Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 9. Januar 2012
Originalfassung zugänglich unter http://www.hin-online.de

HiN - Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (ISSN: 1617-5239)

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Karin Reich

Sternschnuppen und Erdmagnetismus, ein von Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß während der Universitätsfeierlichkeiten in Göttingen im September 1837 initiiertes Projekt

[Anm. d. Red.: aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten des HTML-Layouts empfehlen wir unseren Lesern, den Beitrag von Karin Reich in der PDF-Version zu lesen. Dort lassen sich der jeweilige Faksimile-Ausschnitt und die Transkription besser nebeneinander lesen als in dieser Fassung.]

Abstract

In September 1837 the centennial celebrations of Göttingen university took place; Alexander von Humboldt, who visited Göttingen for this purpose, and Carl Friedrich Gauss created the project: Do showers of meteors influence the terrestrial magnetic phaenomena, comparable to the aurora borealis? The investigation should take place in November 1837, when strong meteor showers were once again expected. In this context the letter of Humboldt to Gauss from November 30, 1837 is of great importance; in this letter two enclosures were mentioned which still exist, but which were not presented in the edition of the letters between Humboldt and Gauss.
One of these enclosures is a letter from Boguslawski to Humboldt from November 15, 1837, on which Humboldt made several remarks. Boguslawski was astronomer at the observatory of Breslau. The other enclosure was a document, containing the observation data of Humboldt and Herter, which were made in Berlin during November 12 to 15 and 21. These two documents together with the historical context are presented here for the first time, accompanied by the report by Gerling on meteor showers observed in Marburg from November 12 to 14.

Zusammenfassung

Während der im September 1837 in Göttingen stattfindenden Universitätsfeierlichkeiten initiierten Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß gemeinsam ein Projekt; es ging dabei um die Frage, ob Sternschnuppen die erdmagnetischen Erscheinungen beeinflussen würden, dem Nordlicht vergleichbar. Dies sollte im folgenden November, anlässlich des zu erwartenden großen Sternschnuppenschauers, überprüft werden.
Im Zentrum dieser Untersuchung steht der Brief von Alexander von Humboldt an Gauß vom 30. November 1837 (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 63–65); in diesem wurden zwei Beilagen bzw. Anlagen angesprochen, die zwar noch existieren, die aber bei der Ausgabe des Humboldt-Gaußschen Briefwechsels fast ganz unberücksichtigt blieben. Es handelt sich erstens um einen Brief von dem in Breslau wirkenden Astronomen Boguslawski an Humboldt vom 15. November 1837, den Humboldt, versehen mit eigenen Anmerkungen, Gauß zukommen ließ, und zweitens um ein Dokument, enthaltend die von Humboldt und Herter in Berlin während der Zeit vom 12. bis 21. November angestellten erdmagnetischen Beobachtungen. Diese Dokumente sollen hier erstmals in den historischen Kontext eingebettet, vorgestellt werden, zusammen mit dem Bericht über die in Marburg gemachten Sternschnuppenbeobachtungen vom 12. bis 14. November, die Gerling veranlasst hatte.

* * *

1. Sternschnuppen

Sternschnuppen treten nicht gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt auf, sondern Mitte August sowie Mitte November können oftmals weltweit zahlreiche Sternschnuppen, Sternschnuppenschauer, schwärme bzw. ströme beobachtet werden. Dies war schon seit langem bekannt. Alexander von Humboldt unterschied daher in seinem „Kosmos“ periodische und sporadische Sternschnuppenphänomene (Humboldt 1845–1862, Bd. 3, S. 593).

Es war Alexander von Humboldt, der eine besonders eindrucksvolle Sternschnuppenerscheinung während seiner Südamerikareise beobachten konnte und zwar in Venezuela in der Stadt Cumaná am 12. November 1799:

Am 11ten Nachts sehr kühl. Am 12ten Nov[ember] von 2½ – 4 Uhr Morgens ein prächtiges Schauspiel am östlichen Himmel. Zahllose Feuerkugeln und Sternschnuppen, welche einen Lichtweg hinterließen und die Aufmerksamkeit aller Einwohner, welche die Frühmesse um 4 Uhr hören, auf sich zogen. Sternschnuppen sind ohnedies nach 2 Uhr hier sehr selten. Der Weg, den sie bezeichneten, leuchtete 12 – 15° weit, mehrere sprühten Funken, ein wahres Feuerwerk. Man sagt mit Furcht, daß einige Tage vor dem Erdbeben 1766 [ein] ähnliches Feuerwerk gesehen ward. (Humboldt 2000, S. 119f).

Humboldt interessierte sich sein ganzes Leben lang für Sternschnuppen und widmete diesem Phänomen in seinem „Kosmos“ ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Sternschnuppen, Feuerkugeln und Meteorsteine“ (Humboldt 1845–1862, Bd. 3, S. 592–617). Schon dieser Titel deutet darauf hin, dass man sich zu Humboldts Zeiten Gedanken über die Natur der Sternschnuppen machte, wobei nicht nur Humboldt die Meinung vertrat, dass sie kosmischen und nicht terrestrischen Ursprungs seien. Doch soll diese Frage nach der Natur der Sternschnuppen im Folgenden nicht weiter erörtert werden.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es mindestens zwei international wohlbekannte Forscher auf dem Gebiet der Sternschnuppen, das waren Wilhelm Olbers (1758–1840) und Johann Friedrich Benzenberg (1777–1846), beide standen sowohl mit Alexander von Humboldt als auch mit Carl Friedrich Gauß in engem Kontakt. Benzenberg hatte seine 1839 veröffentlichte Monographie „Die Sternschnuppen“ „An Blumenbach, Olbers und Humbold [sic]“ gerichtet (Benzenberg 1839).

Olbers erwähnte in seinem 1837 erschienenen, umfangreichen Aufsatz über Sternschnuppen:

Am 12. November 1799 früh Morgens vor Sonnenaufgang sahen Humboldt und Bonpland von der mexikanischen Küste[1] vier Stunden lang Tausende von Sternschnuppen und kleinen Feuerkugeln vorüberziehen. [...] Dies merkwürdige Phänomen wurde auch zu derselben Zeit ausser Cumana an den Grenzen von Brasilien im französischen Guyana, im Kanal von Bahama, auf dem festen Lande von Nordamerika, in Labrador und Grönland wahrgenommen, ja selbst in Deutschland zu Karlsruhe, Halle, Weissenfels u.s.w. wurden viele Sternschuppen gesehen (Olbers 1837, S. 167).

Olbers vergaß auch nicht zu erwähnen, dass in anderen Jahren ebenfalls im November zahlreiche Sternschnuppen gesichtet wurden, so in den Jahren 1832, 1833, 1834 und 1835. In der Tat wurde auch Mitte November 1836 ein besonders herausragendes Sternschnuppenphänomen beobachtet und zwar ebenfalls an verschiedenen Orten. In einer Publikation in den „Annalen der Physik und Chemie“ wurden die Beobachtungen, die in Berlin, in Breslau, in Frankfurt am Main und in Gummersbach gemacht worden waren, vorgestellt.[2] Auch wurde dort berichtet, dass man auch in Frankreich, insbesondere in Paris und in Strassburg, dieses Naturschauspiel intensiv beobachtet hatte.

Benzenberg wiederum hatte schon seit 1801 immer wieder Beiträge über Sternschnuppen veröffentlicht. Im Jahr 1839 schließlich erschien in Hamburg seine umfassende Monographie, in der er eine umfangreiche Datensammlung zu Sternschnuppenerscheinungen, beginnend mit dem Jahre 1798, vorstellte. Auch Benzenberg erwähnte mehrfach ergiebige Novemberbeobachtungen, so für die Jahre 1832, 1833 und 1836 (Benzenberg 1839, S. 158, 170, 195 und 199).

2. Humboldts erdmagnetische Beobachtungen: die „Observations magnétiques“

Humboldt hatte sich schon seit seinem Studium an der Bergakademie in Freiberg mit erdmagnetischen Phänomenen beschäftigt und selbst erdmagnetische Daten gesammelt, vor allem auch während seiner zahlreichen Forschungsreisen (Reich 2011, S. 36–39). In der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften werden zwei Kästen „Observations magnétiques“ aufbewahrt, die Kopien von Humboldts eigenen erdmagnetischen Beobachtungen beinhalten,[3] die er während der Jahre 1806/7 sowie während der Jahre 1829 bis 1836 in Berlin gemacht hatte. Darüber hinaus befinden sich in diesen Kästen auch die erdmagnetischen Beobachtungen anderer Wissenschaftler, die diese an Alexander von Humboldt geschickt hatten, nachdem er im Jahre 1829 seinen magnetischen Verein gegründet hatte. Dieser Verein hatte aber nur bis etwa 1834 Bestand (Honigmann 1984). Da Humboldt über keine eigene Zeitschrift verfügte, wurden viele dieser mitgeteilten Daten in den „Annalen der Physik und Chemie“ in Form von „Schreiben an Alexander von Humboldt“ bzw. „Schreiben an den Herausgeber“, seit 1829 war dies Johann Christian Poggendorff (1796–1877), veröffentlicht; dazu gehörten auch mehrere korrespondierende Beobachtungen, d.h. Beobachtungen, die an verschiedenen Orten durchgeführt und miteinander verglichen wurden. Humboldt hatte bereits während seines Aufenthalts in Paris gemeinsam mit seinem Freund François Arago (1786–1853) im Jahre 1823 erstmals korrespondierende Beobachtungen vereinbart, wobei die Partner, der Physiker Adolph Theodor Kupffer (1799–1865) und der Astronom Ivan Michajlovič Simonov (1794–1855), in Russland, und zwar in Kasan beobachteten (Roussanova 2011, S. 73). Es war diese Art von gleichzeitigen, synchronen bzw. korrespondierenden Beobachtungen, die sich in der Zukunft als besonders ergiebig und fruchtbar herausstellen sollten. Humboldt publizierte über solche Beobachtungen, gemacht mit vergleichbaren Gambeyschen Apparaten in Paris, Kasan, Berlin sowie auf Humboldts Bitte auch in Freiberg und in Marmato in Südamerika (Humboldt 1829, S. 331–335). Jean-Baptiste Boussingault (1802–1882) hielt sich nämlich in der fraglichen Zeit in Südamerika auf, er hatte diese wissenschaftliche Expedition auf Rat von Humboldt unternommen. Nur ein Jahr später erschienen erste graphische Darstellungen, nämlich ein Vergleich der Beobachtungen in Berlin, Freiberg, St. Petersburg, Kasan, Nikolajev (Dove 1830).

In Berlin führte Humboldt seine erdmagnetischen Beobachtungen während der Jahre 1805–1807 im sogenannten George’schen Garten durch, in dessen Nähe Humboldt auch wohnte (Schwarz 1992, S. 2). Im Jahre 1828 wurde für Humboldt ein kleines magnetisches Observatorium errichtet und zwar im Garten des Anwesens Leipzigerstraße 3; dieses gehörte seit 1825 dem Bankier Abraham Mendelssohn Bartholdy (1776–1835) (Reich 2011, S. 42f). Dieses magnetische Häuschen wurde allerdings abgerissen, nachdem es fast neun Jahre lang benützt worden war; am 30. Juli 1836 nämlich teilte Humboldt Gauß mit:

Sie wissen, daß, seitdem mein magnetisches Häuschen in der Leipziger Strasse abgerissen ist (wegen Verkauf des Grundstückes), wir in der Sternwarte nur Ihre Methode anwenden (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 50).

Dies ist sicher auch ein Grund, warum die „Observations magnétiques“ im Jahre 1836 ihren Abschluss fanden, da Humboldt über kein eigenes Etablissement mehr verfügte.

3. Die Anfänge von Gauß’ und Webers erdmagnetischen Untersuchungen

Carl Friedrich Gauß (1777–1855) hatte sich bereits in jungen Jahren mit dem Phänomen des Erdmagnetismus beschäftigt (Reich 2011, S. 39–41); aber erst mit der Berufung von Wilhelm Weber (1804–1891) als Professor der Physik an die Universität Göttingen im Jahre 1831 wurde der Erdmagnetismus das wichtigste Forschungsgebiet dieser beiden Wissenschaftler. Gauß und Weber entwickelten alsbald neue Instrumente und neue Beobachtungsmethoden, im Herbst 1833 wurde das Magnetische Observatorium fertig gestellt, das sich im Garten der Göttinger Sternwarte befand.

Erste Beobachtungsergebnisse wurden zunächst wie bei Humboldt in den „Annalen der Physik“ sowie auch in den „Göttingischen gelehrten Anzeigen“ und in den „Astronomischen Nachrichten“ veröffentlicht. Humboldts magnetischer Verein hörte praktisch auf zu existieren, als sich in Göttingen ein neuer magnetischer Verein zu etablieren begann. Das Ziel des neuen Vereins war jedoch dasselbe wie das von Humboldts Verein: man wollte mit Hilfe von terminlich vereinbarten Beobachtungen an möglichst vielen verschiedenen Orten eine neue Basis für die weitere wissenschaftliche Erforschung des Erdmagnetismus liefern; dabei spielten korrespondierende Beobachtungen eine zentrale und herausragende Rolle.

