarb im Alter von 88 Jahren die Wissenschaftshistorikerin Ilse Jahn
Frau Jahn wirkte von 1962 bis 1967 an der Alexander-von-Humboldt-Arbeitsstelle der Berliner Akademie der Wissenschaften. Ihr Interesse an dem preußischen Naturforscher und Forschungsreisenden – insbesondere an seinen biologischen Forschungen – bewahrte sie sich jedoch Zeit ihres Lebens. Mit zahlreichen einschlägigen Publikationen, vor allem aber durch ihre Mitarbeit an dem Briefband „Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts“ (1973) gehörte sie neben Fritz-G. Lange, Kurt-R. Biermann, Hanno Beck u. a. zu den Begründern der Alexander-von-Humboldt-Forschung im Nachkriegsdeutschland. Als vor nunmehr 11 Jahren die Internet-Zeitschrift „HiN – Humboldt im Netz“ ins Leben gerufen wurde, war es selbstverständlich, sie zu bitten, im Advisory Board mitzuarbeiten, wozu sie sehr gerne bereit war.
Als Ilse Trommer wurde sie am 2. Februar 1922 in Chemnitz geboren. Ihr Abitur legte sie 1940 in ihrer Heimatstadt ab. Vom Frühjahr 1941 bis zum Sommer 1942 studiert sie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Botanik, Zoologie, Allgemeine Biologie und Mineralogie. Im August 1942 heiratete sie den Bankkaufmann Dr. Wilhelm Jahn (geb. 1906); ihre Tochter Isolde wurde 1943 geboren. Ein Jahr später geriet ihr Ehemann in sowjetische Kriegsgefangenschaft, in der er 1945 verstarb. An eine Fortsetzung des Studiums konnte die junge Mutter zu dieser Zeit nicht denken. Bis 1952 arbeitete sie als freischaffende Kunstmalerin und Grafikerin in Chemnitz. Erst im Herbst jenes Jahres konnte Ilse Jahn ihr Biologiestudium an der Universität Jena fortsetzen. Das Diplom erwarb sie mit einer von Eduard Uhlmann betreuten entomofaunistischen Arbeit über die Familie Miridae. Bis 1962 arbeitete sie als Assistentin am Ernst-Haeckel-Haus, wo sie sich unter dem Einfluss von Georg Uschmann der Biologiegeschichte zuwandte und editorische, archivarische und museumsorientierte Aufgaben übernahm. Am 29. November 1963 wurde Ilse Jahn mit einer Arbeit zur Geschichte der Botanik in Jena zum Dr. rer. nat. promoviert.
Bereits seit November 1962 war sie Mitarbeiterin des Editionsprojekts der Jugendbriefe Alexander von Humboldts. Der Vorschlag, die profilierte Wissenschaftshistorikerin für diese Tätigkeit zu gewinnen, stammte von den Mitgliedern der A.-v.-Humboldt-Kommission der Berliner Akademie der Wissenschaften Rudolf Zaunick und Erwin Stresemann.
Ab Herbstsemester 1965 übernahm Frau Jahn einen Lehrauftrag für Geschichte der Biologie an der Humboldt-Universität. Zwei Jahre später begann sie ihre Arbeit an einer Habilitationsschrift zur Geschichte der botanischen und zoologischen Systematik. In dieser Zeit wechselte sie auch von der Akademie der Wissenschaften zum Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität, wo sie u. a. als Hauptabteilungsleiterin der Schausammlungen wirkte. Mit der dritten Hochschulreform in der DDR im Jahre 1968 wurden die Lehrveranstaltungen zur Geschichte der Biologie gestrichen; Frau Jahn wandte sich unter diesen Bedingungen verstärkt Aufgaben im Museum zu, etwa bei der Neugestaltung von Ausstellungen. Von 1971 bis 1974 wirkte sie als stellvertretende Direktorin des Museums für Naturkunde. 1979 habilitierte sie sich mit einer Arbeit zum Thema „Die Museologie als Lehr- und Forschungsdisziplin mit spezieller Berücksichtigung ihrer Funktion in naturhistorischen Museen: Geschichte, gegenwärtiger Stand und theoretische Grundlagen“. Kurze Zeit später wurde sie zur Hochschuldozentin für „Naturhistorische Museologie“ berufen. Seit dem Frühjahrssemester 1977 leitete Frau Jahn wieder Lehrveranstaltungen zur Geschichte der Biologie und betreute studentische Forschungsarbeiten. Seit 1982 im „Ruhestand“, konnte sie sich verstärkt ihren Herausgebertätigkeiten widmen. Herausragende Ehrungen waren ihre Wahl in die Leopoldina, heute Nationale Akademie der Wissenschaften, im Jahre 1986, ihre Ernennung zum Korrespondierenden Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main (1992), ihre Wahl zum Mitglied der New York Academy of Sciences (1995), die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Biologisch-Pharmazeutische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Februar 2002 und schließlich die Verleihung der Treviranus-Medaille vom Verband Deutscher Biologen in Bremen im Oktober 2002.
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Letzte Aktualisierung: 26 April 2011 | Kraft
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