4.4.3  Molekülmechanische Berechnung der Struktur von           Benzoyl-aceton-hydroxyanilato-(2-)-benzoylacetonhydroxyanilato-oxo-rhenium(V), 30

Der größte RMSD-Wert ist für den Komplex 30 zu verzeichnen. Der Hauptgrund dafür isteine repulsive nichtbindende Wechselwirkung der Methylwasserstoffatome (H111- H113) des Benzoylacetonrestes mit dem H61-Atom des Hydroxysalicylfragments (Abb. 43). Sie führt zu einer Auslenkung (q) aus der planaren Anordnung des dreizähnigen Liganden, die für Systeme mit delokalisiertem p-Elektronensystem in meridionaler Koordination zu erwarten ist. Für die Berechnung dieses Komplexes sind zwei prinzipiell verschiedene Startstrukturen möglich, die sich aus der Anordnung der Bindungen im Liganden ergeben - einerseits ein delokalisiertes p-Elektronensystem mit einer Bindungsordnung von 1.5 im Ligandengerüst (PS1), andererseits die Annahme lokalisierter alternierender Einfach- und Doppelbindungen (PS2) (Abb. 44). Die beiden Varianten führen zu zwei unterschiedlichen Parametersätzen für die Kraftfeldrechnung. Abbildung 45 zeigt die spezifische Abhängigkeit des Torsionspotentials (C1-N1-C5-C6) vom gewählten Parametersatz. Für PS1 führt jede Abweichung von der Planarität des Ligandengerüstes zu einem drastischen Anstieg des Torsions-potentials. Die nichtbindenden Wechselwirkungen H61-H112 kompensieren diesen Effekt kaum. Daraus resultieren die Lage der Minima bei 7° und 166° sowie die hohe Barriere bei 90° (~ 11 kcal/mol). Bei Rechnungen mit PS2 hingegen verschieben sich die Lagen der Minima wegen der nichtbindenden Repulsion zwischen H61-H112 nach 49.1° bzw. 122°. Die Barrieren betragen ca. 2 kcal/mol bei 0° und 1 kcal/mol bei 90°.

Die Lage dieser Minima korrespondiert mit der Position derjenigen Minima, die sich aus einer ab-initio-Geometrieoptimierung am freien Liganden (B3LYP/6-31G*) ergibt. Die Übereinstimmung mit der Kristallstruktur des Komplexes ist in beiden Fällen jedoch nicht sehr gut. Die geringfügig bessere Beschreibung des Komplexes mit dem Parametersatz PS1 ist nur durch die zufällige Auslöschung von Fehlern im Gesamtpotential der Rechnung zu erklären, weil der meridionale Koordinationsmodus planare Ligandenanordnungen bevorzugt. Da beide Kraftfeldstrukturen bestimmte Aspekte der Molekülstruktur vernachlässigen, wird eine neue Eingabestruktur für die Kraftfeld-rechnung erstellt (PS3; Abb. 46). Sie stellt einen Kompromiß der beiden ersten Parametersätze dar und vereinigt die relative Rigidität von PS1 und die partielle Flexibilität um die Bindung N1-C1 in PS2. Eine Neuberechnung der Struktur von 30 mit einer Startstruktur auf der Grundlage von PS3 führt zu einer erheblich verbesserten Übereinstimmung von Kraftfeldrechnung und Kristallstruktur (RMSD = 0.32) (Abb. 47).

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