Erste korrespondierende Beobachtungen in Göttingen erfolgten bereits im März 1834, wozu aber nur aus Berlin entsprechende Daten geliefert wurden. Diese Beobachtungen hatte zwar Humboldt veranlasst (Gauß 1834, S. 522), aber es war nicht Humboldt gewesen, dem diese Daten zu verdanken waren. Diese Beobachtungen lieferte der seit 1825 als Direktor an der Berliner Sternwarte wirkende Astronom Johann Franz Encke (1791–1865), der damals noch in der alten Akademiesternwarte beobachtete; er hatte übrigens als junger Mann bei Gauß an der Universität Göttingen Astronomie studiert. Aber leider waren diese Beobachtungen Enckes, wie bei Humboldt üblich, in stündlichem Abstand erfolgt, was viel zu wenig war.

Gleichzeitig machte Gauß deutlich, was nun anders ablaufen würde als unter Humboldt. Man beobachtete nun nicht mehr mit Gambeyschen Boussolen, sondern mit den von Gauß und Weber neu entwickelten Magnetometern und man beobachtete zu anderen, vor allem weniger Terminen, aber dies geschah in wesentlich engeren zeitlichen Abständen. Beim ersten Göttinger Termin im März 1834 waren es zunächst noch 20, dann 10 Minuten Abstand gewesen, beim zweiten Termin im Mai 1834 waren es 10 Minuten und bei allen späteren Terminen waren es generell nur noch Abstände von 5 Minuten (Gauß 1834, S. 522).

Im Jahre 1836 wurde in Göttingen eine eigene Zeitschrift gegründet, nämlich die „Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins“, die Gauß und Weber gemeinsam herausgaben. Der erste Band mit dem Berichtsjahr 1836 erschien im Jahre 1837 in Göttingen im Verlage „Dieterichsche Buchhandlung“, so auch der folgende Band. Die weiteren Bände allerdings, die 1839, 1840, 1841 und 1843 herauskamen, wurden von der Weidmannschen Buchhandlung in Leipzig veröffentlicht. Im Jahre 1843 hörte auch der Göttinger magnetische Verein auf zu existieren, nachdem Wilhelm Weber, der einer der Göttinger Sieben war, eine Professur an der Universität Leipzig antrat.

In dieser Zeitschrift „Resultate“ wurden in einem ersten Teil wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht, aber in einem zweiten Teil wurden die in Göttingen gemachten und die in Göttingen eingegangenen Beobachtungsdaten von anderen Orten in ausgewerteter Form vorgestellt. Alle diese Daten waren mit von Gauß und Weber entwickelten Instrumenten durchgeführt und zu den von Gauß und Weber festgelegten Terminen in 5 minütigen Abständen getätigt worden. Für zahlreiche Termine wurden ferner in einem Anhang der „Resultate“ auch umfangreiche graphische Darstellungen von vielen der korrespondierenden Beobachtungen, fein säuberlich auf Millimeterpapier gezeichnet, publiziert, die die Beobachtungsdaten in Form von „Parallel-Curven“ bestens veranschaulichten.

In der Einleitung zur neuen Zeitschrift, die Gauß verfasst hatte, würdigte dieser als erstes Humboldts Verdienste und schilderte dessen terminliche Beobachtungsverabredungen:

Die Unregelmäßigkeiten in den Aeußerungen des Erdmagnetismus, deren häufiges Vorkommen besonders auch Hr. von Humboldt bei seinen zahlreichen Beobachtungen der täglichen und stündlichen Bewegungen der Magnetnadel wahrgenommen hatte, erhielten hiedurch ein eigenthümliches Interesse [...]. Der berühmte Naturforscher, dem unsere Kenntniß des Erdmagnetismus so viele Bereicherung verdankt, hat auch hier zuerst die Bahn gebrochen. Hr. von Humboldt errichtete in Berlin gegen Ende des Jahrs 1828 für die magnetischen Beobachtungen ein eignes eisenfreies Häuschen, stellte darin einen von Gambey verfertigten Variationscompass auf, und verband sich mit andern Besitzern ähnlicher Apparate an mehrern zum Theil sehr entlegenen Orten zu regelmäßigen an verabredeten Tagen auszuführenden Beobachtungen der magnetischen Variation. Es wurden acht Termine im Jahre, jeder zu 44 Stunden, festgesetzt, an denen die magnetische Abweichung von Stunde zu Stunde aufgezeichnet werden sollte: an einigen Orten beobachtete man in noch engern Zeitgrenzen, von halber zu halber Stunde, oder von zwanzig zu zwanzig Minuten (Gauß 1837a, S. 346f).

Bereits bei der Publikation des ersten Bandes der „Resultate“ war klar, dass das Unternehmen ein Erfolg war und fortgesetzt werden würde:

Seitdem nun aber die Theilnahme sich bereits so sehr vergrössert hat, schien es an der Zeit, auf eine regelmässige Bekanntmachung Bedacht zu nehmen, um die reiche Summe von fruchtbaren Thatsachen zu einem Gemeingut desjenigen Theils des Publicums zu machen, welches sich für die Naturforschung interessirt. Was wir gegenwärtig geben, kann als der erste Jahrgang, seitdem der Verein zu einem gewissen Umfang gekommen ist, betrachtet werden (Gauß 1837a, S. 349).

Schon im Jahre 1837 verfügten auch Altona, Augsburg, Berlin, Bonn, Braunschweig, Breda, Breslau, Dublin, Freiberg, Greenwich, Halle, Kasan, Kassel, Kopenhagen, Krakau, Leipzig, Mailand, Marburg, München, Neapel, St. Petersburg und Uppsala über Instrumente nach Göttinger Bauart (Gauß 1837a, S. 349) und beteiligten sich nach und nach an den korrespondierenden Beobachtungen an den im Vorfeld festgelegten Terminen. Und laufend kamen neue Beobachtungsorte hinzu. Der Göttinger Magnetische Verein war ein äußerst erfolgreiches Unternehmen, der Verein wuchs von Jahr zu Jahr, allerdings nur bis eben 1843.

Alle die noch vorhandenen, in Göttingen erhobenen oder nach Göttingen geschickten erdmagnetischen Beobachtungsdaten, von welchem Ort auch immer, befinden sich heute in der Universitätsbibliothek in Göttingen in der Handschriftenabteilung unter der Signatur „Cod. Ms. Magn. Verein“; diese Signatur umfasst 15 Kartons mit diversen Mappen. Meistens ist für jeden Beobachtungstermin eine spezielle Mappe vorhanden, die alle eingegangenen Materialien enthält.

 

4. Das Jubiläumsjahr 1837: einhundert Jahre Universität Göttingen (15. bis 20. September 1837)

Abb. 1a. Göttingen: Gedenktafel in der Weender Straße 23 beim Café Cron & Lanz. Photo: Elena Roussanova
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Abb. 1b. Göttingen: Gedenktafel in der Weender Straße 23 beim Café Cron & Lanz. Photo: Elena Roussanova
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Alexander von Humboldt hatte u.a. auch an der Universität Göttingen studiert, er hatte sich dort am 25. April 1789 immatrikuliert und blieb bis März 1790 in Göttingen. Er hatte im Sommersemester 1789 zusammen mit seinem Bruder Wilhelm in der Mühlenstraße 4 bei der Witwe des Aktuars List gewohnt, und war im Wintersemester 1789/90 beim Metzger J. Ch. Krische in der Weender Straße 23 untergekommen (Göttinger Gedenktafeln 2002, S. 117).

Humboldt fühlte sich Göttingen sehr verbunden und kehrte oftmals und gern in seine alte Universitätsstadt zurück. Am 27. September 1826 hatte er dort Gauß einen ersten Besuch abgestattet (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 18f), wobei man auch gemeinsame erdmagnetische Beobachtungen auf dem Hainberg ausführte.

Die Universität Göttingen war im Jahre 1737 unter Georg II. (1683–1760) gegründet worden, der seit 1727 König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover war. Das einhundertjährige Universitätsjubiläum im Jahre 1837 wurde gründlich vorbereitet und mit großer Anteilnahme, nicht nur von Seiten Göttinger Bürger und Wissenschaftler, begangen. So hatte der damalige König von Großbritannien und Hannover Wilhelm IV. (1765–1837, reg. ab 1830) ein neues Hauptgebäude beigesteuert, das über einen großen Festsaal, eine sogenannte Aula, verfügte. Berühmt an diesem Gebäude ist ferner das Giebelrelief, das dem Bildhauer Ernst von Bandel (1800–1876) zu verdanken war; dort wurden die vier alten Fakultäten in Form einer Allegorie dargestellt. Dieses Gebäude steht heute an dem später nach dem König als Wilhelmsplatz bezeichneten Ort, den auch ein Denkmal für Wilhelm IV. ziert. Leider war Wilhelm IV. bereits am 20. Juni 1837 verstorben, so dass die Feierlichkeiten, die vom 15. bis zum 20. September 1837 stattfanden, ohne ihn begangen werden mussten.

Es war naheliegend, dass Alexander von Humboldt für die Universitätsfeierlichkeiten nach Göttingen eingeladen wurde. Er reiste Mitte September über Mägdesprung, Alexisbad, Stolberg nach Göttingen.[4] Bereits am ersten Tag der Feierlichkeiten war er anwesend:

[...] am Abend des 15. [September 1837], bezeugte die academische Jugend ihre große Freude über die Ankunft Alexander’s von Humboldt. Sie sammelte sich zu diesem Zwecke auf dem Wilhelmsplatze, wo zu wiederholten Malen Sr. Majestät dem König ein feierliches Lebehoch ertönte. Darauf setzte sich der Zug nach Humboldt’s Wohnung (in der Dieterichschen Buchhandlung) in Bewegung. Nachdem hier die Musikchöre ihr Spiel vollendet hatten, brachte ein Studirender den Festruf aus: ‚Alexander von Humboldt, dem Freunde der academischen Jugend ein Lebehoch!’ wozu die zahlreiche Versammlung in lautem Jubel einstimmte. Darauf trat der Gefeierte auf den Balcon, und drückte in folgenden herzlichen Worten seine Dankbarkeit aus: ‚Unter den mannichfachen Freuden, die mir in einem vielbewegten Leben geworden sind, ist es eine der süßesten und erhebendsten, diesen ehrenvollen Ausdruck Ihres Wohlwollens zu empfangen. Fast ein halbes Jahrhundert ist verflossen, seitdem ich in dieser berühmten Hochschule, Georgia Augusta, den edleren Theil meiner Bildung empfing. Viele und tief eingreifende Wechsel haben seitdem die Erdtheile getroffen, die ich, nach wissenschaftlichen Zwecken strebend, durchwandert; aber die Bande, welche die alternden, hinschwindenden Geschlechter an die jüngeren, kraftvoll aufstrebenden dadurch knüpft dass Alle im academischen Leben aus einer Quelle geschöpft haben, sind in dem Wechsel der Begebenheiten ungeschwächt geblieben. Deutschlands Hochschulen üben noch jetzt, wie vor Jahrhunderten, ihren belebenden wohlthätigen Einfluß auf die freie Entwickelung geistiger Kräfte und auf die ernsteren Richtungen des Volkslebens aus. In der Anerkennung dieses mächtigen Einflusses, der dem hochherzigen Gründer dieser Universität, dem edlen Vorfahren Ihres Königs, gleichsam im Geiste vorschwebte, bringe ich Ihnen, verehrte Freunde, tiefbewegt, am Abend meines Lebens, die Huldigung meiner liebevollen Dankgefühle dar.’ Ein neues lautes Lebehoch war die Antwort, womit die Menge den verehrten Mann begrüßte. Noch einmal dankte er für diese Huldigung, und ließ, gelehnt an die Flügelthür des Balcons, die jubelnde Menge an sich vorüberziehen. Sie begab sich darauf, unter Vortritt der Musik, auf den Markt, wo mit einem academischen Liede das Ganze beschlossen wurde. Bei allen folgenden Festlichkeiten war Alexander von Humboldt als einer der gefeiertsten Gäste anwesend (Säcular=Feier 1838, S. 12f).

Abb. 2. Göttingen: Balkon des Hauses Gotmarstraße 1, dem Lichtenberg-Haus, wo Humboldt am 15. September 1837 seine Ansprache anlässlich des 100-jährigen Universitätsjubiläums hielt. Photo: Elena Roussanova
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Wie aus diesem Zitat hervorgeht, wohnte Humboldt damals in der Dieterichschen Buchhandlung, das ist der Verlag, bei dem damals die „Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins“ herausgegeben wurden.

Und selbstverständlich spielte auch Gauß bei den Feiern eine wichtige Rolle. Er war mit dem Ritterkreuz geehrt worden[5] und trat als Mitglied der Göttinger Societät der Wissenschaften in Erscheinung, der er seit dem 13. November 1802 angehörte. Bei den Societätsfeierlichkeiten am 19. September 1837 saß Gauß zwischen dem gefeierten Alexander von Humboldt und dem Sekretär der Societät, Friedrich Blumenbach (1752–1840):

Bald darauf [am 19. September], um zwölf Uhr, folgte eine öffentliche Sitzung der Societät der Wissenschaften ebenfalls in der Aula, deren Benutzung durch die große Zahl der anwesenden Fremden nothwendig wurde. Der zeitige Director, Hofrath Gauß, hielt die [...] Vorlesung (Säcular=Feier 1838, S. 20).

Diese Vorlesung begann Gauß mit folgenden Worten:

Zu der Feier der Georgia Augusta tritt unsere Societät, wie beim goldnen Feste der Mutter die Tochter erscheint, nicht um in zierlicher Rede ihre Gefühle auszusprechen, sondern um die Freude des Hauses zu theilen, und eine bescheidene Gabe zu überreichen. Wohl bringt nach heimischer Sitte die Tochter eine einfache in nächtlichen Stunden gefertigte Arbeit ihrer Hände, aber eine im eignen Garten selbst gezeitigte Frucht. Aber die Gefühle der Tochter am Ehrentage der geliebten Mutter, der sie Dasein, Pflege und Gedeihen verdankt, die Gefühle dankbarer freudiger Rührung, sind zu sehr Eins mit ihrem Wesen, um der Worte zu bedürfen. Der Ehrentag der Mutter ist ja auch der Ehrentag der Tochter.

Indem mir die Ehre zu Theil wird, in diesem festlichen Moment und vor einer so glänzenden Versammlung die erste Sitzung unserer Societät in den neuen Räumen in diesem Sinn mit einem Vortrage zu eröffnen, bin ich mir wohl bewusst, wie sehr ich dabei auf eine wohlwollende Nachsicht in mehr als einer Beziehung rechnen muß. Ein Vortrag auf dem Gebiete der strengen Wissenschaften, an sich schon wenig verträglich, und jedenfalls unter meinen Händen unbekleidet, mit dem Schmuck der Rede, kann im günstigsten Fall eine besondere Theilnahme nur bei denen erregen, die mit ähnlichen Bestrebungen selbst näher befreundet sind. Um so dankbarer wird es anzuerkennen sein, wenn auch solche, die von diesen Wissenschaften entfernter stehen, ihre ehrende Aufmerksamkeit einem Vortrage nicht versagen, von dem ich mehrere ihnen vielleicht trocken erscheinende Entwicklungen nicht wohl trennen kann, ohne oberflächlich, oder selbst unverständlich zu werden (Sacular=Feier 1838, S.119).[6]

Abb. 3. Göttingen: Gedenktafel zur Erinnerung an Humboldts Rede am 20. September 1837 zur Gründungssitzung der deutschen Philologen- und Schulmänner-Versammlungen in der Roten Straße 4. Photo: Elena Roussanova
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Als Thema hatte Gauß natürlich einen Beitrag aus dem Bereich des Erdmagnetismus gewählt, hatte er doch kurze Zeit vorher ein neues Instrument entwickelt, nämlich das Bifilarmagnetometer; diesem widmete er nun seine wissenschaftlichen Ausführungen (Gauß 1838a, S. 119–131). Dieser Beitrag erschien ohne den Vorspann auch in den „Resultaten aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins“ (Gauß 1838b); eine Kurzversion war schon vorher im Jahre 1837 in den „Göttingischen gelehrten Anzeigen“ veröffentlicht worden (Gauß 1837c).

Am 20. September nahm Humboldt auf Anregung des klassischen Philologen Friedrich von Thiersch (1784–1860) an der Gründungssitzung des deutschen Philologen-Vereins im Hause des klassischen Philologen Carl Ferdinand Ranke (1802–1876) teil.

Und selbstverständlich trafen sich Gauß und Humboldt mehrfach während Humboldts Aufenthalts in Göttingen. Es war dies das dritte und letzte Mal, dass sich Humboldt und Gauß persönlich trafen.[7] Am 23. September reiste Humboldt nach Hannover und erreichte in der Nacht vom 27. zum 28. September wieder Berlin.[8]

4.1 Resonanz in den Zeitungen

Göttingen verfügte damals noch über keine Zeitung, der eine über die Stadt hinausreichende Bedeutung zugekommen wäre. Die Feierlichkeiten in Göttingen aber hatten dennoch große Aufmerksamkeit erregt. In allen großen Tageszeitungen wurde ausführlich und oft tagtäglich von diesem Ereignis berichtet, wobei stets die bedeutende Rolle, die Humboldt bei der Feier gespielt hatte, besonders betont und hervorgehoben wurde, so in der „Allgemeinen Zeitung“:

15. September 1837, Nr. 453 und 454, Außerordentliche Beilage, S. 1809 und 1810,       

21. September 1837, Nr. 261, Beilage S. 2109,

26. September 1837, Nr. 474, Außerordentliche Beilage, S. 1893 und 1894,        

27. September 1837, Nr. 475 und 476, Außerordentliche Beilage, S. 1897, 1898,

30. September 1837, Nr. 273, Beilage, S. 2181,

in der „Vossischen Zeitung“ (eigentlich „Königlich privilegierte Berlinische Zeitung“):

19. September 1837, Nr. 219, 1. Seite,

20. September 1837, Nr. 220, 2. Seite,

21. September 1837, Nr. 221, 1. und 2. Seite,

23. September 1837, Nr. 223, 1., 2. und 3. Seite,

25. September 1837, Nr. 224, 2. und 3. Seite,

27. September 1837, Nr. 226, 2. und 3. Seite,

in der „Hannoverschen Zeitung“:

18. September 1837, S. 2238f,

19. September 1837, S. 2246–2248,

20. September 1837, S. 2252f,

und in der „Leipziger Zeitung“:

20. September 1837, Nr. 225, S. 2848,

22. September 1837, Nr. 227, S. 2870–2872,

23. September 1837, Nr. 228, S. 2887f,

25. September 1837, Nr. 229, S. 2903f,

26. September 1837, Nr. 230, S. 2919f,

29. September 1837, Nr. 233, S. 2967f.

4.2 Das Humboldt-Gaußsche Forschungsprojekt: Humboldts Anzeige

Als sich Humboldt und Gauß in Göttingen trafen, war mit Sicherheit der Erdmagnetismus ein Thema ihrer gemeinsamen Gespräche, auch machten sie anlässlich dieses Treffens abermals gemeinsame magnetische Beobachtungen (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 61). Humboldts Interesse an Sternschnuppen war ja nicht neu. In einem Brief an Benzenberg vom 19. Mai 1837 berichtete Humboldt von den zu erwartenden Sternschnuppenfällen am 13. November und äußerte allerhand weiterführende Gedanken über die Natur, die Einteilung der Sternschnuppen usw. Benzenberg hatte im August und September noch weitere Sternschnuppenfälle beobachtet, für die sich Humboldt am 22. Oktober 1837 herzlich bedankte.[9] Dagegen ist das Interesse von Gauß an Sternschnuppen eher überraschend, bei ihm stand sicherlich der Erdmagnetismus im Vordergrund.

Humboldt bedankte sich am 30. September bei Gauß für den angenehmen Aufenthalt in Göttingen:

Wenn auch nur in flüchtigen Zeilen, kann ich mir doch die Freude nicht versagen, Ihnen, theurer hochverehrter Freund, vorläufig den Ausdruck meiner innigsten Dankgefühle für die auf Ihrer Sternwarte verlebten, schönen Tage dazubringen. Sie sind mir nicht bloß, wie immer, geistig groß und alles, was Sie kühn und tief angreifen, beherrschend erschienen: Sie waren auch voll Milde und Herzlichkeit und Wärme des Charakters, Züge, die Ihnen den so gelungenen, anmuthigen, sinnigen Eingang Ihrer Societätrede inspirirt haben. Es ist etwas Grosses im Leben, so dem Grossen seiner Zeit haben nahe treten zu können (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 59).

Am Ende des Briefes erwähnte Humboldt das gemeinsam initiierte Projekt:

Ich habe mit seinem [Enckes] Rathe den Termin für die Sternschnuppen (nach Ihrem Wunsche, theurer Freund) in der Staats-Zeitung angekündigt. Es konnte, wenn man nur ein mal 25 St[unden] ansetzt, einiger Zweifel wegen des Tages sein: wir haben nach reiflicher Vergleichung gewählt: vom 13. November Mittags bis 14. November Mittags. Wer viel Musse hat, mag auch oft die Nadel ansehen in der Nacht vom 12. zum 13. und vom 14. zum 15 (ebenda S. 60).

Schließlich meldete Humboldt frühere Sternschnuppenfälle, die sich in der Zeit vom 11. bis zu 15. November ereignet hatten, so in den Jahren 1799, 1822, 1832, 1833, 1834, 1835 sowie im Jahre 1836.

In der Tat erschien einige Tage später am 3. Oktober 1837 in der „Allgemeinen Preußischen Staatszeitung“ unter der Rubrik „Wissenschaft, Kunst und Literatur“ folgende Anzeige Humboldts: „Aufforderung zu magnetischen Beobachtungen“:

„Um zu ergründen, ob der seit vielen Jahren (1799–1836) beobachtete merkwürdige Sternschnuppen=Fall der ersten Hälfte des Monats November mit den Erscheinungen des tellurischen Magnetismus in bemerkbarem Zusammenhange stehe, fordere ich, in Einverständniß mit meinem verehrten Freunde, Herrn Hofrath  Gauß, alle Physiker und Astronomen, welche auf unseren magnetischen Stationen mit dem Gambeyschen Deklinatorium oder mit dem genaueren Gaußischen Spiegel=Apparate versehen sind, auf, die Veränderungen der Abweichung vom 13. November Mittags bis zum 14. November Mittags ununterbrochen, in möglichst kleinen Zwischenzeiten zu beobachten. Indem ich diese Bitte ausspreche, glaube ich diejenigen Beobachter, welche den magnetischen Perturbationen mehr Muße schenken können, daran erinnern zu müssen, daß in den letztverflossenen sechs Jahren der große Fall leuchtender Meteore, mehrmals in und außerhalb Europa, nicht in der Nacht vom 13. zum 14. November, sondern in den Nächten vom 12ten zum 13ten oder vom 14ten zum 15ten bemerkt worden ist. Beobachtungsreihen in den zuletzt genannten Nächten sind daher ebenfalls sehr wünschenswerth.

Berlin, den 30. September 1837.

A. von Humboldt.[10]

Genau dieselbe Anzeige veröffentlichte Humboldt auch am 8. Oktober in der „Allgemeinen Zeitung“.[11]

Olbers hatte offensichtlich Humboldts Anzeige entdeckt, denn am 14. Oktober schrieb er an Gauß:

Die mit Ihnen gemeinschaftliche Aufforderung des Hrn. Humboldt zur Beob[achtung] der magnetischen Bewegungen in den 24 Stunden vom 13. auf den 14. Nov[ember], um den etwaigen Einfluss der Sternschnuppen auf die magnetischen Perturbationen zu untersuchen, hat mich sehr erfreut (Briefwechsel Gauß-Olbers 2,2, S. 654).

Des weiteren hatte sich Humboldt an Adolphe Quetelet (1796–1874) gewandt, den „secrétaire perpétuel“ der „Académie Royale des Sciences et Belles-lettres de Bruxelles“. Auch ihn informierte Humboldt über diesen Termin am 13. November und die Bedeutung der Sternschnuppen; die Beobachtungsergebnisse sollte man an Gauß senden:

Le secrétaire annonce à l’académie qu’il a reçu de M. le baron Humboldt une invitation d’observer les variations de la déclinaison magnétique, le 13 novembre prochain, à partir de midi jusqu’au lendemain à la même heure. Ces observations devraient être répétées à des intervalles de temps très-rapprochés, de 5 en 5 minutes par exemple. Le but principal de cette demande, adressée par MM. de Humboldt et Gauss, aux astronomes et aux physiciens qui s’occupent spécialement du magnétism terrestre, est de rechercher si les variations de cet élément ont quelque rapport avec les apparitions des étoiles filantes. L’on sait que, depuis 1799, ces sortes de météores ont été périodiquement observés en très-grand nombre à l’époque indiquée. Quoique l’on désigne particulièrement la nuit du 13 novembre, il faudrait aussi, autant que possible, porter son attention sur la nuit du 12 et sur celle du 14.

Les personnes qui seraient dans le cas de pouvoir se livrer à des observations semblables, sont priées d’en communiquer les résultats à M. le professeur Gauss de Goettingue.[12]

4.3 Das Treffen von Gauß und Humboldt im September 1837 im Spiegel ihrer Briefwechsel

Das Universitätsjubiläum sowie der Besuch Humboldts war ein Thema, über das sowohl Gauß wie auch Humboldt in Briefen an Freunde ausführlich berichteten.

Seinem väterlichen Freund Wilhelm Olbers in Bremen teilte Gauß am 26. September 1837 mit:

Gerling hatte während der Woche in meinem Hause Quartier angenommen. Humboldt sah ich alle Tage bei mir, meistens jeden Tag mehrere Male. Er ist Samstag Abend abgereist. Ich habe seine Rüstigkeit bewundert. er war von Berlin Tag und Nacht hierher gereist; von hier nach Hannover reiste er wieder während der Nacht. Jetzt ist es nun wieder in Göttingen so still, wie es vorher geräuschvoll gewesen war (Briefwechsel Gauß-Olbers 2,2, S. 652).

Am 20. Oktober 1837 ließ Gauß seinen Freund Heinrich Christian Schumacher in Altona wissen:

Die Rüstigkeit des Herrn von Humboldt hat meine Bewunderung erregt. Er war binnen 40 Stunden, Tag und Nacht reisend, von Berlin hierher gereiset; war während der 9 Tage, die er hier war, fast ununterbrochen auf den Beinen und machte die Reise von hier nach Hannover, wo er einige Tage verweilen wollte, wieder durch die Nacht (Briefwechsel Gauß-Schumacher 3, S. 182).

Und nur 6 Tage später, am 26. Oktober 1837, informierte Gauß auch den in Breslau wirkenden Astronomen Palm Heinrich Ludwig Prus von Boguslawski (1789–1851), mit dem er schon seit längerer Zeit auf dem Gebiet des Erdmagnetismus zusammenarbeitete:

Bei der Anwesenheit des H. v. Humboldt im hiesigen Jubileum kam u.a. die Rede auf die Sternschnuppennächte wo ich äußerte, daß ich neugierig wäre ob sich dabei auch etwas außerordentliches in Beziehung auf Magnetismus äußere. H. v. Humboldt ergriff diesen Gedanken mit Wärme, worauf ich erklärte, daß ich gern erbötig sei unsern nächsten Novembertermin etwas zu verlegen, und ihn 10–14 Tage früher anzusetzen, wobei ich zugleich H. von Humboldt ersuchte, das eigentliche zweckmäßigste Datum nach seiner vollständigern Kenntniß des historischen selbst festzusetzen, und (da er dieß um alle Notizen zur Hand zu haben bis zu der Rückkehr nach Berlin zu verschieben wünschte), sogleich den Tag durch die Zeitung bekannt zu machen.

Es wird also ganz auf gewöhnliche Art am 13–14 November (von Göttinger Mittag bis Mittag etc...) beobachtet dagegen aber der gewöhnliche Novembertermin diesmahl ausfallen (Schoenberg/Perlick 1955, S. 18).

Auch Humboldt äußerte sich sehr positiv über das Treffen mit Gauß, gleichzeitig aber sind auch kritische Töne, vor allem gegenüber Gauß’ Forschungen zum Erdmagnetismus nicht zu übersehen bzw. überhören. So ließ Humboldt Friedrich Wilhelm Bessel am 12. Oktober 1837 wissen:

Gauß hat mich allerdings auf das Liebevollste behandelt, aber es war mir doch im Ganzen oft unheimlich, ihn so toto animo in den magnetischen Dräthen verstrickt zu sehen. Der Erfolg scheint mir bisher nicht dem Aufwand solcher Kräfte proportional zu sein, dazu sind so viele Dinge mir in grösserem Maßstabe ausgeführt, die wir im kleinern kannten. Das Hauptübel ist die völlige Vernachlässigung der stündlichen Inclinations-Versuche. […] es ist in Gauß eine geflissentliche Isolirung auf einen Gegenstand, die das Feld der Ideen beengt, für alles andere erkältet […]. Eine solche willkührliche Isolirung (gleichsam Verarmung) hat auch zur Folge, daß die Besitznahme eines kleinen Raumes ausschließend legitim erscheint, daß alles von früher gefundene urplötzlich ein Teil des Besitzstandes wird. Daher ist bei einer freien beweglichen Natur wie die meinige das Zusammenleben mit Gauß nicht so leicht als man wünschte (Briefwechsel Humboldt-Gauß. S. 61).

Dass Humboldts hier geäußerte Kritik so nicht gerechtfertigt war, ist ein anderes Thema (Schäfer 1924–1929, S. 62f).

 

5. Humboldts Brief an Gauß vom 30. November 1837

5.1 Erdmagnetische Beobachtungen in Berlin

Während Encke die ersten magnetischen Beobachtungen für Gauß noch in der alten Sternwarte im Akademiegebäude in der Dorotheenstraße tätigte, war bereits 1830 nicht ohne Zutun von Humboldt der Neubau einer Sternwarte in Berlin-Kreuzberg beschlossen worden; sie ging im April 1835 in Betrieb. Für diese war der Bau eines eigenen Magnetischen Observatoriums unerlässlich gewesen, das in einem aus Holz gefertigten Gebäude im Garten des Sternwartengeländes untergebracht war (Reich 2011, S. 43f). Das Instrumentarium bestand aus einem Magnetometer, das der seit 1834 in Göttingen tätige Instrumentenhersteller Moritz Meyerstein (1808–1882) gebaut hatte, sowie einem Inklinatorium von Gambey und einem kleinen magnetischen Apparat zur Bestimmung der Deklination, das der in Stuttgart wirkende Mechaniker Wilhelm Gottlieb Benjamin Baumann (1772–1849) geliefert hatte (Encke 1840, S. VIII). Die ersten magnetischen Beobachtungen im neuen Observatorium wurden für den Monat Mai im Jahre 1836 dokumentiert (Encke 1840, S. 129–139). Dieses Magnetische Observatorium auf der Königlichen Sternwarte war nunmehr die einzige derartige Einrichtung in Berlin, nachdem Humboldts eigenes Magnetisches Observatorium in der Leipzigerstraße bereits im Frühling/Sommer 1836 abgerissen worden war. Wollte Humboldt also sinnvoll beobachten, so konnte er dies nunmehr nur noch auf der Königlichen Sternwarte bewerkstelligen.

Die routinemäßigen Beobachtungstermine im Jahre 1837 waren der 28. Januar, der 25. März, der 27. Mai, der 29. Juli, der 31. August, der 30. September und der 13. November, zu messen waren die „Variationen der Declination und Intensität“. Gemäß den von Gauß und Weber aufgestellten Regeln wurde im Abstand von 5 Minuten beobachtet. An dem Novembertermin beteiligten sich Wissenschaftler aus Göttingen, Berlin, Breda, Breslau, Dublin, Freiberg, Kopenhagen, Leipzig, München, Mailand, St. Petersburg, Uppsala und Stockholm. Nicht von allen Orten wurden das volle Spektrum von Beobachtungsdaten geliefert. Die ausgewerteten Beobachtungsdaten wurden in dem Band der „Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins für das Jahr 1837“ im Jahre 1838 veröffentlicht, sie erschienen dort sozusagen als Anhang unpaginiert.

Aber Humboldt gehörte dort nicht zum Beobachtungsteam, das die Routinebeobachtungen ausführte; die Beobachtungen im November 1837 z.B. bewerkstelligten Franz Encke, ferner Enckes Assistenten Carl Bremiker (1804–1877) und Johann Gottfried Galle (1812–1910), sowie Enckes Schüler Jakob Philipp Wolfers (1803–1878), ferner der Astronom Johann Heinrich Mädler (1794–1874) und der Ingenieur-Geograph Bertram. Man beobachtete, wie verabredet, in fünfminütigen Abständen. Das Berliner Team fluktuierte, für andere Termine wurden nicht unbedingt dieselben Namen genannt. Doch der Name Humboldt kam in diesem Zusammenhang zu keinem Zeitpunkt vor. Schon sehr früh hatte man an der Königlichen Sternwarte von Gauß und Weber entworfene und in Göttingen hergestellte Instrumente angeschafft, mit denen man regelmäßig beobachtete: „Hr. Prof. Encke hatte sich, nachdem er die hiesigen [Göttinger] Einrichtungen durch eigne Ansicht kennen gelernt hatte, für Berlin provisorisch einen ähnlichen Apparat nach kleinern Dimensionen anfertigen lassen“, so berichtete Gauß später (Gauß 1837a, S. 348). Humboldt jedoch hatte sich nie mit den Gauß-Weberschen Instrumenten anfreunden können und beobachtete stets, wie in frühesten Zeiten, mit seiner Gambeyschen Nadel.

Nun war also wegen der zu erwartenden Sternschnuppenfällen und deren Beobachtung der reguläre Beobachtungstermin, der stets am Ende des Monats November lag, verschoben worden, man sollte nunmehr innerhalb der Zeit vom Mittag des 13. Novembers bis Mittag des 14. Novembers, sowohl den Fall der Sternschnuppen als auch die erdmagnetischen Daten beobachten.

Nachdem die Beobachtungstermine Mitte November 1837 vorüber waren, meldete sich Humboldt am 30. November abermals bei Gauß. Er begann sein Schreiben wieder mit Dankesworten:

Ich habe, Verehrungswerther Freund, gleich nach meiner Ankunft in Berlin, Ihnen den Ausdruck meiner innigen und tiefen Dankbarkeit für den Genuß dargebracht, den Sie mir in Geist und Gefühl während des Aufenthalts in Göttingen d.h. auf Ihrer Sternwarte, in Ihrem Hause geschenkt haben. Das sind Lichtpunkte des Lebens, die einen um so mehr erfreuen und anregen, als man dem fossil erstarrten Zustand näher kommt (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 63).

Was die Beobachtungen anbelangt, so übersandte Humboldt diese mit folgenden Worten:

Ich schicke Ihnen, theurer Freund, meine eigenen Beobachtungen, die von Herrn Herter[13] (Erman’s Schwager, sonst für Encke rechnend), beide leider! Gambeyisch! aber ohne Essig und Oel,[14] und ein Schreiben aus Breslau mit schlechten Noten von mir verbrämt. Ich wartete mit der Übersendung, weil ich hoffte, von Boguslawski die Original-Beobachtungen umständlicher zu erhalten (ebenda).

Aus dieser zitierten Textstelle geht hervor, dass sowohl Humboldt selbst, in Zusammenarbeit mit Herter, wie auch Boguslawski an den in Frage kommenden Terminen Beobachtungen angestellt hatten. Des Weiteren macht diese Textstelle deutlich, dass Humboldt mit (s)einer Gambeyschen Nadel beobachtete und nicht mit einem von Gauß und Weber neu entwickelten Instrumente. In der Tat hatte sich Humboldt niemals umgestellt und blieb bei seiner Gewohnheit und bei seiner Beobachtungsmethode.

Im Folgenden berichtete Humboldt von der Erscheinung eines Nordlichts am 12./13. November, ein Phänomen, das in Berlin nur sehr selten zu beobachten ist.[15] Humboldt stellte hierbei die Frage, ob es ein Zufall war, dass die Erscheinung des Nordlichts mit den Sternschnuppenfällen zusammenfiel oder nicht. Auch berichtete er davon, dass während der Sternschnuppenfälle die Magnetnadel ziemlich ruhig geblieben war.

In der Tat befinden sich sowohl der hier erwähnte Brief von Boguslawski als auch die von Humboldt angesprochenen eigenen Berliner Beobachtungen in Göttingen, wenn auch beide nicht an derselben Stelle. Es sind dies vielleicht die letzten magnetischen Beobachtungen, die Humboldt gemacht hatte, zumindest die letzten, die dokumentiert wurden.

5.2 Boguslawskis Brief an Humboldt vom 15. November 1837

Palm Heinrich Ludwig Pruß von Boguslawski (1789–1851) wirkte seit 1831 an der Sternwarte in Breslau; 1836 wurde er an der Universität Breslau promoviert und außerordentlicher Professor; im Jahre 1840 wurde Boguslawski auch Direktor der Sternwarte. Er stand sowohl mit Alexander von Humboldt[16] als auch seit 1834 mit Carl Friedrich Gauß in Briefwechsel (Schoenberg/Gerardy 1963 und Schoenberg/Perlick 1955). Boguslawski widmete sich ausgiebig der Erforschung des Erdmagnetismus, dies ist das wichtigste Thema in seinem Briefwechsel mit Gauß.

Vielleicht hatte Boguslawski an den Universitätsfeierlichkeiten in Göttingen teilgenommen und vielleicht hatte er dabei von Humboldt den Auftrag erhalten, sich im November nicht nur an den Routinebeobachtungen zu beteiligen, sondern sich insbesondere auch der Beobachtung der Sternschnuppen zu widmen. Es ist aber auch möglich, dass Boguslawski auf andere Weise von Humboldts Anliegen erfahren hat.

Bereits ein Tag nach Ablauf der Termine, am 15. November 1837, meldete sich Boguslawski brieflich bei Humboldt. Dieser Brief befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Göttingen und zwar im Gauß-Nachlass, innerhalb des Konvoluts der Briefe von Humboldt an Gauß, er trägt die Signatur: Briefe A, A. von Humboldt, Brief Nr. 12, Anlage. Der Brief enthält zahlreiche Anmerkungen aus Humboldts Hand, die bereits Kurt-R. Biermann in seiner Edition des Briefwechsels Humboldt-Gauß transkribiert wiedergegeben hatte (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 63f). Den Brief von Boguslawski dagegen hatte Biermann nicht mitediert. Dies soll nun hier nachgeholt werden. Die Anmerkungen von Humboldt wurden, wo es nötig war, verbessert[17] und mitherangezogen; sie wurden generell durch Kursivdruck gekennzeichnet. Abkürzungen wurden mit Hilfe von [] aufgelöst, die Sternchen *, ** stehen im Original. Ob die Unterstreichungen im Brief von Boguslawski selbst stammen oder von Humboldt nachträglich hinzugefügt wurden, lässt sich nicht mehr entscheiden. Vielleicht stammen auch manche Unterstreichungen von Boguslawski und andere von Humboldt.

[Anm. d. Red.: Die bis zum Ende von Kap. 5.3 folgenden Gegenüberstellungen von Transkription und Faksimile lassen sich besser im 1-Spalten-Layout der PDF-Version dieses Artikels nachvollziehen.]

Hoch- und Wohlgeborener Herr Baron,

Hochgebietender Herr Wirklicher Geheimerath,[18]

 

"Ist solcher Isochronismus der Perturbation genau in Breslau Berlin..."
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"Bei den Perturbationen die das Nordlicht erregt scheint mir sehr wichtig zu eruiren..."
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Bei den Perturbationen die das Nordlicht erregt scheint mir sehr wichtig zu eruiren

1) ob in einem und demselben Orte bei sehr genauer Zeitbeobachtung also nicht bei mir sondern zwischen der Kön[iglichen] Sternwarte und Her[r]n Herter derselbe Parallelismus der Bewegung, Isochronismus statt findet, als man bei gewöhnlichen Perturbationen zwischen Mailand und Upsala bemerkt. Schlägt das magnetische Gewitter des Nordlichts auf einen kleinen Raum verschieden hin? 2) Ist solcher Isochronismus der Perturbation genau in Breslau Berlin, Göttingen u[nd] Mailand, also in grösseren Strekken. Anzuwenden vorzugsweise Beob[achtungen] nach Gaussischer Methode. 3) Die Fälle während des Nordlichts zu beobachten, wo wie z.B. 12 Nov[ember] 1837 bei mir zw[ischen] 6h 45‘ und 8h ½ Ab[ends] grosse Ablenkungen mit ungeheuren Oscillationen verbunden waren oder 14 Nov[ember] 9h 18‘ Ab[ends] bei mir grosse Ablenkungen ohne Oscillationen statt fanden. H[umbold]t

 

Ew. Excellenz mag ich nicht zögern, vorläufig meine Freude an den Tag zu legen, daß ich Ihren Befehlen Folge geleistet und außer dem magnetischen Termine vom 13. zum 14. Nov[em]b[e]r, nach Art der gewöhnlichen Gaußischen, auch noch die Nacht vorher und die Nacht nachher zu solchen Beobachtungen angewendet habe.

Zwar ist von Sternschnuppen, des hellen Mondscheins wegen, außer einigen in keines Weges ungewöhnlicher Zahl und Größe, nichts besonderes beobachtet worden; dagegen hatten wir gerade in den letztgenannten beiden Nächten auch hier die Erscheinung von hellroth gefärbten Nordlichtern, welche sehr hoch zum Zenith heraufreichten, zwar des Mondscheins wegen nicht genauer beobachtet werden konnten, dafür aber ihren Zusammenhang mit den magnetischen Erscheinungen durch so gewaltige Perturbationen an den Tag legten, wie ich hier noch nie wahrgenommen habe.

"* auch in Berlin sichtbar, in London u[nd] Paris. H[umbold]t"
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"* ich habe 10 Beob[achtungen] vom 12ten aufgezeichnet..."
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Dies gilt ganz besonders von der letzt verflossenen Nacht.

In der vom 13. zum 14. zeigte sich dergleichen nicht in außergewöhnlicher Art; aber schon in den vom Sonntag zum Montag* 12/13 Nov[ember]

 

* ich habe 10 Beob[achtungen] vom 12ten aufgezeichnet. Die grösste Unruhe begann nach 6h ¾ u[nd] dauerte bis 8h ½ Ab[ends], also in [der] Nacht vom 12/13 wo ich bis 1h ¾ beobachtete.

 

H[umbold]t[19]

 

machte die Unruhe des Magnetometers gleich nach Beginn der Beobachtungen auf den Eintritt eines Nordlichtes aufmerksam, welches indeß nur in einzelnen Momenten sichtbar*

 

* auch in Berlin sichtbar, in London u[nd] Paris.

 

H[umbold]t[20]


wurde. - Wie das Nordlicht der verwichenen Nacht [von Humboldt ergänzt: „14/15“] aber mit gewaltiger Intensität den starren Vollmondschein überwältigte, so, fast zum Erschrecken groß, waren die gleichzeitigen Bewegungen der Nadel.

Diese begannen, etwa 9h20m mittl[ere] Bresl[auer] Z[ei]t, vornehmlich mit einer gewaltigen Zunahme der Schwingungsamplitude,**

"Bei mir auch ungeheure Ablenkungen am 14 Nov[ember] ..."
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"** Das ist was ich magnet[isches] Gewitter nenne..."
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** Das ist was ich magnet[isches] Gewitter nenne und was nicht in der relativen Ablenkung, Perturbation der Declination sondern in Stössen besteht welche die plözliche Veränderung des magnet[ischen] Meridians der Nadel giebt. Oft wird die Decl[ination] schnell u[nd] beträchtlich verändert ohne dass die Oscillationen auffallend zunehmen.

 

H[umbold]t[21]

 

welche in wenigen Minuten von 17,6 auf 74,0, später auf 116,129 und mehr Skalentheile stieg. Dann ging die Nadel innerhalb zwölf Minuten von 395,8 auf 311,9 in der Abweichung nach Osten zurück, und von da nach und nach wieder auf den alten Stand.

 

Bei mir auch ungeheure Ablenkungen am 14 Nov[ember] um 5h 10’ und 9h 18’ aber ohne alle Unruhe, Oscill[ationen] sehr klein wenn am 12ten Nov[ember] dagegen Ablenkung u[nd] Oscillation zugleich stark.

 

Gegen 11 ½ Uhr begann eine noch neue größere Unruhe, auf welche nunmehr eine westliche

Bewegung der Magnetnadel folgte. Das größte (westliche) Maximum trat etwa um 12h 21m ein, wahrscheinlich noch etwa 100 Theile über 600, die westlichste Zahl der Skala hinaus. Bis 13h 13m ging die Nadel wieder ostwärts bis 334,2, und von da bis 13h 30m abermals bis jenseits des westlichen Bereichs der Nadel. Hierauf bekam die östliche Tendenz der Nadel entschieden die Oberhand. Um 13h 55m war das erste Minimum 297,0 Skalentheile, und um 14h 21m das größte Minimum 255,9. Die Magnetnadel hat daher während des Nordlichtes um mehr als 444 Skalentheile oder 2° ½ den Stand verändert, bei höchst ansehnlichen Schwankungen noch auf beide Seiten hinaus.

Von da an hat die Nadel, wie wohl nur sehr langsam, wieder nach Westen sich bewegt und allmälig beruhigt, so jedoch, daß sie zuletzt einen bedeutend hohen westlichen Stand behauptet hat.

Während dieser außerordentlicher Bewegungen ist größtentheils ununterbrochen alle 16 ½ Sec[unden] die Nadel beobachtet worden, außerdem aber immer von 5 zu 5 Minuten 6 Mal.

Sobald die Bearbeitung der letzten Beobachtungen vollendet sein wird, werde ich mich unterstehen, alle für Ew. Excellenz seit der letzten Zusendung gemachten magnetischen Beobachtungen, wie solche im Auszuge schon dazu bereit liegen, unterthänigst zu überreichen, und zwar:

a) den Wintersolstitialtermin 1836 von 20 Decl[ination] 4h Ab[end] bis zu 23. 9h M[itta]g.

b) d. Frühlings-Aequinoctialtermin 1837 von 19 März 9h Ab[end] bis d. 21. um Mitternacht.

c) d. Sommersolstitialtermin 1837 v. 20. Juni 9h Ab[end] bis zum 23 um 9h M[itta]g.

d) die 4 Parrotschen Termine im August d[es] J[ahres].[22]

e) den letzten Herbstaequinoctialtermin v. 22 Sept[ember] 9h Ab[end] bis zum 24. um Mittern[acht].

f) die magnetischen Beobachtungen der diesmaligen Extratermine.

Außerdem werden Ew. Excellenz zu gleicher Zeit die graphischen Darstellungen aller hier bisher am Magnetometer gemachten Beobachtungen in einzelnen, zur Übersicht bequemen Blättern erhalten.

"Ist die Nachricht aus England von dem Sternschn[uppen-]Fall ..."
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Ich würde mich ungemein glücklich schätzen, wenn Ew. Excellenz diese kleine Arbeit huldvoll annehmen wollten, und noch mehr, wenn diese in den Händen Ew. Excellenz mit beitragen helfen möchte, das Dunkel aufzuhellen, welches über der räthselhaften Natur des tellurischen Magnetismus ruht.

Nach dem Befehle Ew. Excellenz habe ich vornehmlich gesucht, Beobachtungen hintereinanderfolgender Nächte zu gewinnen (was nur in den Ferienzeiten nicht ganz durchzusetzen war) und auch seitdem die Größe der Ausschwingung der Nadel immer mitbeobachtet.

Welche Folgerungen sind nun aber erlaubt, von den diesmaligen Bewegungen der Magnetnadel auf einen Zusammenhang mit dem Sternschnuppenfall dieser Zeit zu ziehen?

 

Ist die Nachricht aus England von dem Sternschn[uppen-]Fall vom 11 Nov[ember] 1837 zw[ischen] 8 u[nd] 10h gegründet so wäre der Fall der Asteroiden wieder einmal in derselben Nacht wie in Cumaná, 11/12 Nov[ember] 1799 und in Friedrichshaab[23] 11/12 Nov[ember] 1833 γ Löwe[24].
.. Der Stern Fall, die cosmische Begebenheit wäre also der terrestrischen des Nordlichts vorhergegangen

 

H[umbold]t[25]

 

Die eingegangenen auswärtigen Beobachtungen von dieser Erscheinung im Nov[ember] v[origen] J[ahres] haben nur 4 correspondirende geliefert.

1) zu No: 16 Breslau d[en] 11 Nov[ember] 1836 um 13h 21m,1

beob[achtet] v[on] H[er]r[n] Maywald 1 Gr. 220° AR + 77° Decl[ination] Anf[an]g u[nd] 244°; + 70° Ende.

No: 15 Gr. Schottkan (0m45s,7 westl[ich] v[on] Breslau 51° 3’ Breite

beob[achtet] v[on} H[er]r[n] Baron v[on] Rothskirch 200° [AR] + 66° [Declination Anfang und] 217 ° + 63 [Ende].

Bahn des Meteors Anf[an]g 20s,4 westl[ich] v[on] Breslau 51°27’,7 Breite 4,44 geogr[aphische] Meilen Höhe ±0,08

Ende 7,2 [westlich von Breslau] 51° 28[‘],3 [Breite] 3,08 [geographische Meilen Höhe] ± 0,21

Bahnlänge 1,49 Meilen

2) zu No: 22 Breslau d[en] 11. Nov[ember] um 14h 4m,5 beob[achtet] von H[err]n Maywald in 329° bis 276° AR und 86 bis 75° Decl[ination]

No: 18 Gr: Schottkan beob[achtet] von Herrn Baron v[on] Rothkirch in 242 [bis] 252 [AR und] 86 [bis] 72° [Declination]

Bahn-Anfang 33s,2 westl[ich] v[on] Breslau 51°     57,7  Breite  15m,21    ± 0m,43 Höhe

[Bahn]-Ende  23[s],6, [westlich von Breslau] 51[°] 56,3 [Breite]   9[m],04 ± 0[m],07   [Höhe]

6m,22 Bahnlänge

3) zu No: 135 Breslau 13. Nov[ember] 17h 24m,5 beobachtet] v[on] H[err]n Scherzberg in 79° bis 50° AR und + 30° bis 29° Decl[ination]

in Groß Surchen 1m 18s westl[ich] v[on] Breslau 51° 17’4 Breite

No: 2 Gr[oß]. Surchen beob[achtet] v[on] H[er]rn Cand[idat] Jordan in 96° bis 82° AR und 25° ½  bis 24° [Declination]

Bahnanfang  4m 19s,6 westl[ich] v[on] Breslau     51° 2’,7     Breite 10ml,13 ± 0,00 Höhe

Endp[unkt]   2m  46[s],4 [westlich von Breslau]    51°13[‘],9 [Breite] 3[ml],06 ± 0,01 [Höhe]

8ml,22 Länge

4) zu No: 1 Breslau 14. Nov[ember] 7h 23m,7 beobachtet v[on] Herrn Rädsch in 284° bis 294° AR u[nd] +11° bis 2° Decl[ination].

Nr: 1 Liegnitz [14. Nov. beobachtet] v[on] H[er]rn Professor Keil [in] 297° bis 305° [AR und] +11° bis 1° [Declination].

Bahn-Anfang 10m 19s,2 westl[ich] v[on] Breslau 50° 36’0 Breite 13m,32 ± 0,19 Höhe

          Ende     11m 42[s],8 [westlich von Breslau 49[°]56[‘],5 Breite] 16[m],45 ± 0,08 [Höhe]

10m,88 Bahnlänge aufsteigend.

Die Beobachtungen vom 10[.] zum 11. Aug. dieses Jahres, die so reichhaltig ausgefallen sind, habe ich aus Mangel an Zeit noch nicht ordnen und bearbeiten können. Sehr gute und zahlreiche auswärtige Beobachtungen lassen eine größere Zahl von Bahnbestimmungen hoffen. Voll tiefer und dankbarer Verehrung

Breslau d.    15. Nov[ember] 1837                 Ew. Excellenz               unterthänigster

                   16. [November 1837] zur Post.                                      v[on] Boguslawski

 

Gleichzeitig aber hatte Boguslawski auch an der Routine-Beobachtung am 13. November, dem normalen Termin, teilgenommen. Diese Beobachtungsdaten stammen von Boguslawskis Sohn sowie einer Reihe von Mitarbeitern der Breslauer Sternwarte. Boguslawski schickte Gauß diese Beobachtungen am 25. Dezember 1837, wobei er in dem Begleitschreiben auch die Nordlichterscheinungen erwähnte, nicht aber die Sternschnuppen (Schoenberg/Gerardy 1963, S. 30f). Die genauen Beobachtungsdaten Boguslawskis befinden sich im „Cod. Ms. Magn. Verein 3: 1837“ innerhalb der Mappe „November“.

Gauß antwortete Boguslawski am 31. Dezember 1837:

[...] will ich heute nur mit ein Paar Zeilen theils für die Mittheilung der Beobb. vom 13 November danken, theils um die gütigst expromittirte  vollständige  Mittheilung der Beobb. vom 12n und 14n Nov. gehorsamst ersuchen. Es fließen nemlich bei uns (Freund W[eber] hat Göttingen keinen Augenblick verlassen u. ist also nicht, wie die Zeitungen eine der andern nachschreiben, in L[eipzig] angekommen)[26] schon viele Beobb. zusammen, die vielleicht ganz interessante Resultate geben, wie von Mailand, Leipzig, Berlin (Herter u. v. Humboldt), Upsala, Dublin, von einigen alle 48 Stunden, von andern wenigstens zusammenhängende Suiten (Schoenberg/Perlick 1955, S. 19).

Es ist sehr interessant, dass Gauß gegenüber Boguslawski die Beobachtungen von Herter und Humboldt erwähnte und zwar nur diese. Vielleicht hatte Gauß zu diesem Zeitpunkt die Routinebeobachtungen des Berliner Teams um Encke noch nicht erhalten.

5.3 Humboldts und Herters Beobachtungen in Berlin vom 12. bis 15. sowie am 21. November 1837

Seite 1: Beobachtungen von Humboldt am Sonntag, den 12. November, in Berlin
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Beobachtungen von Humboldt am Montag, den 13. November
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Beobachtungen von Humboldt am Dienstag, den 14. November
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Das hier erstmals vorgestellte 3 Seiten umfangreiche Dokument befindet sich nicht, wie man erwarten würde, in dem Konvolut der Briefe Alexander von Humboldts an Carl Friedrich Gauß im Gauß-Nachlass, sondern unter den Materialien des „Nachlaß des Magnetischen Vereins, erdmagnetische Messungen (1832–1861)“ und zwar im Karton 3: 1837, November/Beil. 1, in einem besonderen Umschlag.

 

[Seite 1: Beobachtungen von Humboldt am Sonntag, den 12. November, in Berlin][27]

 

[Vermerke von Humboldts Hand am oberen Rand]

         Gambeysches                   Berlin              Humboldt                           Mittlere Zeit, aber wenig sicher
              Instrument                                                                                                            in absoluten
        an dem 1 Theil                                                                                                                 Ständen
                   = 4’’31’’                          

[Vermerke von Humboldts Hand rechts]

                                                                           Morgens                                             Nordlicht
                                                                           ruhig, osc. 1 Theil                                in Berlin
                                                                           viele Osc. zu 8 Theilen                         nur rothe
                                                                           idem                                                   Flekke welche
                                                                           sehr ruhig osc. 1 Theil                          durch stark
                                                                           osc 2 Th                                             erleuchtete
                                                                           ganz ruhig                                           Wolken durch-
                                                                           id                                                       schimmern.

[Beobachtungen von Humboldt am Montag, den 13. November]

[Vermerke von Humboldts Hand rechts]

                                                                           Morgens                                            
                                                                           sehr ruhig                                           
                                                                           id                                                       kein Nordlicht
                                                                           id.                                                     
                                                                           id. osc. 1 Th

[Beobachtungen von Humboldt am Dienstag, den 14. November]

 

[Vermerke von Humboldts Hand rechts]

                                                                           Morgens                                            
                                                                           ruhig                                                  
                                                                           Himmel bedekt, ruhig, osc. kaum 1/3 Theil
                                                                           ruhig, der Himmel erheitert                   
                                                                           id                                                      
                                                                           id.                                                     
                                                                           id.                                                      Nordlicht
                                                                           sehr ruhig osc. ½ Theil                         sehr sichtbar
                                                                           id.                                                     
                                                                           id

Beobachtungen von Humboldt am Mittwoch, den 15. November
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Beobachtungen von Humboldt am 21. November
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Seite 2: Beobachtungen von Humboldt und Herter am 14. November 1837 in Berlin
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[Beobachtungen von Humboldt am Mittwoch, den 15. November]

[Vermerke von Humboldts Hand, rechts]

                                                                       Morgens.                               1 Theil = 431
                                                                       oscill. 10 Th.                          Durch Vergleichung
                                                                       osc. 4 Th                               meiner Stände
                                                                       ganz ruh.                               von 1h (mehrere
                                                                       id                                          Tage) finde ich
                                                                       osc. 4 Th                               dass wenn meine
                                                                                                                   Nadel in dieser
                                                                                                                   Tabelle den abso-
                                                                                                                   luten Stand
                                                                                                                   2044,6
                                                                                                                   hatte die westl.
                                                                                                                   Abw. in Berlin
                                                                                                                   16°565
                                                                                                                  
war

[Beobachtungen von Humboldt am 21. November]

[Vermerke von Humboldts Hand, rechts]

                                                                                                                   In der Nacht 13/14 bloss
                                                                                                                   zwischen 3 u 5 Uhr Morgens
                                                                                                                   28 Sternschnuppen in Turin
                                                                                                                   Barutti u Plana (Socita Piem.
                                                                                                                   17 Nov 1837.

[Seite 2: Beobachtungen von Humboldt und Herter am 14. November 1837 in Berlin]

[Vermerke von Humboldts Hand, oben]

   1837. M Berl. Zt.   Humboldt                              M. Berl Zt.   Herter
   Nov. 14

[Vermerke von Humboldts Hand, rechts]

                                                                          Gegen 11½ Uhr Bresl Zt (11h15 Berl Zt) begann in
                                                                          Breslau eine noch größere Unruhe, auf welche eine
                                                                          westliche Bewegung der Nadel folgte. Das größte
                                                                          westl. Maximum trat etwa um 12h21 Bresl Zt
                                                                          ein. Bis 13h13 Bresl Zt. ging die Nadel ostwärts bis 334,2
                                                                          und von da in 17‘ abermals bis jenseits des westlichen
                                                                          Bereichs der Nadel. Hierauf bekam die östliche
                                                                          Tendenz entschieden die Oberhand.

                                                                          Um 13h55 Bresl Zt (13h40 Berl Zt) war das erste
                                                                          Minimum 297,0 Skalentheile.

                                                                          Um 14h21 Bresl Zt. (14h6 Berl Zt) war in Breslau
                                                                          das größte Minimum 255,9.

                              Unterschied der größten         Die Magnetnadel hat daher während des Nordlichts-
                             östl u westl. Abweichung         um mehr als 444 Scalentheile oder 2°,5 in Breslau den
                                                 2° 32‘ 39“,1         Stand verändert

Beobachtungen von Humboldt und Herter am 15. und am 21. November 1837 in Berlin
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Seite 3: Beobachtungen von Humboldt und Herter am 11.  und 12. November 1837 in Berlin
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Beobachtungen von Humboldt und Herter am 13. November 1837 in Berlin
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[Beobachtungen von Humboldt und Herter am 15. und am 21. November 1837 in Berlin]

[Vermerke von Humboldts Hand, rechts]

                                                                                                               Unterschiede der beiden
                                                                                                               Gambeyschen Nadeln,
                                                                                                               [...]
                                                                                                               Mittel [...]
                                                                                                               Bei Herter: Differenzen von dem
                                                                                                               jezt gewöhnlichen Mittagsstunden.
                                                                                                               Bei Humboldt Zeit wenig
                                                                                                               sicher.

[Seite 3: Beobachtungen von Humboldt und Herter am 11.  und 12. November 1837 in Berlin]

[Vermerke von Humboldts Hand, oben]

1837      M. Berl. Zt.         Humboldt                              Berlin                         M. Berl Zt.          Herter

 

[Beobachtungen von Humboldt und Herter am 13. November 1837 in Berlin]

[Beobachtungen von Humboldt und Herter am 14. November 1837 in Berlin]

[Vermerke von Humboldts Hand, rechts]

Beobachtungen von Humboldt und Herter am 14. November 1837 in Berlin
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                                   Nach 9h20 M Bresl Zt (9h5 M. Br Zt) bemerkte von
                                   Boguslawski in Breslau eine große Bewegung der
                                   Nadel, die in wenigen Minuten von 17,6 sich auf 129,0
                                   und mehr Scalentheile belief. Innerhalb 12 Minuten
                                   ging die Nadel von 395,8 auf 311,9 gegen Osten,
                                   und von da nach und nach wieder auf den alten
                                   Stand.

Von besonderem Interesse ist, dass Humboldt für die Beobachtungen am 14. November nachträglich noch Bemerkungen über Boguslawskis Beobachtungen eingefügt hatte. Auch erwähnte Humboldt die in Turin gemachten Stenschnuppenbeobachtungen, über die in Berliner Zeitungen berichtet worden war (Benzenberg 1839, S. 245f).

Humboldt stand in der fraglichen Zeit auch mit Encke in engem brieflichen Kontakt. Humboldt berichtete auch diesem von seinen eigenen Beobachtungen, die er Encke bereits am 15. November zukommen ließ. Humboldt erwähnte dabei die von Herter gemachten Beobachtungen nicht. Am 26. November jedoch ließ Humboldt Encke wissen, dass er eine Zusammenstellung von „Herters guten“ und „seinen eigenen, schlechten“ Beobachtungen zusammen mit dem Brief von Boguslawskis an Gauß geschickt hatte.[28]

Ferner soll nicht unerwähnt bleiben, dass Humboldt hier die Sternschnuppenbeobachtungen, die in Turin während der Nacht vom 13./14. November 1837 gemacht worden waren, berücksichtigte.

6. Gerlings Bericht vom 16. November 1837 über die beobachteten Sternschnuppen

Christian Ludwig Gerling (1788–1864) war wie Franz Encke gebürtiger Hamburger, beide, fast gleichaltrig, hatten dort das Johanneum besucht und beide hatten an der Universität Göttingen direkt bei Gauß studiert. Im Jahre 1817 hatte Gerling eine Professur für Mathematik an der Universität Marburg erhalten. Er gehörte zu den ganz besonderen Freunden von Gauß, das zeigt der gemeinsame Briefwechsel. Es war Gerling, dem Gauß auch familiäre Probleme anvertraute. Gerling hatte während der Universitätsfeierlichkeiten im September 1837 bei Gauß gewohnt und war daher mit ihm in täglichem Kontakt gestanden. Wahrscheinlich ist hierbei ausgemacht worden, dass Gerling den Fall der Sternschnuppen beobachten und protokollieren sollte. Am 17. November 1837 schrieb Gerling an Gauß und sandte seinen Bericht:

Wegen der Sternschnuppen-Beobachtungen lege ich Ihnen meine Relation auf einem besonderen Blatt vor, es Ihnen anheimstellend, ob von dem dürftigen Resultat Gebrauch zu machen ist (Briefwechsel Gauß-Gerling, S. 541).

Als Anlage schickte Gerling folgendes, mehrere Seiten umfassendes Beobachtungsprotokoll:

Relation über meinen Versuch, in den Sternschnuppen-Nächten Beobachtungen anzustellen.

Am 4. November hielt ich einen öffentlichen Vortrag über Sternschnuppen und forderte die Studierenden zur Theilnahme an derhalbigen Beobachtungen auf.

Bis zum 7. November hatten sich 36 Teilnehmer gemeldet. Diese wurden in 6 Gruppen geteilt und jeder Gruppe 2 halbe Nächte zugewiesen; so daß in den 6 Nächten vom 10. bis 15. November (neben den Beobachtungen des magnetischen Termins 13. Novbr.) Fliedner, Hartmann und ich abwechselnd von 5 Uhr abends bis 7 Uhr morgens in einem Hause mit ziemlich freier Aussicht zubrachten und immer 6 Gehülfen (die sich um Mitternacht ablösten) an die Fenster stellen und alles, was vorkam zu Protokoll bringen konnten. Sternkarten und ein Taschenkompaß mit Senkel waren bei der Hand, um erforderlichenfalls Azimuth (dieses vom astronomischen Meridian links herum gezählt) und Höhe angeben zu können, sowie eine nahe, nach M[eridian] Z[eit] gehende Uhr.

Leider entsprach durch Ungunst der Witterung der Erfolg den Hoffnungen nur äußerst wenig.

Den 10. und 11. November war stets dichter Nebel oder Regen. Den 12. Novbr., abends 6 Uhr, wurde mir von dem Beobachtungshause aus angezeigt, es sei ein Nordlicht sichtbar.

Ein Blick durchs Fenster ließ mich nur einige rötlich gefärbte Wolken gewahren. Ich eilte nun hinaus, um womöglich Beobachter fürs Magnetometer zusammenzurufen, fand aber alle Spur vom Nordlicht verschwunden, konnte sie auch nicht wiederfinden, obwohl ich mich auf die Nordseite des Schloßbergs begab, um bis auf den Horizont sehen zu können. Um 10 Uhr kam mir eine gleiche Nachricht zu. Es war aber in der Zwischenzeit schon wieder alle Spur an den Wolken verschwunden und an Beobachten des Magnetometers um so weniger zu denken, als die Gehülfen von den täglichen Einübungen mit den Neuhinzugekommenen für den Termin vom 13. als gänzlich ermüdet, vorausgesetzt werden mußten.

 – Wolken u[nd] teilweise Nebel die ganze Nacht.

Den 13. Novbr. abends war der Himmel wieder in Wolken und Nebel gehüllt. Um 3½ Uhr morgens, den 14., aber wurde ich mit der Nachricht geweckt, daß es sich aufgeklärt habe und einige Sternschnuppen gesehen seien. Hineilend fand ich folgende Beobachtungen teils vor, teils wurden sie noch von mir zu Protokoll gebracht, indem die nur hin und wieder durchbrochenen Wolken kaum noch ein Sternbild deutlich erkennen ließen:

 

3h27’ rechts von Orion herabfallend, sehr hell (Delacamp u[nd] Dux)
3h29’ aus der Cassiopeia in einem kleinen Bogen fallend (Schmidt)
3h37’ unterhalb dem Löwen (Delacamp u[nd] Dux)
3h43’ über dem Orion, von diesem rechts abgehend, sehr langer Schweif (Schmidt)
3h46’

3h48’

Azimut 75° Höhe 18°

[Azimut] 45° [Höhe] 32°

} in Wolkenlücken (Dux)

(Schmidt)

3h53’ links vom Orion (Dux)
4h11’

4h13'

Azimut 352° Höhe 40°

[Azimut] 4° [Höhe] 35°

} in Wolkenlücken (Jüngling)

 

  um 4¼ Uhr wurde es durchweg wolkig und neblig

 

Den 14. November war die ganze Nacht hindurch nur Nebel und Wolken zu sehen. Den 15. Novbr., abends 7½ Uhr, ließ mir Fliedner (der die Wache hatte) sagen, daß sich an dem ganz klar gewordenen Himmel wieder ein Nordlicht zeige. Ich sah am Fenster noch einen rötlichen Schein nach Norden, fand aber, als ich auf die Straße kam, schon wieder alle Spur verschwunden. Dagegen wurden folgende Sternschnuppen trotz des Mondscheins erst von Fliedner und dann von mir zu Protokoll gebracht.

 

5h30’ von γ Triangel bis zur Mitte zwischen ι Fliege und α Widder. Schwach–(Fliedner).
6h  5’ von β Andromedae bis η Andromedae. Schwach–(Fliedner).
6h20’ in der Nähe von α Lyrae senkrecht herunter (Lucae).
6h30’ etwas rechts von der Mitte zwischen Polarstern und α gr. Bären, bis δ u[nd] ε gr. Bär., hell (Gundlach).
8h  0’ δ Draconis–β Draconis (Gundlach).
8h  2’ Vom Schwanz des Drachen bis zu den Jagdhunden (Lucae).
8h54’ Von α des Schwans bis halbweg nach α Lyrae. Schwach (Lucae).
9h13’ Unter α Arietis, etwa 10°–15° anfangend, herunter bis zum Horizont (von Rau).
10h35 Von 10° östlich bis β Ceti unter einem Winkel von 70° von O. nach W. zum Horizont (Ilgen).
10h40’ Aldebaran bis Rigel. Stark (Fleischhut).
10h42’ Von η Cygni senkrecht herunter zum Horizont (Lucae).
11h  0’ β Arietis bis β Ceti. Sehr schwach (Ilgen).
11h  2’ 4 Grad östlich von Rigel und senkrecht herunter (Ilgen).
11h20’ 5 Grad rechts von α Cygni entstanden und senkrecht auf den Horizont fallend (Lucae).

 

Von Mitternacht an wurde es wieder hoffnungslos neblig und wolkig, so daß ich das fernere Wachen einstellte.

Gerling.

Marburg, den 16. Nov[em]b[e]r. 1837“ (ebenda, S. 542–544).

Gauß antwortete am 13. Dezember, erwähnte aber dort mit keinem Wort Gerlings Bemühungen, den Sternschnuppenfall am 13. und 14. November zu dokumentieren.

In der Tat war Gerlings Resultat dürftig, das schlechte Wetter hatte bessere Beobachtungen vereitelt.

Auch Benzenberg hatte im Jahre 1837 Sternschnuppen beobachtet, insgesamt an 31 Tagen. Im November hatte er sowohl am 7. wie auch am 30. Beobachtungen angestellt. Es seien aber nicht übermäßig viele Sternschnuppen zu sehen gewesen, teilte Benzenberg Olbers mit (Benzenberg 1838). In Turin dagegen wurden in der Nacht vom 13. zum 14. November gute Beobachtungen gemacht, insgesamt wurden in der Zeit von 3 bis 5 Uhr Morgens 78 Sternschnuppen gesehen. Dies zumindest berichtete eine der Berliner Zeitungen (Benzenberg 1839, S. 245f). In Frankreich dagegen wurde in der Nacht vom 12. zum 13. November in Paris nur eine einzige und in Montpellier wurden 3 Sternschnuppen gesichtet (Arago 1859/60, Bd. 15, S. 513).

7. Beobachtungen in Göttingen im November 1837

So bleibt noch die Frage übrig, welchen Beobachtungsbeitrag Gauß selbst für das gemeinsame Sternschnuppenprojekt geleistet hat. Eine Antwort hierauf könnte nur im Gauß-Nachlass bzw. im „Cod. Ms. Magn. Verein“ gefunden werden, denn es gibt keine Publikation und auch keinerlei Erwähnung in den Briefen, die Gauß in dieser Zeit gewechselt hatte.

In der Tat findet man eine Spur im Gauß-Nachlass, im sogenannten „Handbuch 9“; dort wurden magnetische Beobachtungen vom 11., 12. und 18. November festgehalten (S. 91 und S. 92), aber diese dienten anderen Zwecken und nicht dem Sternschnuppenprojekt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich im riesigen Nachlass von Gauß noch weitere relevante Materialien finden lassen.

Im Jahre 1837 gab es insgesamt 7 Termine: den 28. Januar, 25. März, 27. Mai, 29. Juli, 31. August, 30. September und 13. November. Zu dem Göttinger Beobachtungsteam für alle diese hier genannten Termine gehörten „Escher, Dr. Goldschmidt, Klinkhardt, von dem Knesebeck, Lahmeyer, Dr. Listing, Mewes, Meyerstein, Dr. Peters, Dr. Sartorius von Waltershausen, Schlotthauber, Schroeter, Dr. Stern, Stricker, Prof. Ulrich, Dr. Wappäus, Prof. Weber, Wegscheider, Werner“ (Gauß 1838c, S. 131).

Zwar fehlen im „Cod. Ms. Magn. Verein“ die Unterlagen der Göttinger Routinebeobachtungen für November, aber dies bedeutet lediglich, dass die Dokumente verloren gegangen sind. Die in Göttingen beobachteten Daten wurden stets in der ersten Spalte aller zu vergleichenden Beobachtungsdaten im Anhang der „Resultate“ festgehalten.[29] Für fünf der insgesamt sieben Termine für das Jahr 1837, nämlich für die Termine im Januar, Juli, August, September und November, gab es ferner Tafeln mit graphischen Darstellungen aller korrespondierenden Beobachtungen.[30] An dem Novembertermin hatten sich, wie auch die Tafel IX zeigt, St. Petersburg, Uppsala, Stockholm, Kopenhagen, Dublin, Breda, Göttingen, Berlin, Breslau, Leipzig, Marburg, München und Mailand, also insgesamt 13 verschiedene Stationen, beteiligt.

8. Das Ergebnis: Gauß’ Mitteilung in den „Resultaten aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins“

Hätte es am fraglichen Termin, dem 13. November bzw. in der Zeit vom 12. bis zum 14. November gutes Wetter und keine Nordlichterscheinungen gegeben, so hätte man ein Ergebnis präsentieren können. So aber war das Wetter zumindest in Marburg schlecht, wo Gerling die Aufgabe verfolgt hatte, die Sternschnuppen aufs Genaueste zu beobachten. Das Nordlicht wiederum bewirkte, dass die erdmagnetischen Daten schon von dieser Erscheinung her in Turbulenzen gerieten. So stellte Clemens Schaefer mit Recht fest:

Das Ergebnis war negativ, die Fragestellung aber deshalb interessant und wichtig, weil man damals über die Herkunft der Störungen (ob tellurischen oder kosmischen Ursprungs) noch völlig im Unklaren war (Schaefer 1924–1929, S. 62*).

So blieb Gauß gar nichts anderes übrig, als in den „Resultaten“ mitzuteilen:

Für den Novembertermin war die sonst befolgte Bestimmung dahin abgeändert, daß er auf den 13. verlegt wurde. Es geschah diese in Folge eines Gesprächs mit Hrn v. Humboldt  über die Möglichkeit, daß an den Monatstagen, die in mehrern frühern Jahren durch eine außerordentliche Menge von Sternschnuppen ausgezeichnet gewesen waren, vielleicht auch ungewöhnliche magnetische Bewegungen eintreten könnten. Diese Erwartung hat sich jedoch in sofern nicht bestätigt, als die magnetischen Bewegungen während dieser vierundzwanzig Stunden, wenn gleich sehr beträchtlich, doch nicht größer als in vielen frühern Terminen mit jeder andern Jahreszeit gewesen sind. Dagegen waren am vorhergehenden und am folgenden Abend an mehrern Orten sehr starke und schnell wechselnde Anomalien in der magnetischen Declination beobachtet, zwischen denen und den Sternschnuppenerscheinungen man aber nicht berechtigt ist, einen Zusammenhang anzunehmen, da jene nur die gewöhnlichen Begleiter von Nordlichtern sind, und sehr glänzende Nordlichter in diesen beiden Nächten wirklich Statt gefunden haben (Gauß 1838c, S. 133).

Im Humboldt-Gauß-Briefwechsel beherrschte alsbald ein anderes Thema die Inhalte der Briefe. Wilhelm Weber war als einer der Göttinger Sieben im Dezember 1837 aus dem Staatsdienst entlassen worden und Gauß, der nicht wusste, wie es ohne Weber weitergehen sollte, wandte sich in seiner Verzweiflung an Alexander von Humboldt, der allerdings auch nicht helfen konnte.

 

Literaturverzeichnis

Arago, François (1859/60): Populäre Astronomie, in: Franz Arago’s sämmtliche Werke. Mit einer Einleitung von Alexander von Humboldt. Hrsg. von W. G. Hankel. Bd. 14 und Bd. 15, Leipzig 1859.

Benzenberg, Johann Friedrich (1838): Schreiben an Herrn Dr. und Ritter Olbers, Düsseldorf 1838. Januar 7. [Sternschnuppen im Jahre 1837]. In: Astronomische Nachrichten 15, 1838, Sp. 229–232, Nr. 349.

Benzenberg, Johann Friedrich (1839): Die Sternschnuppen. Hamburg 1839.

Bericht (1837): Göttingen. Göttingische gelehrte Anzeigen 1837, S. 1641–1674 (16. October, 165. Stück; 19. October, 166. und 167. Stück).

Briefwechsel Gauß-Gerling: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauß und Christian Ludwig Gerling. Hrsg. von Clemens Schaefer. Berlin 1927. Nachdruck: Carl Friedrich Gauß Werke Ergänzungsreihe Band III, Hildesheim, New York 1975.

Briefwechsel Gauß-Olbers: Briefwechsel zwischen Olbers und Gauss. In: Wilhelm Olbers sein Leben und seine Werke. Zweite Abtheilung, 2 Bde., Bd. 2,1 und 2,2. Berlin 1909, 1910. Nachdruck: Carl Friedrich Gauß Werke Ergänzungsreihe Band II, Hildesheim, New York 1976.

Briefwechsel Gauß-Schumacher: Briefwechsel zwischen C. F. Gauss und H. C. Schumacher. Hrsg. von C. A. F. Peters. Bd. 1–6, Altona 1860–1865. Nachdruck: Carl Friedrich Gauß Werke Ergänzungsreihe Band V, Hildesheim New York 1975.

Briefwechsel Humboldt-Gauß: Briefwechsel zwischen Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß: zum 200. Geburtstag von C. F. Gauß. Hrsg. von Kurt-R. Biermann. (= Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 4) Berlin 1977.

Dove, Heinrich Wilhelm (1830). Correspondirende Beobachtungen über die regelmäßigen stündlichen Veränderungen und über die Perturbationen der magnetischen Abweichung im mittleren und östlichen Europa; gesammelt und verglichen von H. W. Dove, mit einem Vorwort von Alexander von Humboldt, in: Annalen der Physik und Chemie 19 (= 95), 1830, S. 357–391.

Encke, Johann Franz (1840): Astronomische Beobachtungen auf der Königlichen Sternwarte zu Berlin. Bd. 1, Berlin 1840.

Gauß, Carl Friedrich (1834): Ein eignes für die magnetischen Beobachtungen und Messungen errichtetes Observatorium. In: Göttingische gelehrte Anzeigen 1834, S. 1265–1274 (9. August, Nr. 128).

Ferner unter dem Titel: Vorläufiger Bericht über verschiedene, in Göttingen angestellte magnetische Beobachtungen. In: Annalen der Physik und Chemie 32 (= 108) 1834, S. 562–569 sowie Zusatz von Poggendorff S. 569–572. In: Werke 5, S. 519–525 (ohne den Poggendorffschen Zusatz), zitiert nach dieser Ausgabe.

Gauß, Carl Friedrich (1837a): Einleitung. In: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1836, Leipzig 1837, S. 3–12. In: Werke 5, S. 345–351, zitiert nach dieser Ausgabe.

Gauß, Carl Friedrich (1837b): Erläuterungen zu den Terminszeichnungen und den Beobachtungszahlen. In: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1836, Leipzig 1837, S. 90–103.

Gauß, Carl Friedrich (1837c): Über ein neues Hülfsmittel für die magnetischen Beobachtungen. Göttingische gelehrte Anzeigen 1837, S. 1721–1728 (30. October, Nr. 173). In: Werke 5, S. 352–356.

Gauß, Carl Friedrich (1838a): Anlage XX, Vorlesung des Hofraths Gauß. In: Säcular=Feier 1838, S. 119–131, zitiert nach dieser Ausgabe. Ferner in Wilhelm Ebel (Hrsg.), unter dem Titel: Über ein neues, zunächst zur unmittelbaren Beobachtung der Veränderungen in der Intensität des horizontalen Theils des Erdmagnetismus bestimmtes Instrument. In: Göttinger Universitätsreden aus zwei Jahrhunderten 1737–1934. Göttingen 1978, S. 241–253.

Gauß, Carl Friedrich (1838b): Ueber ein neues, zunächst zur unmittelbaren Beobachtung der Veränderungen in der Intensität des horizontalen Theils des Erdmagnetismus bestimmtes Instrument. In: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins für das Jahr 1837, Göttingen 1838, S. 1–19. In: Werke 5, S. 357–373.

Gauß, Carl Friedrich (1838c): Erläuterungen zu den Terminszeichnungen und den Beobachtungszahlen. In: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins aus dem Jahre 1837, Leipzig 1838, S. 130–137.

Göttinger Gedenktafeln (2002). Göttinger Gedenktafeln. Ein biografischer Wegweiser. Hrsg. von Walter Nissen, Christina Prauss und Siegfried Schütz. Göttingen [2002].

Honigmann, Peter (1984): Entstehung und Schicksal von Humboldts Magnetischen ‚Verein’ (1829–1834) im Zusammenhang mit seiner Rußlandreise. In: Annals of Science 41, 1984, S. 57–86.

Humboldt, Alexander von (1829): Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern. (Auszug aus einer am 2. April 1829 vor der K. Academie der Wissenschaften zu Berlin gehaltenen Vorlesung). In: Annalen der Physik und Chemie 15 (= 91), 1829, S. 319–336.

Humboldt, Alexander von (1845–1862): Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Stuttgart und Tübingen, Bd. 1, 1845; Bd. 2, 1847; Bd. 3, 1850; Bd. 4, 1858; Bd. 5, 1862. Ferner hrsg. von Hans Magnus Enzensberger, mit einem Nachwort versehen von Ottmar Ette und Oliver Lubrich, Frankfurt am Main 2004, zitiert nach der Originalausgabe.

Humboldt, Alexander von (2000): Reise durch Venezuela. Auswahl aus den amerikanischen Reisetagebüchern. Hrsg. von Margot Faak (= Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung 12), Berlin 2000.

Olbers, Wilhelm (1837): Die Sternschnuppen. Jahrbuch für das Jahr 1837. Hrsg. von H. Chr. Schumacher, S. 36–64, Nachtrag S. 278–282. In: Wilhelm Olbers, sein Leben und seine Werke, hrsg. von C. Schilling, Bd. 1, Berlin 1894, S. 155–171 und S. 171–174, zitiert nach dieser Ausgabe.

Reich, Karin (2011): Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß als Wegbereiter der neuen Disziplin Erdmagnetismus. In: HiN - Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) XII, 22 (2011), S. 35-55. http://www.uni-potsdam.de/u/romanistik/humboldt/hin/hin22/reich.htm

Roussanova, Elena (2011): Russland ist seit jeher das gelobte Land für Magnetismus gewesen: Alexander von Humboldt, Carl Friedrich Gauß und die Erforschung des Erdmagnetismus in Russland In: HiN - Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) XII, 22 (2011), S. 56-83. http://www.uni-potsdam.de/u/romanistik/humboldt/hin/hin22/roussanova.htm

Säcular=Feier (1838): Die Säcular=Feier der Georgia Augusta im September 1837. Hrsg. von Friedrich Wilhelm Rettberg. Göttingen 1838.

Schaefer, Clemens (1924–1929): Über Gauss’ physikalische Arbeiten (Magnetismus, Elektrodynamik, Optik). In: Gauß-Werke 11, Teil 2, Abhandlung 2.

Schoenberg, Erich; Perlick, Alfons (Hrsg.) (1955): Unbekannte Briefe von C. F. Gauß und Fr. W. Bessel. In: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Neue Folge, Heft 71, 1955.

Schoenberg, Erich; Gerardy, Theo (Hrsg.) (1963): Die Briefe des Herrn P. H. L. von Boguslawski, Direktor der Kgl. Universitäts-Sternwarte Breslau, an Carl Friedrich Gauß. In: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Neue Folge, Heft 110, München 1963.

Schwarz, Ingo (1992): Auf den Spuren Alexander von Humboldts in Berlin-Mitte. (= Berliner Manuskripte zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 4). Berlin 1992.

Danksagungen

Mein Dank für die großzügige Unterstützung gilt insbesondere Frau Bärbel Mund und ihrem Team (SUB Göttingen), das stets zuverlässig für die Bereitstellung der in Göttingen befindlichen Materialien Sorge trug. Eberhard Knobloch und Ingo Schwarz (BBAW, Berlin) halfen dankenswerterweise bei den Transkriptionen der Humboldtschen Texte, Herr Schwarz ließ mich ferner relevante Materialien, die sich in der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle befinden, einsehen. Wolfgang Lange (Hamburg) beriet mich in Sachen Benzenberg. Elena Roussanova (Hamburg) sorgte für die Photos aus Göttingen und vor allem für die Formatierung und das Layout meines Textes, eine sehr mühevolle und zeitraubende Angelegenheit. Und Oliver Schwarz (Universität Siegen) schließlich gewährte mir großzügigerweise Einsicht in die relevanten Textstellen des Encke-Humboldt-Briefwechsels.


 

[1]  Olbers irrt sich, Cumaná liegt in Venezuela.

[2]  Beobachtungen über das Sternschnuppen-Phänomen in der Nacht vom 12. bis 13., vom 13. bis 14., und vom 14. bis 15. Nov[ember] 1836. In: Annalen der Physik und Chemie 39 (= 115) 1836, S. 353–366, hier S. 354, 356, 357 und 363.

[3]  Die Originale befinden sich in Schloss Tegel in den Händen der Familie von Heinz.

[5]  Göttingische Gelehrte Anzeigen 1837, S. 1722.

[6]  Nur dieser Anfang der Gaußschen Rede wurde auch in den Gauß-Werken 12, S. 109–110 veröffentlicht.

[7]  Das erste Mal traf man sich im Jahre 1826 in Göttingen, das zweite Mal im September 1828 in Berlin.

[9]  Hier wurden die Briefe von Humboldt an Benzenberg vom 19. Mai 1837 sowie vom 22. Oktober 1837 zu Grunde gelegt. Herzlichen Dank an Ingo Schwarz, der mich Kopien der Briefe, die Humboldt und Benzenberg wechselten, in der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle der BBAW einsehen ließ.

[10]  Allgemeine Preußische Staatszeitung Nr. 274, 3. Oktober 1837, S. 1106.

[11]  Allgemeine Zeitung 1837, Nr. 281, vom 8. Oktober, Beilage Nr. 494/495, S. 1973.

[12]  Bulletins de l’Académie Royale des Sciences et Belles-Lettres de Bruxelles 4, 1838, S. 427–428.

[13]  Franz Daniel Herter (gestorben 1848), Realschuldirektor in Berlin, Schwager von Georg Adolph Erman, rechnete sonst für Encke (Briefwechsel Humboldt-Gauß, S. 177).

[14]  Diesen Ausdruck verwendete Humboldt mehrfach.

[15]  Bei den Routinebeobachtungen wurde diese Nordlichterscheinung nicht erwähnt (Encke 1840, S. 139).

[16]  Ich danke Ingo Schwarz (BBAW, Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle) für diese Auskunft.

[17]  Die Verbesserungen sind Ingo Schwarz und Eberhard Knobloch zu verdanken.

[18]  Nach der Anrede folgt ein längerer unbeschriebener Platz, den Humboldt für seine Einfügung benutzte.

[19] Diese Einfügung steht am Ende der Seite rechts unten.

[20] Dieser Einschub steht am linken Rande.

[21] Dieser Einschub steht am linken Rande.

[22]  Der Dorpater Physikprofessor Friedrich Parrot (1791–1841) unternahm im Sommer des Jahres 1837 eine Expedition zum Nordkap, bei der es u.a. um magnetische Beobachtungen ging. Humboldt wusste davon und sorgte für vier zusätzliche Beobachtungstermine im August, die er in der „Allgemeinen Preußischen Staats=Zeitung“, Nr. 214 (4.8.1837), S. 866 allgemein bekannt machte. Es waren dies der 9., 12., 16. und 19. August, diese Termine dienten nun zusätzlich für korrespondierende Beobachtungen.

[23] Gemeint ist die Ortschaft Frederikshaab in Grönland, wo am 12. November 1833 starke Sternschnuppenfälle beobachtet worden sind (Arago 1859/60, Bd. 14, S. 252). Auch Olbers erwähnte Beobachtungen in Grönland (Olbers 1837, S. 167).

[24] Von den amerikanischen Beobachtern wurde im November 1833 berichtet, dass die Sternschnuppen alle von einem Punkt ganz in der Nähe von γ Leonis auszugehen schienen (Benzenberg 1839, S. 174f).

[25] Diese Anmerkung Humboldts steht am linken Rand.

[26]  Weber war einer der Göttinger Sieben und hatte seine Stellung als Professor der Physik in Göttingen bereits verloren. Nach Leipzig zu gehen, lag für Weber nahe, da dort seine beiden Brüder Ernst Heinrich (1795–1878) und Eduard Friedrich (1806–1871) als Mediziner wirkten.

[27]  Die Transkription der von Humboldt geschriebenen Teile lieferte Eberhard Knobloch, dem ich hierfür herzlich danken möchte.

[28]  Ich möchte mich bei Oliver Schwarz sehr herzlich für diese Mitteilungen bedanken.

[29]  Im unpaginierten Teil.

[30]  Tafeln V, VI, VII, VIII und IX.

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Letzte Aktualisierung: 14 November 2011 | Kraft
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